# taz.de -- Juste Debout in Hamburg: Große Bühne für den Hip-Hop
       
       > Im Juni 2024 findet das größte Hip-Hop-Tanz-Event der Welt in Hamburg
       > statt. Auf Kampnagel gab es mit „Juste Debout Gold“ schon mal einen
       > Vorgeschmack.
       
 (IMG) Bild: Unübertroffene Akrobatik und Musikalität: Gewinner Laurent vom französischen Duo Les Twins
       
       Es ist voll auf Kampnagel in Hamburg an diesem nebelverhangenen Samstag
       Mitte Dezember. Eine lange Schlange bildet sich schon vor Einlassbeginn vor
       den Hallen. Denn die begehrten Plätze sind rar, direkt zu Füßen der
       Tänzer*innen, am Rand der Battles. Die Tänzer*innen erkennt man an ihren
       Rollkoffern, mit denen sie lässig durch die Vorhalle spazieren. Sie kommen
       aus Japan, aus Holland oder den USA. Gleich mehrere Busse sind aus Paris
       gekommen, der Heimat von „[1][Juste Debout]“, wo die größte freie
       Hip-Hop-Szene in Europa zu Hause ist. Denn das Format, das nach 22 Jahren
       erstmals nicht in Paris, sondern in Hamburg stattfindet, gilt als weltweit
       wichtigstes Hip-Hop-Tanzevent und inoffizielle Weltmeisterschaft.
       
       In sogenannten Battles treten die Tänzer*innen gegeneinander an. Wer
       gewonnen hat, entscheidet eine Jury. Das kann den Durchbruch bedeuten, wie
       bei dem legendären Zwillingspaar Les Twins aus Frankreich. Nach ihrem Sieg
       2011 tourten sie [2][mit Beyoncé durch die Welt]. Traditionell treten die
       Tänzer*innen in vier Kategorien an: Locking, Popping, House und Hip-Hop.
       Das Besondere bei einem Battle: Es wird „Freestyle“ getanzt, also keine
       feste Choreografie. Das Publikum sitzt im Kreis eng um die Tanzfläche
       herum, um anzufeuern. Die Musik ist den Tänzer*innen nicht bekannt,
       entscheidend sind Spontanität und Musikalität.
       
       2002 fand Juste Debout erstmals als lokale Veranstaltung vor 400
       Zuschauer*innen in einer Sporthalle in einem Pariser Vorort statt. Jahr
       für Jahr wuchs die Veranstaltung, schließlich füllte sie Stadien. Aber dann
       kam Corona und seit 2019 fand das sonst stets in Paris ausgerichtete
       Großevent mit bis zu 16.000 Besucher*innen nicht mehr statt. Auch die
       geplante „Gold“-Edition zum 20. Geburtstag mit vielen Tänzer*innen aus
       vergangenen Jahren fiel aus. Juste Debout galt in der Szene als tot.
       
       Doch nun soll das Comeback in Hamburg nachgeholt werden, im Juni 2024, mit
       5.000 Zuschauer*innen in der Alsterdorfer Sporthalle. Gefördert wird das
       Projekt im Rahmen des Kunst- und Kulturprogramms zur
       Fußball-Europameisterschaft 2024 als Kooperation von Kampnagel und FC St.
       Pauli. Die [3][nachgeholte „Gold“-Edition am vergangenen Samstag] soll als
       Auftakt und Möglichkeit zum Austausch dienen.
       
       ## Umtriebige Freestyle-Szene
       
       Warum das große Comeback in Hamburg stattfindet, fragen sich in der
       Street-Dance-Szene viele. Hamburg habe eine umtriebige Freestyle-Szene, die
       so globale Aufmerksamkeit bekomme, erklärt Juste-Debout-Gründer Bruce
       Ykanji, selbst Battle-Tänzer. Es gehe darum, der deutschen Community, die
       seit den Anfängen dabei gewesen war, etwas zurückzugeben.
       
       Gifty Lartey, Tänzerin aus Hamburg und Teil des Organisationsteams, betont,
       „was für eine Chance das Event für Hamburg ist, um sich intensiver mit
       Schwarzen Tanzkulturen auseinanderzusetzen“. Und Kampnagel, erklärt
       Intendantin Amelie Deuflhard, möchte ein Zeichen setzen für den Hip-Hop als
       eigenständiges Kunstgenre und für die Auflösung der Trennung von Hoch- und
       Subkultur, die zu einer Marginalisierung der Hip-Hop-Kultur führe.
       
