# taz.de -- Deutsche Fußball Liga: Anpfiff für Investor
       
       > Viel Geld soll den deutschen Fußball digitaler und international
       > wettbewerbsfähiger machen. Es ist ein gewagtes Unternehmen.
       
 (IMG) Bild: Der offizielle Bundesliga-Spielball – so scharf eingefangen. Das bekommt man im Fernsehen (oder im Stream) selten zu sehen
       
       Es war ein denkbar knappes Ergebnis: Exakt mit den benötigten 24 Jastimmen
       beschlossen die 36 Klubs aus der ersten und zweiten Bundesliga den Einstieg
       eines Investors in die Deutsche Fußball Liga. In der geheimen Abstimmung in
       Frankfurt am Main war eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen – ein Ja
       weniger und der Deal wäre, wie schon einmal vor rund einem halben Jahr,
       geplatzt. Dass sich zehn Vereine gegen den Vorschlag aussprachen und sich
       zwei enthielten, zeigt, wie umstritten [1][die Entscheidung] ist.
       
       Für eine Milliarde Euro plant die DFL, 20 Jahre lang bis zu 8 Prozent an
       den Erlösen aus ihren Verwertungsrechten zu verkaufen. Auf den ersten Blick
       mag das wie eine große Summe erscheinen, doch es gibt zwei Gründe, weswegen
       sie sich schnell zergliedern dürfte. Zum einen entgehen der DFL rund 8
       Prozent der Einnahmen aus den TV-Übertragungen. Bei den 1,25 Milliarden
       Euro, die Sky, DAZN und Co. für die aktuelle Spielzeit zahlen, entspräche
       das 100 Millionen Euro jährlich – was sich auf die 20 Jahre Laufzeit des
       Vertrags mächtig summiert.
       
       In den kommenden Jahren sollen diese Verluste erst einmal kompensiert
       werden. Einem Bericht der „Sportschau“ zufolge würde dafür bereits ein
       Drittel der Investoren-Milliarde draufgehen. Zum anderen fließen die
       übrigen zwei Drittel in einen bunten Strauß aus Entwicklungsmaßnahmen: Im
       Gespräch sind ein eigenes Streamingportal, das die Spiele der Bundesliga in
       alle Welt übertragen könnte, neue Marketingstrategien im In- und Ausland
       und ein Ausbau des E-Sport-Bereichs Virtual Bundesliga.
       
       Die Hoffnungen auf eine sportliche Verstärkung der Klubs bleiben bei dieser
       Planung weitgehend unerfüllt. Kein Wunder also, dass eine ganze Reihe
       Vereine kein Interesse am Einstieg des Investors hatte. Und auch die Fans
       drückten am Spieltagswochenende mit zwölf Minuten Stille lautstark
       schweigenden Protest aus. Zwar betont die DFL, dass ein etwaiger Geldgeber
       lediglich an den Einnahmen beteiligt sei und keinerlei Mitspracherecht
       habe. Doch die Sorge ist groß, dass dies nur der erste Schritt ist und
       weitere Deals folgen.
       
       ## In Europa abgehängt
       
       Der deutsche Fußball hat seit einigen Jahren das Gefühl, in Europa
       abgehängt zu sein. Seit 2020 hat es kein Bundesligist mehr in ein
       Halbfinale der Champions League geschafft. Vielversprechende Spieler wie
       Erling Haaland oder Jude Bellingham zieht es meist nach kurzer Zeit in eine
       andere Liga. Dabei hat sich die Überzeugung festgesetzt, dass der Grund
       dafür allein beim lieben Geld liegt. Denn in der Bundesliga verbietet
       [2][die sogenannte 50+1-Regel], dass sich Investoren das volle Stimmrecht
       in einem Klub erkaufen.
       
