# taz.de -- G20-Gipfel 2017 in Hamburg: Drei Polizisten werden angeklagt
       
       > Die Generalstaatsanwaltschaft hat alle Verfahren gegen Polizist:innen
       > in Zusammenhang mit G20 untersucht. In einem wurde Anklage erhoben.
       
 (IMG) Bild: Beim G20-Gipfel waren Polizisten, aber keine Gewalt: Diese Erzählung hatte Olaf Scholz vorgegeben
       
       BREMEN taz | Sechs von 157 oder 3,8 Prozent: So viele bereits eingestellte
       Verfahren gegen Polizist:innen im [1][Zusammenhang mit dem G20-Gipfel]
       im Jahr 2017 musste die Hamburger Staatsanwaltschaft wieder aufnehmen. Das
       habe eine Nachprüfung aller Ermittlungsverfahren seit 2018 durch die
       Generalstaatsanwaltschaft ergeben, [2][teilte am Montag die Hamburger
       Staatsanwaltschaft] mit.
       
       In einem Fall sei im September Anklage vor dem Amtsgericht Mitte erhoben,
       aber von diesem noch nicht zugelassen worden, sagte eine Sprecherin der
       Staatsanwaltschaft am Dienstag der taz. Dabei handle es sich um drei Männer
       im Alter von 35 bis 46 Jahren, die am 7. Juli 2017 am Bismarckdenkmal einen
       G20-Gegner verprügelt haben sollen. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft
       Körperverletzung im Amt vor. Das Strafmaß sei drei Monate bis fünf Jahre.
       
       „In zwei weiteren Verfahren dauern die Ermittlungen auf Anordnung der
       Generalstaatsanwaltschaft noch an“, heißt es in der Mitteilung der
       Staatsanwaltschaft. In einem Fall gehe es um einen Polizisten, der am
       Schulterblatt im Schanzenviertel mit dem Schlagstock auf einen Mann
       eingeschlagen haben soll, so die Sprecherin. In dem anderen Verfahren gebe
       es drei Beschuldigte.
       
       Die drei übrigen Verfahren sind nun endgültig eingestellt worden. Eins habe
       mit Zahlung einer Geldbuße geendet, eins sollte wegen Geringfügigkeit nach
       Paragraf 153 der Strafprozessordnung abgeschlossen werden, so die
       Staatsanwaltschaft. Der beschuldigte Polizeibeamte sei jedoch inzwischen
       verstorben.
       
       ## Beinbruch durch Polizisten wird nicht weiter ermittelt
       
       Über die Einstellung des dritten Verfahrens [3][hatte die taz vor einer
       Woche berichtet], die Staatsanwaltschaft bestätigte es jetzt. Dabei ging es
       um einen Schlagstockeinsatz gegen eine junge Frau, die damals mit einer
       Musikgruppe als Tänzerin aufgetreten war. Sie hatte ausgesagt, dass sie in
       der Nähe des Arrivati-Parks von Polizisten verprügelt worden war. Dabei
       wurde ihr von einem Mann das Wadenbein gebrochen.
       
       Die Frau erhielt, nachdem sie vor einem Zivilgericht geklagt hatte, 4.770
       Euro Schadenersatz und die Erstattung ihrer Anwaltskosten von der Polizei.
       Das strafrechtliche Verfahren war bereits drei Mal eingestellt worden, weil
       sich der exakte Täter nicht ermitteln ließ, so die Begründung.
       
       Im August 2022 habe die Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren selbst
       übernommen, teilte die Hamburger Staatsanwaltschaft jetzt mit. „Es ließ
       sich jedoch trotz intensiver Auswertung von Videosequenzen und
       Durchsuchungen in Baden-Württemberg nicht mehr klären, welcher von drei
       Polizeibeamten die Körperverletzung zulasten einer unbeteiligten Passantin
       begangen hatte.“
       
       Auch die Auswertung sicher gestellter Chat-Nachrichten habe keinen
       Tatnachweis erbracht. In diesen habe einer der Beschuldigten „unbestimmte
       Gewalthandlungen während des G20-Gipfels grob verherrlicht“, so die
       Staatsanwaltschaft. „Seine Äußerungen werden nun aber an die
       Dienstvorgesetzten in Süddeutschland weitergeleitet.“
       
       Mit der Überprüfung der 157 Verfahren durch die Generalstaatsanwaltschaft
       sollte „einer unvermindert kritischen Berichterstattung begegnet und eine
       weitere unabhängige Instanz im Hinblick auf die staatsanwaltschaftliche
       Sachbehandlung geschaffen werden“, heißt es in der Mitteilung der
       Staatsanwaltschaft.
       
       ## Auch Unbeteiligte waren zum Teil schwer verletzt worden
       
       In zahlreichen Fällen habe sich erwiesen, „dass die Anwendung unmittelbaren
       Zwanges gegenüber Demonstranten gesetzlich gerechtfertigt war“. In dem
       einzigen Fall, der nicht eingestellt wurde, hatte es einen Strafbefehl
       gegen einen Polizisten gegeben, [4][der einen Kollegen verletzt hatte],
       sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
       
       Bei den Protesten gegen das zweitägige Gipfeltreffen von
       Politiker:innen und Wirtschaftsvertreter:innen von 20 Industrie-
       und Schwellenländern im Juli 2017 waren zahlreiche Demonstrant:innen
       und Unbeteiligte zum Teil schwer verletzt worden, Bürger:innen wurden
       teilweise über einen Tag lang in Gefangenensammelstellen festgehalten.
       
       Der damalige Hamburger Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz
       (SPD) hatte den Polizeieinsatz mit der Gewalt gegen Polizist:innen und
       Gegenstände gerechtfertigt, die Demonstrant:innen ausgeübt hatten.
       Gegen sie hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft zahlreiche Verfahren
       eröffnet. Viele der jungen Menschen waren in erster Instanz zu teils
       mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Ein 24-jähriger Franzose war
       erst [5][nach 16 Monaten Untersuchungshaft entlassen] worden.
       
       Im Nachhinein hatten Gerichte festgestellt, dass viele von Hamburg
       erlassene Versammlungsverbote rechtswidrig waren. Die harte Linie von
       Polizei und Innenbehörde gilt als eine der Ursachen dafür, dass die
       Proteste so eskalierten.
       
       12 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rolle-der-Polizei-bei-G20-in-Hamburg/!5692769
 (DIR) [2] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11539/5669611
 (DIR) [3] /Ermittlungen-gegen-Polizei-eingestellt/!5974132
 (DIR) [4] /Auseinandersetzung-unter-Kollegen/!5634959
 (DIR) [5] /G20-Elbchaussee-Prozess-jetzt-oeffentlich/!5689867
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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