# taz.de -- Islamistischer Terrorismus in Ghana: Friedensoase in Gefahr
       
       > Ghana galt als Hort der Stabilität in Westafrika. Durch den Dschihad
       > sieht sich das Land jedoch einer wachsenden Bedrohung ausgesetzt.
       
 (IMG) Bild: Polizisten während des Besuchs der Minister Heil und Schulze in der Elfenbeinküste, 23.2.2023
       
       Sein eigenes Land wurde bisher weitgehend verschont. Doch der Terrorismus
       „bereitet allen Regierungen Westafrikas große Sorgen“, sagte Nana
       Akufo-Addo, der Präsident Ghanas, bei einem Besuch des deutschen
       Bundeskanzlers Olaf Scholz Ende Oktober 2023. Die gesamte Region sei
       aufgrund des islamistischen Terrors instabil geworden. Innerhalb der
       letzten zehn Jahre habe sich die Bedrohung Richtung Süden und Osten
       ausgeweitet.
       
       „Mittlerweile müssen alle Länder Westafrikas erhebliche Vorsichtsmaßnahmen
       treffen, um möglichen Angriffen von Terroristen entgegenzuwirken“, sagte
       Akufo-Addo. Von Deutschland erhoffe er sich dabei Unterstützung –
       militärische Ressourcen und Hilfe bei der Aufklärung, so Akufo-Addo.
       
       Ghana gilt als Oase des Friedens und der Stabilität in einer Region, die
       von Konflikten und politischen Unruhen geplagt ist. Doch heute sieht auch
       Ghana sich der Bedrohung durch gewalttätige Extremisten ausgesetzt. Obwohl
       das Land bisher noch nicht angegriffen wurde, warnen Sicherheitsexperten,
       dass die in der Sahelzone operierenden Terrororganisationen die
       westafrikanischen Küstenstaaten, darunter auch Ghana, im Visier haben.
       
       Das West African Center for Counter Extremism (WACCE), das zu gewalttätigem
       Extremismus in Westafrika forscht, hält vor allem den Norden Ghanas für
       bedroht. WACCE-Direktor Muntaru Mumuni Muqtar sagt, die „Kombination aus
       durchlässigen Grenzen, ethnischen und religiösen Missständen, sozialen und
       wirtschaftlichen Herausforderungen bereitet den Sicherheitsexperten in
       Ghana große Sorgen“. Es gebe ein großes Entwicklungsgefälle zwischen dem
       schwach entwickelten Norden und dem Süden Ghanas Die Jugend im Norden sei
       daher anfälliger für Radikalisierung. „Im Norden Ghanas gibt es weniger
       Beschäftigungsmöglichkeiten. Das erleichtert die Rekrutierung der Jugend
       durch gewalttätige extremistische Organisationen“, so Muqtar.
       
       In Ghanas Nachbarstaaten Guinea, Togo und der Elfenbeinküste wurden seit
       2016 mehrere tödliche Anschläge verübt. Große Teile von Burkina Faso,
       Ghanas Nachbar im Norden, werden von Terrorgruppen kontrolliert, ebenso
       Niger und Mali.
       
       Die Gewalt in Burkina Faso hat über zwei Millionen Menschen vertrieben, von
       denen ein Teil nun als Flüchtlinge in Gemeinden im Norden Ghanas lebt.
       Einige von ihnen berichteten, dass bewaffnete Männer ihre Dörfer
       überfallen, die Männer ihrer Gemeinden getötet und ihre Häuser angezündet
       haben.
       
       Der deutsche Botschafter in Ghana, Daniel Krull, der Flüchtlingslager in
       der Upper East Region Ghanas besuchte, sieht dringenden Handlungsbedarf.
       Doch es sei von zentraler Bedeutung, dass jede Lösung in der Region „von
       Afrikanern für Afrikaner entwickelt, von Afrikanern getragen und von
       Afrikanern umgesetzt wird“, sagt Krull.
       
       Im Kampf gegen den gewalttätigen Extremismus hat das Land eine Reihe von
       Maßnahmen ergriffen, darunter eine Kampagne mit dem Titel „Sieh' etwas,
       sag' etwas“. Sie soll die Bürger:innen sensibilisieren. Ghanas
       Sicherheitsminister Albert Kan Dapaah sagt, er zähle darauf, dass die
       Öffentlichkeit die Sicherheitsbehörden dabei unterstütze, das
       Anschlagsrisiko zu senken.
       
