# taz.de -- Nach Wahlen in Serbien: Noch mehr Frauen im Hungerstreik
       
       > Mehr Ex-Abgeordnete haben sich dem Protest gegen „massiven Wahlbetrug“ in
       > Serbien angeschlossen. Staatschef Vučić feiert sich indes weiter.
       
 (IMG) Bild: Belgrad, Serbien, 20.12.: Oppostionsprotest vor der Wahlbehörde
       
       BELGRAD taz | Seit Freitag sind es drei Frauen in Serbien, die wegen
       „massiven Wahlbetrugs“ am 17. Dezember [1][in einen Hungerstreik getreten
       sind]. Alle drei waren Abgeordnete im vorherigen Parlament. Die
       „Wintersaison des radikalen politischen Fastens“, wie ein serbischer
       Journalist diesen persönlichen Protest bezeichnete, hatte am Montag
       Marinika Tepić eröffnet, Anführerin des oppositionellen prowestlichen
       Bündnisses Serbien gegen die Gewalt.
       
       „Ich habe keinen Hunger nach Nahrung, sondern nach Freiheit und
       Gerechtigkeit, nach einem normalen Leben“, sagte sie. Sie habe sich zu
       diesem Schritt entschlossen, um so viele Menschen wie möglich auf das
       Problem aufmerksam zu machen, das die Überreste der serbischen Demokratie
       zernage.
       
       Wenn dieser, noch nie gesehener „Wahldiebstahl“ durchginge, wenn er
       „patentiert“ werde, würde sich Serbien in eine „Busdemokratie“ verwandeln
       in der „Wahltourismus“ blühe, sagte Vladimir Obradović, Kandidat von
       Serbien gegen die Gewalt für das Amt des Belgrader Bürgermeisters. Alles
       was man dann für den Wahlsieg benötige, sei eine ausreichende Anzahl von
       Bussen.
       
       Er meinte damit die jüngste „Wahlerfindung“ der regierenden Serbischen
       Fortschrittspartei (SNS) von [2][Staatschef Aleksandar Vučić].
       Oppositionelle erklärten wie das System funktionieren soll, das angeblich
       bei den Parlaments- und Kommunalwahlen sowie der Abstimmung in der Provinz
       Vojvodina am vergangenen Sonntag angewendet geworden sei.
       
       ## Passende Adresse
       
       Am Wahltag transportiert man Zehntausende Menschen zu Wahllokalen in Orte,
       in denen sie nicht leben, wo sie aber benötigt werden um der SNS den Sieg
       zu sichern. Alle haben erst kürzlich ausgegebene Personalausweise, in den
       eine entsprechende Wohnadresse vermerkt ist.
       
       Deshalb habe Vučić vorgezogene Kommunalwahlen nur in der Hälfte der
       Gemeinden ausgeschrieben, behauptet die Opposition. So könne er Wähler wie
       auf einem Spielbrett in Städten, in denen nicht gewählt wird, dort
       einsetzen, wo tatsächlich Wahlen stattfinden.
       
       Zu diesem Zweck seien auch Wähler aus der serbischen Entität in Bosnien und
       Herzegowina „importiert“ worden. Sie hätten in Belgrad die Aufmerksamkeit
       auf sich gelenkt, weil sie sich in der Stadt nicht zurechtfanden. Die
       „Neubürger“ wurden zu verschiedenen Sammelstellen gefahren und von dort
       organisiert zu den Wahllokalen gebracht. Im kommenden Frühjahr werde in den
       übrigen Gemeinden gewählt. Dann könne das Spiel von vorn anfangen.
       
       ## Vučić feiert weiter sich selbst
       
       Währenddessen spricht Vučić von den „fairsten“ Wahlen überhaupt und feiert
       seinen Sieg auf allen Ebenen. Da können die drei kämpferischen Frauen im
       Hungerstreik nur lachen. Warum sie sich zu so einem radikalen Schritt
       entschieden hätten? Weil staatliche Institutionen Vučić gehorchten und
       deshalb der Rechtsweg sinnlos sei. Und weil das Regime von Vučić völlig
       schmerzfrei auf massive bürgerliche Demonstrationen reagiere.
       
       Der Bevölkerung, die auf gleich geschaltete Medien angewiesen sei, werde
       serviert, dass die Opposition mit Unterstützung westlicher Geheimdienste
       nach ihrem Wahldebakel mit Gewalt die Macht übernehmen wolle. Das böseste
       unter all diesen bösen Ländern, die die Selbstständigkeit Serbiens unter
       Vučićs glorreicher Führung störe, sei Deutschland.
       
       22 Dec 2023
       
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