# taz.de -- Landesparteitag der Linkspartei: „Dieser Bruch ist ein neuer Anfang“
       
       > Die Berliner Landesspitze der Linken spricht dem Wagenknecht-Verein BSW
       > das Links-Sein ab und dem schwarz-roten Senat den sozialen Kompass.
       
 (IMG) Bild: Massive Kritik am schwarz-roten Senat: Die Linken-Landeschefs Schirmer und Brychcy
       
       BERLIN taz | Kurzfristig steuert am frühen Freitagabend merklich der Wunsch
       die Worte bei Franziska Brychcy. „Wir halten zusammen gegen die unsoziale
       Politik der schwarz-roten Rücktrittskoalition“, sagt die Landesvorsitzende
       der Berliner Linken, bevor sie sich unter dem Juchzen der vor ihr sitzenden
       Parteitagsbesucher verbessert: „Ähem, der Rückschrittskoalition.“
       
       Es ist der erste Parteitag des Landesverbands [1][nach der Abspaltung des
       „Bündnis Sahra Wagenknecht]“, kurz BSW, und auch in diese Richtung äußert
       sich Brychcy klar. „Das BSW ist keine linke Partei“, sagt sie und sieht
       eine neue Chance für ihre von manchen schon abgeschriebene Partei: „Dieser
       Bruch ist ein neuer Anfang.“
       
       Brychcy und ihr Co-Vorsitzender Maximilian Schirmer können diese Aussage
       mit Zahlen stützen: Schon am Dienstag hatten sie von 466 Neueintritten in
       den Berliner Landesverband seit dem 19. Oktober berichtet, jenem Tag, an
       dem Wagenknecht ihren Abschied verkündete. Am Freitag erhöhen sie diese
       Zahl auf „über 700“. Die sitzen zwar mehrheitlich nicht im Parteitagssaal
       am Franz-Mehring-Platz in Friedrichshain, aber Schirmer grüßt dennoch alle:
       „Herzlich willkommen, schön, dass ihr da seid.“
       
       Klar erkennbar ist aber auch das Bemühen, bisherige Mitglieder zu halten –
       „diese Partei bleibt ein Partei für all diejenigen, die schon seit Jahren
       hier sind“, sagt Schirmer. Unter anderem [2][die Nominierung der
       Flüchtlinksaktivistin Carola Rackete] auf Listenplatz 2 für die Europawahl
       hatte bei alteingesessenen Mitgliedern Diskussionen ausgelöst.
       
       ## Rückendeckung von der Bundesspitze
       
       Schirmer regt eine Debatte über die Richtung der Partei an: „Welche Linke
       wird gebraucht?“ Darüber müsse man sprechen, „und zwar gemeinsam“. Wenn man
       ihn frage, so sei das eine Partei, „die sich um viele Perspektiven kümmert,
       auch Widersprüche aushält, in der Sache streitet, aber persönliche Fehden
       hinter sich lässt.“ Und zudem: „Eine Partei, die auch mal Spaß macht.“
       
       Es gibt auch Besuch von der Bundesspitze der Partei. Die Vorsitzende Janine
       Wissler ist da und spricht nach eigener Erinnerung zum ersten Mal auf einem
       Berliner Landesparteitag. Von ihr gibt es Rückendeckung für den erneuten
       Anlauf für ein Enteignungsgesetz. „Ich finde es richtig und notwendig, dass
       die Linke, auf Bundes-, auf Landesebene natürlich auch den zweiten
       Volksentscheid unterstützt“, sagt sie, „damit der demokratische Willen der
       Berliner endlich umgesetzt wird und damit Immobilienkonzerne enteignet
       werden.“
       
       Franziska Brychcy hat das kurz vorher so ausgegedrückt: „Was der
       schwarz-rote Senat nicht hinbekommt, machen wir selbst mit den Menschen in
       den Stadt.“ Aus ihrer Sicht sind ebendiese Menschen die Koalitionspartner
       der Linkspartei „und nicht irgendwelche Gröners“ – was auf den
       Immobilienunternehmer Christoph Gröner anspielt, [3][der viel Geld für die
       CDU gespendet hat].
       
       Aus Sicht beider Landesvorsitzenden macht die schwarz-rote Koalition
       Menschen mit weniger Geld in der Tasche zunehmend das Leben schwer. Ein
       Beispiel bei Brychcy: Dass es Ende September grünes Licht für die
       landeseigenen Wohnungsunternehmen gab, die Mieten zu erhöhen. Das zeige,
       „dass dem Senat der soziale Kompass völlig abhanden gekommen ist“. Was sie
       gegenüber den Parteitagsdelegierten nicht erwähnt: Der Senat hat parallel
       dazu [4][die Obergrenze für den Einkommensanteil] gesenkt, der maximal an
       Miete zu zahlen ist: Ab 2024 soll dort bei 27 Prozent Stopp sein, bislang
       sind es 30 Prozent.
       
       Ausgleich und soziale Sicherheit sind dabei für Schirmer Grundpfeiler der
       Demokratie. „Wo Menschen Angst haben müssen, aus ihrer Wohnung zu fliegen,
       ihren Job zu verlieren oder nicht wissen, wie sie die Klassenfahrt der Kids
       bezahlen sollen, dort werden rechte Populisten und Rassisten einfaches
       Spiel haben“, sagt der Co-Landeschef und gibt ein Versprechen ab: „Das
       werden wir nicht zulassen.“
       
       24 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Spaltung-der-Linkspartei-vollzogen/!5968643
 (DIR) [2] /Parteitag-der-Linkspartei/!5971110
 (DIR) [3] /Grossspenden-an-Parteien/!5967037
 (DIR) [4] https://www.berlin.de/aktuelles/8472683-958090-landeseigene-wohnungsbauunternehmen-duer.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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