# taz.de -- Keine Barzahlung mehr in Hamburgs Bussen: Das Ausschluss-Prinzip
       
       > In Hamburg ersetzt ab Januar eine Prepaid-Karte das Barzahlen in Bussen.
       > Für Arme, Alte und Städtereisende ist das eine mitunter gravierende
       > Hürde.
       
 (IMG) Bild: „Eine App. Alle Ziele.“ wirbt der HVV auf seinen Bussen. Blöd nur, wenn Leute ohne App Schwierigkeiten bekommen, einzusteigen
       
       „Die Handhabung ist denkbar einfach“ – das behauptet der Hamburger
       Verkehrsverbund (HVV) über seine [1][„Prepaid Card“], die seit Sommer zu
       kaufen ist. Na dann ist es ja auch gar kein Problem, dass die Karte ab
       Januar die einzige Möglichkeit sein wird, neben diversen Apps natürlich, in
       Hamburgs Bussen zu bezahlen. Barzahlen ist damit vorbei, ist ja aber
       [2][ohnehin von gestern]. Und der Trend ist doch eindeutig: Nur fünf
       Prozent der Gesamteinnahmen, so sagt es der HVV selbst, entfallen auf den
       Barverkauf in Bussen.
       
       Doch was heißt „denkbar einfach“? Die Karte ist kostenlos – gut, alles
       andere wäre ja noch schöner. Persönliche Daten muss niemand preisgeben –
       jede*r kann einfach zu einem Fahrkartenautomaten, Kiosk, Supermarkt oder
       einer teilnehmenden Tanke gehen, so ein Ding erwerben und laden. Apropos
       laden: Die Karte muss mit einem Guthaben in Fünf-Euro-Schritten aufgeladen
       werden. Und hier beginnt das erste Problem: Wer nur das Geld für eine
       einfache Fahrt hat, kann die Karten nicht kaufen. So etwa Obdachlose, die
       für die Nacht in eine Unterkunft fahren wollen.
       
       Auch wer selbst ein Abo hat, aber mal schnell für ein Kind ein Ticket lösen
       will, ist im Bus jetzt aufgeschmissen.
       
       Jetzt könnte man sagen: Es gibt ja auch noch Fahrkarten-Automaten. So ganz
       klassische, in die man Bargeld schmeißen kann und die unten ein Ticket
       ausspucken. Doch die gibt es nicht an jeder Bushaltestelle! Diese stehen in
       der Regel an U- oder S-Bahn-Stationen. Ein- und Zwei-Cent-Stücke nehmen
       diese nicht, Fünf-Cent nur einige.
       
       Das heißt: Wer kein Smartphone, [3][kein Konto] und nicht mindestens fünf
       Euro hat, kann nicht einfach in einen beliebigen Bus steigen und losfahren.
       
       ## Einsteigen und los ist vorbei
       
       Die Mehrheit zahlt ohnehin in einer App oder bezieht ein ÖPNV-Abo,
       argumentiert der HVV. Aber eben nur die Mehrheit. Was ist denn mit den
       übrigen fünf Prozent, die bislang noch bar zahlen? Wer kein Smartphone hat
       – in der Regel sind das ältere Menschen – muss ab jetzt die Prepaid Card
       nutzen. Auch für sie gilt: Einfach einsteigen und los, das ist vorbei.
       Davor ist der Weg zu einem Automaten oder anderen Verkaufsort notwendig.
       
       Auch nervig ist das Ganze für (ältere) Tourist*innen, bemängelt die
       CDU-Fraktion völlig zurecht. Die Prepaid Card hält sie für „keine
       vernünftige Alternative“ zu dem bisherigen Ticketverkauf im Bus. Für sie
       ist es eine Frage der Inklusion, das Barzahlen in Bussen nicht
       abzuschaffen.
       
       Statt das Wirrwarr aus Apps, Abos und jetzt auch noch Prepaid-Karte zu
       verstärken, hätte Hamburg einen Weg [4][Richtung fahrscheinlosen ÖPNV]
       einschlagen können. In diesem Modell werden die Ticketeinnahmen ersetzt
       durch eine Umlage über Steuern, die alle Menschen zahlen, bestenfalls
       gestaffelt nach Einkommen. Dann hieße es wirklich: Einsteigen und Losfahren
       – statt Einsteigen und wieder Aussteigen und Ärgern, weil die Münzen nicht
       mehr zählen.
       
       19 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.hvv.de/resource/blob/112142/c59368d83b97a5e4d03723b06632cdc7/PM231106%20hvv%20Prepaid%20Card.pdf
 (DIR) [2] /An-der-Selbstscan-Kasse/!5932343
 (DIR) [3] /Deutschland-Ticket-grenzt-Arme-aus/!5958035
 (DIR) [4] /Ticketloser-Nahverkehr-fuer-alle/!5779055
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
       
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