       Anders als in England oder Frankreich ist es daher wesentlich weniger
       verlockend, große Summen in die Vereine zu stecken. Wer das schade findet,
       wird sich freuen, dass der Dachverband DFL jetzt zumindest einen kleinen
       Schritt in diese Richtung macht. Die Befürworter der 50+1-Regel betonen
       hingegen, dass es den deutschen Klubs nicht am Geld mangele. Im
       internationalen Vergleich schneidet ein Team wie Borussia Dortmund
       finanziell deutlich besser ab als sportlich.
       
       Die drängende Frage scheint also eher zu sein, wie man es schafft, einen
       Verein mit solidem Jahresumsatz erfolgreichen Fußball spielen zu lassen. Ob
       Geld Tore schießt, gehört zu den ungeklärten Fragen des Fußballs. Klar ist
       nur, dass die Finanzen alleine nicht entscheiden. Ein Verein wie Hertha BSC
       etwa ist das Zweitligist gewordene Beispiel dafür, dass Investoren und Geld
       allein auf dem Platz wenig bewegen können.
       
       ## Unternehmen statt Verband
       
       Klubs wie der SC Freiburg beweisen, dass eine solide Finanzierung gepaart
       mit Ehrgeiz, Fleiß und einem begeisternden Trainerteam internationale
       Qualifikationen erreichen kann. Zu erwarten ist in jedem Fall, dass der
       Einstieg eines Investors die DFL verändern wird. Denn der Zusammenschluss
       der besten 36 Vereine des Landes müsste dann in weitaus stärkerem Maße wie
       ein Unternehmen statt wie ein Verband vorgehen. Der Grund dafür ist in der
       Logik des Milliardendeals selbst zu finden.
       
       Denn die Kassen der Vereine werden durch den Geldsegen erst einmal leerer,
       weil die Entwicklung der Ligastrukturen im Vordergrund steht. In den ersten
       Jahren kann die DFL das kompensieren, danach muss die 8-Prozent-Lücke
       anderweitig gefüllt werden. Der Deal ist also auch eine Wette auf die
       Zukunft: Wenn die Liga nicht wächst, lohnt er sich nicht. Welche Risiken
       das birgt, zeigte sich unlängst beim Nachbarn Frankreich.
       
       Der DFL entspricht dort die Ligue de Football Professionel, die 2022 den
       Investor CVC an Bord holte, um Klubs in finanzieller Schräglage zu helfen.
       Statt zu steigen, gingen die Einnahmen aus den TV-Geldern dort aber sogar
       zurück. Gelingt nicht bald eine Trendwende, droht der Deal zum Desaster zu
       werden – zumal es dort nicht einmal eine zeitliche Befristung gibt.
       
       Wer sich über das Investment freut und wer nicht, das hängt also auch damit
       zusammen, wie groß der Glaube an immer weiteres Wachstum ist. Denn bevor
       mehr Geld für Transfers, Gehälter oder die [3][eigene Jugendarbeit]
       ausgegeben werden kann, muss die DFL zeigen, dass sie mithilfe der
       Milliarde weltweit an Beliebtheit und Reichweite zulegen kann.
       
       ## Faire Verteilung nötig
       
       Die Skeptiker, Fans wie Verantwortliche, sollte dabei auch ein weiterer
       Gedanke umtreiben: Denn während die deutschen Topklubs im internationalen
       Vergleich straucheln, hängen sie die Konkurrenz in der Bundesliga zunehmend
       ab. Elfmal in Folge heißt der [4][Meister nun FC Bayern], dass der BVB am
       letzten Spieltag der abgelaufenen Saison überhaupt noch eine Chance auf den
       Titel hatte, hatten sich die Münchner selbst zuzuschreiben.
       
       Der neue Investor spült eine Menge Geld in den Fußballbetrieb. Damit
       dadurch eine Aufbruchstimmung entstehen kann, die dem Sport hierzulande
       guttun würde, sollte aber vor allem daran gefeilt werden, wie die Millionen
       auf die Vereine der Bundesligen verteilt werden. Ansonsten wird die Kluft
       zwischen den Großen und den Kleinen nur vervielfacht.
       
       21 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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