       Entsprechend erwartungsvoll ist am Samstag auf Kampnagel die Stimmung, denn
       auch alte Legenden kehren auf die Bühne zurück. Viele der Tänzer*innen
       sind dabei, weil sie in den Jahren zuvor gewonnen haben. Aber tagsüber
       finden noch „Preselections“ statt, Vorauswahlen, in denen Newcomer sich
       qualifizieren können. In Workshops kann gemeinsam getanzt und trainiert
       werden, dazu gibt es Ausstellungen und Partys.
       
       Am Abend dann beginnt das Battle. Ein Tanz-Duell folgt auf das nächste,
       über fünf Stunden lang. Dass der Abend kurzweilig bleibt, dafür sorgt auch
       Redchild, ein Hamburger MC, der alles live kommentiert und dem Publikum
       einheizt.
       
       ## Knistern in der Luft
       
       Die beliebteste Kategorie, Hip-Hop, kommt am Schluss. Ein Knistern liegt in
       der Luft, denn hier treten die meisten Stars an. Favoriten sind die
       Beyoncé-Begleiter Les Twins. Bekannt sind sie dafür, dynamisch und mit
       einer unübertroffenen Musikalität zwischen akrobatischen und
       minimalistischen Bewegungsmustern in Zeitlupe zu wechseln.
       
       Aber auch Underdogs haben eine Chance. Brooklyn, die zwischen München und
       Frankfurt lebt, konnte sich in der Preselection im „Hip-Hop“ durchsetzen –
       als einzige Frau, die in dieser Kategorie antritt. Das männlich dominierte
       Line-up wurde im Vorfeld in den sozialen Medien angeprangert. Viele Frauen
       hatten aber nicht genug Siege gesammelt, um sich für die Gold-Edition zu
       qualifizieren, obwohl sie zu den Besten der Welt gehören.
       
       Beim Battle am Abend schafft Brooklyn es, sich mit ihren fließenden
       Bewegungen gegen den ersten Gegner durchzusetzen, muss sich dann aber
       Laurent, einem der Les Twins, geschlagen geben. Im Publikum singt ein Chor
       ihren Namen, als sie von der Bühne abgeht.
       
       Den Titel gewinnt am Ende Laurent von Les Twins im Finale gegen Soraki aus
       Japan. Im Publikum hält es niemanden mehr auf seinem Platz, als er
       Preisgeld und Siegertrophäe annimmt und der Übergang in die Afterparty ist
       fließend.
       
       Die mitreißende Stimmung und aufgeheizte Battle-Atmosphäre kann man auch in
       den Aufzeichnungen des Events noch spüren. In Kooperation mit Arte gelingt
       in diesem Jahr eine der wohl besten videographischen Begleitungen, live
       produzieren vier Kameras hautnah die Highlights des Abends. Diese
       Aufzeichnungen sind wichtig für die Szene, dramatische Battles werden noch
       über Jahre besprochen und angeschaut, Ausschnitte dieser Videos dienen oft
       als Inspiration für ganze Generationen von Tänzer*innen. Präsentiert werden
       die Aufnahmen auf Youtube und in der Arte-Mediathek.
       
       23 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://juste-debout.com/en/home-page-en/
 (DIR) [2] /Grammy-Verleihung-in-Los-Angeles/!5913605
 (DIR) [3] https://kampnagel.de/produktionen/juste-debout-gold
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Judith Rieping
       
       ## TAGS
       
 (DIR) HipHop
 (DIR) Tanz
 (DIR) Kampnagel
 (DIR) FC St. Pauli
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Der Hausbesuch
 (DIR) Buch
 (DIR) Las Vegas
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Der Hausbesuch: Rapperin mit bossy Attitude
       
       Harter HipHop kann auch zwischen Ikea-Wassergläsern entstehen. Zu Besuch
       bei Nashi44, die ihren Stil „Asian Berlin Pussy Conscious Rap“ nennt.
       
 (DIR) Ursprünge des HipHop: Die drei Säulen des HipHop
       
       Wovon Kanye West keine Ahnung hat: Wild Style und die frühe New Yorker
       Graffiti-Szene in den Fotografien Martha Coopers.
       
 (DIR) Berliner Breakdance-Crew Flying Steps: Tanz nach oben
       
       B-Boying im Bundestag: Wie eine Berliner Breakdance-Crew sich in ein
       internationales, erfolgreiches Unternehmen verwandelt hat.