# taz.de -- Einigung auf EU-Lieferkettengesetz: Menschenrechte weltweit stärken
       
       > Millionen Menschen leiden unter Ausbeutung durch Zwangsarbeit und andere
       > Menschenrechtsverletzungen. Firmen in der EU müssen künftig darauf
       > achten.
       
 (IMG) Bild: Kinderarbeit in einer Mine in Bolivien
       
       STRAßBURG dpa | Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten haben
       sich auf ein [1][Lieferkettengesetz] geeinigt. Damit sollen [2][große
       Unternehmen zur Rechenschaft] gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder-
       oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren, wie aus Mitteilungen des
       Europaparlaments und der EU-Staaten von Donnerstag hervorgeht. Größere
       Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr
       Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel
       vereinbar sind, wie die EU-Staaten mitteilten.
       
       Unternehmen sind nach den geplanten Regeln den Angaben zufolge für ihre
       Geschäftskette, also auch Geschäftspartner des Unternehmens und teilweise
       auch für nachgelagerte Tätigkeiten wie Vertrieb oder Recycling
       verantwortlich. Der Finanzsektor soll zunächst von den Vorgaben
       ausgeschlossen werden.
       
       Grundsätzlich gelten die Regeln für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten
       und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz. Firmen, die nicht in der EU
       sitzen, fallen unter das Gesetz, wenn sie in der EU einen Umsatz von mehr
       als 300 Millionen Euro machen. Die EU-Kommission soll eine Liste der
       betroffenen Nicht-EU-Unternehmen veröffentlichen.
       
       Vorgesehen ist auch, dass Unternehmen vor europäischen Gerichten zur
       Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Lieferketten zu
       Verstößen gegen Menschenrechte kommt. Die Einigung muss vom Parlament und
       den EU-Staaten noch bestätigt werden, das ist normalerweise aber Formsache.
       
       ## Deutschland muss nachschärfen
       
       Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini,
       sprach zwar von einem guten Tag für die Menschenrechte, sie hätte sich aber
       noch strengere Regeln für Klima- und Umweltschutz gewünscht. Die
       Grünen-Politikerin betonte auch, dass das EU-Lieferkettengesetz über das
       deutsche Gesetz hinausgehe. So müssten in Zukunft mehr Unternehmen über
       ihre gesamte Lieferkette hinweg Risiken erfassen. Das EU-Lieferkettengesetz
       ist eine sogenannte Richtlinie, die die Bundesregierung noch in nationales
       Recht umsetzen muss, in Deutschland gilt seit Jahresbeginn bereits ein
       Lieferkettengesetz.
       
       Der Europarechtsprofessor und SPD-Europaabgeordnete René Repasi wies darauf
       hin, dass mit dem Gesetz deutsche Unternehmen für
       Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar seien, was bislang im deutschen
       Lieferkettengesetz ausgeschlossen sei. So könnten Unternehmen
       zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen und beispielsweise
       Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.
       
       Unionspolitiker hatten sich ähnlich wie Wirtschaftsvertreter immer wieder
       kritisch zu dem Gesetz geäußert. Sie befürchteten etwa zu großen
       Bürokratieaufwand für Unternehmen und dadurch einen Wettbewerbsnachteil
       gegenüber Firmen aus Drittstaaten, die nicht von den Regeln betroffen sind.
       
       ## Was bislang in Deutschland gilt
       
       Das deutsche Lieferkettengesetz gilt bisher für Unternehmen mit mehr als
       3.000 Beschäftigten. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche
       Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sind davon rund 900 Unternehmen
       betroffen. Ab 2024 greift es für Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
       Betroffene Firmen müssen auch unter den deutschen Vorgaben unter anderem
       analysieren, wie groß das Risiko ist, dass sie von Menschenrechtsverstößen
       wie Zwangsarbeit profitieren. Wenn sie Hinweise auf Verstöße haben, müssen
       sie Maßnahmen ergreifen, „um diese Verletzung zu verhindern, zu beenden
       oder das Ausmaß der Verletzung zu minimieren“, heißt es im Gesetz.
       
       Kontrolliert werden die Vorgaben vom Bundesamt für Wirtschaft und
       Ausfuhrkontrolle. Es geht auch eingereichten Beschwerden nach. Stellt das
       Bundesamt Versäumnisse oder Verstöße fest, kann es Bußgelder verhängen.
       Unternehmen, die sich nicht an die Regeln gehalten haben, können auch von
       öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.
       
       BMZ-Angaben zufolge arbeiten weltweit knapp 80 Millionen Kinder unter
       ausbeuterischen Bedingungen in Textilfabriken, Steinbrüchen oder auf
       Kaffeeplantagen. „Auch für unsere Produkte“, so das Ministerium. Laut der
       [3][Hilfsorganisation Terre des Hommes] können zahlreiche Produkte von
       Kinderarbeit betroffen sein. Dazu zählen etwa Blumen, Kleidung, Computer,
       Tabak, Feuerwerk, Fußbälle, Kosmetik oder Lebensmittel.
       
       14 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmz.de/de/themen/lieferkettengesetz
 (DIR) [2] /Lieferkettengesetz-der-EU/!5969696
 (DIR) [3] https://www.tdh.de/was-wir-tun/arbeitsfelder/kinderarbeit/alles-unter-kontrolle/in-welchen-produkten-steckt-kinderarbeit/
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lieferketten
 (DIR) Kinderarbeit
 (DIR) Menschenrechte
 (DIR) Lieferketten
 (DIR) Lieferketten
 (DIR) Volkswagen
 (DIR) Lieferketten
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) EU-Lieferkettengesetz: Unternehmen wollen Regeln
       
       Wirtschaftsverbände laufen Sturm gegen das EU-Lieferkettengesetz, die FDP
       will es verhindern. Dabei sind viele Unternehmen für ein starkes Gesetz.
       
 (DIR) FDP-Nein zur EU-Lieferkettenrichtlinie: Wirtschaft first, Menschen second
       
       Bürokratie ist schlecht? Nicht immer. Das von der FDP jetzt gebashte
       Lieferkettengesetz schützt Menschen vor der Wirtschaft und muss deshalb
       kommen.
       
 (DIR) Bericht zu VW-Werken in China: Volkswagen sieht sich reingewaschen
       
       Ein Gutachten bescheinigt, dass der Autokonzern VW in China keine
       Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren begeht. Doch am Bericht gibt es
       Zweifel.
       
 (DIR) Sicherung der Lieferketten: EU-Lösung für Engpässe
       
       Deutschlands Wirtschaft ist sehr anfällig für Probleme bei Lieferketten.
       Regierungsberater plädieren für europäische Antworten.
       
 (DIR) Lieferkettengesetz der EU: Wo sind die Grünen?
       
       Das EU-Lieferkettengesetz droht verwässert zu werden – auch weil die Ampel
       Druck macht. Die Grünen hatten einst anderes versprochen.