       Ghana hat sich an mulitnationalen Militäroperationen beteiligt, bei denen
       Hunderte mutmaßlicher Terroristen entlang der Grenzen zu Burkina Faso, Togo
       und der Elfenbeinküste festgenommen wurden. Die Finanzierung solcher
       Maßnahmen ist für Ghana und seine Nachbarländer eine große Herausforderung.
       
       Die EU startete im Juli 2022 das NORPREVSEC-Programm gegen Gewalt bei
       Wahlen und um die Nordgrenze gegen Terroristen zu sichern. Ein Schwerpunkt
       liegt dabei auf der Nationalen Kommission für politische Bildung, die
       Aufklärungsarbeit leisten soll. Unter anderem werden Journalist:innen
       geschult, um besser über die Bedrohung durch gewalttätige Extremisten
       berichten zu können. Gleichzeitig sollen die Medien der Radikalisierung der
       Jugend entgegenwirken. Auch für Lehramts-Studierende gibt es entsprechende
       Fortbildungsangebote.
       
       ## Stärkung der Zivilgesellschaft als EU-Ziel
       
       Das zweite Element des EU-Projekts zielt auf die Stärkung der
       Zivilgesellschaft. Federführend ist hier die in der Schweiz ansässige NGO
       Coginta. Sie versucht, Akteure wie das „House of Chiefs“, ein
       Zusammenschluss lokaler Führer, im Kampf gegen den gewalttätigen
       Extremismus fortzubilden und zu stärken. „Im Norden haben wir es mit
       Konflikten zwischen Häuptlingen, Landbesitzern und Bauern zu tun“, sagt der
       Coginta-Teamleiter Father Clement Apengnuo. „Es liegt im Interesse der
       internationalen Gemeinschaft, einschließlich der EU, Ghana bei der
       Bewältigung dieses Problems zu helfen.“
       
       Die mit zehn Millionen Euro ausgestattete NORPREVSEC-Initiative sei nur
       „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt der ghanaische Sicherheitsanalyst
       Adib Saani, Direktor des Jatikay Center for Human Security. „Ghana steht am
       Scheideweg“, so Saani. Das Land sei zum „Puffer zwischen den Terroristen
       und der freien Welt“ geworden und brauche Unterstützung. Die ghanaische
       Regierung könne dies nicht allein schaffen und brauche mehr Mittel. Statt
       staatliche Stellen wie die „enttäuschende“ Bildungskommission NCCE zu
       finanzieren, sollten die Mittel direkt an Partner aus der Zivilgesellschaft
       fließen. Zudem müsste mehr in die Verbesserung der Lebensbedingungen und
       der Rechte von Minderheitengruppen wie den Fulbe investiert werden.
       
       2023 legte die EU nach. Im August wurde bekannt, dass ab Herbst eine
       „zivil-militärische Mission“ am Golf von Guinea starten soll. Dafür werden
       Polizisten und Soldaten nach Ghana, Togo, Benin und die Elfenbeinküste
       geschickt. Unter anderem sollen sie „Einsatzvorbereitungstraining“ für
       Anti-Terror-Missionen anbieten.
       
       Im Oktober lieferte die EU 105 gepanzerte Fahrzeuge nach Ghana. „Die
       Sahelzone und der Golf von Guinea werden ebenfalls entscheidend für unsere
       Zukunft sein,“ sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Ghana sei „bei
       der Förderung von Demokratie, Frieden und regionaler Stabilität ein
       wichtiger Partner“. In den folgenden Monaten würden „Aufklärungs- und
       Überwachungssysteme“, „Systeme für die elektronische Kriegsführung“ sowie
       Ausrüstung für die Kampfmittelbeseitigung und die Militärtechnik nach Ghana
       geschickt.
       
       Ein wachsender Faktor in Afrika ist derweil die russische Söldnertruppe
       Wagner. Dass Ghana „in letzter Zeit eine pro-westliche Haltung eingenommen
       hat, könnte ein kleines Problem für Russland darstellen“, sagt der Analyst
       Adib Saani. „Aber ich bezweifle stark, dass Wagner Ghana gegenüber eine
       feindliche Haltung einnehmen wird.“ Saani warnt jedoch, dass „Russland die
       politische Krise nutzen könnte, um seinen Einfluss in der Subregion
       auszuweiten“.
       
       [1][Hier] erfahren Sie mehr über den Afrika-Workshop der taz Panter
       Stiftung und das 54-seitige Magazin.
       
       24 Jan 2024
       
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 (DIR) Murtala Issah
       
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