# taz.de -- Nach den Wahlen in Serbien: Opposition geht in Hungerstreik
       
       > Das Anti-Vučić-Bündnis protestiert gegen das Ergebnis der Parlaments- und
       > Kommunalwahlen in Serbien. Eine Politikerin ist im Hungerstreik.
       
 (IMG) Bild: Im Hungerstreik: Marinika Tepić
       
       BELGRAD taz | Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der [1][„Superwahlen“ am
       Sonntag in Serbien] herrschte in Reihen der Opposition blanke Verzweiflung.
       Die regierende Fortschrittspartei (SNS), die der Autokrat in der Rolle des
       Staatspräsidenten Aleksandar Vučić anführte, gewann überlegen die
       vorgezogenen Parlamentswahlen – und auch die gleichzeitig stattfindende
       Kommunalwahl in Belgrad.
       
       Nach dem ersten Schock gab das prowestliche Bündnis „Serbien gegen Gewalt“
       am Montag um drei Uhr morgens bekannt, die Belgrader Kommunalwahlen wegen
       „massiven Wahlbetrugs“ nicht anerkennen zu wollen. Vor der staatlichen
       Wahlkommission protestierten mehrere Tausend Anhänger der Opposition, um
       ihren „Wahlwillen zu verteidigen“. Eine Anführerin der Wahlliste „Serbien
       gegen Gewalt“ verkündete, im Kampf für Demokratie und Gerechtigkeit einen
       entscheidenden Schritt weitergehen zu wollen: Marinika Tepić trat in den
       Hungerstreik.
       
       Sie sah sich zu diesem radikalen Zug gezwungen, erklärte Tepić, weil weder
       die Wahlkommission noch die Staatsanwaltschaft und die Polizei auf
       „offensichtlichen“ und „nachweisbaren“ Betrug und Manipulation des
       Wahlprozesses reagieren wollen. Sie verwies auf organisierte Bestechung von
       Wählern, enormen politischen Druck und andere „Betrügereien“. Es sei nicht
       das erste Mal gewesen, so Tepić, jedoch blieben immer verantwortliche
       staatliche Institutionen taub gegenüber Einwände der Opposition. Tepić
       nannte ein Beispiel: Rund 40.000 Menschen wurden aus Bosnien nach Belgrad
       gebracht und bekamen Personalausweise mit Wohnort in der Hauptstadt, um bei
       den Kommunalwahlen für Vučićs Liste stimmen zu können.
       
       ## Ein Autokrat im EU-Beitrittskandidaten Serbien
       
       Die serbische Wahlbeobachtermission CRTA bestätigte, dass die Ausmaße des
       Wahlbetrugs maßgebend das Ergebnis in Belgrad beeinflussten. Auch im
       OSZE-Bericht wird auf eine große Anzahl von prozeduralen Fehlern,
       Einschüchterungen, verdächtige Wahlzettel, Kauf von Wahlstimmen, Missbrauch
       öffentlicher Ressourcen verwiesen. Besonders kritisiert wurde [2][die alles
       überdeckende Präsenz von Vučić in den Medien, die Dominanz eines Mannes,
       der nicht einmal zur Wahl stand]. „Das ist unakzeptabel für ein Land, das
       den Status des EU-Beitrittskandidaten hat“, verkündete [3][das Auswärtige
       Amt auf X].
       
       Bei den serbischen Parlamentswahlen am Sonntag siegte Vučić' Partei
       überzeugend in der Provinz Vojvodina und in 64 von 65 Städten. Diese eine
       Stadt, in der die Opposition gewann, war aber nicht die strategisch und
       psychologisch bedeutende Hauptstadt Belgrad, wo sich die Opposition einen
       Triumph erhofft hatte, sondern das mehrheitlich von Bosniaken bewohnte Novi
       Pazar, unweit der serbischen Grenze zu Bosnien und Montenegro.
       
       Diesmal blieben auch die üblichen Gratulationen zum Sieg aus westlichen
       Staaten aus, was aber nicht heißt, dass Deutschland, die Europäische Union
       (EU) oder die USA irgendwelche Maßnahmen gegen Vučić treffen würden. Alle
       wesentlichen staatlichen Institutionen in Serbien sind dem Willen eines
       Autokraten untergeordnet. Der Hungerstreik von Tepić ist deshalb ein Akt
       der Machtlosigkeit, Verzweiflung und Frustration.
       
       19 Dec 2023
       
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