# taz.de -- Protest gegen Gesundheitspolitik: Arztpraxen bleiben dicht
       
       > Zu viel Bürokratie und Fachkräftemangel: Bundesweit lassen Ärzt*innen
       > aus Protest gegen die Bundesregierung ihre Praxen zu. Lauterbach
       > beschwichtigt.
       
 (IMG) Bild: Patient*innen stehen zwischen Weihnachten und Neujahr vielerorts vor geschlossene Arztpraxen
       
       BERLIN taz | Wer zwischen den Jahren spontan einen Arzttermin braucht, hat
       es ohnehin schwer, denn viele Praxen machen Urlaub. Dieses Jahr haben
       darüber hinaus Ärzteverbände ihre Mitglieder dazu aufgerufen, ihre Praxis
       von Mittwoch bis Freitag aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der
       Bundesregierung geschlossen zu halten. Unter dem Motto „Praxis in Not“
       läuft die Kampagne, die vom Virchowbund, dem Verband der niedergelassenen
       Ärzt*innen, initiiert wurde und von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird.
       
       Bereits im Herbst schlossen bundesweit Arztpraxen mit der Forderung nach
       mehr Geld und im Protest gegen die Gesundheitspolitik. Die Kritikpunkte
       sind diesmal ähnlich: übermäßige Bürokratie, Fachkräftemangel bei den
       Medizinischen Fachangestellten, gestiegene Praxisführungskosten und das
       Auslaufen der Neupatientenregelung zum Jahresende. Diese Regelung wurde
       2019 eingeführt und bot Ärzt*innen finanzielle Anreize, damit sie neue
       Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten.
       
       Bei vielen trifft der Streik auf Unverständnis, denn gerade in einer Zeit,
       in der Atemwegserkrankungen Spitzenwerte erreichen, sei es „weder
       angemessen noch fair, die Patientinnen und Patienten vor geschlossenen
       Praxistüren stehenzulassen“, sagt Florian Lanz vom
       Krankenkassen-Spitzenverband GKV. Auch der Vorstand der Stiftung
       Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisiert: „Gerade im ländlichen Raum
       treffen die Aktionen vor allem alte und schwache Menschen.“
       
       Virchowbund-Chef Dirk Heinrich hingegen verteidigt den Streik. „Unsere
       vordringlichste Aufgabe ist natürlich, sich um die Menschen zu kümmern. Und
       dafür brauchen wir mehr Zeit und weniger Zeit für Papier“, sagte Heinrich
       am Mittwoch im ZDF. Aus seiner Sicht ist die Begrenzung der Geldmittel für
       die Patientenversorgung zentral, weshalb die Kampagne ein Ende der
       Budgetierung fordert. Das Geld, das Ärzt*innen zur Behandlung gesetzlich
       Versicherter haben, ist nach oben begrenzt. Jedes Jahr verhandeln
       Krankenkassen und kassenärztliche Vereinigungen über dieses Budget. „Praxis
       in Not“ kritisiert unter anderem: Kämen mehr Patienten, gebe es dafür nicht
       automatisch mehr Geld.
       
       Bundesgesundheitsminister [1][Karl Lauterbach wies am Donnerstag
       Forderungen nach mehr Geld zurück]. Ohnehin verdienten Praxen im
       internationalen Vergleich in Deutschland „ausgezeichnet“, sagte der
       Sozialdemokrat im ZDF. Gleichwohl sehe er die Probleme. „Die Praxen
       brauchen bessere Arbeitsbedingungen, brauchen weniger Bürokratie. Das Geld
       muss auch gerechter verteilt werden“, sagte der SPD-Politiker weiter.
       
       ## Krisengipfel im Januar
       
       „Aber einfach mehr Geld in ein System zu schütten wie in der Vergangenheit
       – was nicht wirklich gut funktioniert –, diese Lösung haben wir einfach zu
       oft praktiziert. Die wird nicht im Vordergrund stehen.“ Im Januar will sich
       Lauterbach mit den Hausärzt*innen zu einem Krisengipfel treffen.
       
       Da der Protest dezentral organisiert ist, können keine genauen Angaben zur
       Zahl der beteiligten Praxen gemacht werden. Der Virchowbund rechnet jedoch
       mit bundesweit mehreren zehntausend. Grundsätzlich dürfen medizinische
       Praxen nicht streiken, da sie eine Versorgungspflicht haben. Aber sie
       dürfen, sofern sie eine Vertretung ermöglichen, schließen. Vertretungs- und
       Notfallversorgung gibt es in alle Städten und Hilfe ist über [2][den Not-
       und Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117] verfügbar.
       
       28 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Lauterbach-aeussert-sich-zu-Aerztestreik/!5981723
 (DIR) [2] /Bereitschaftshotline-116117/!5980307
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Adefunmi Olanigan
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hausarzt
 (DIR) Streik
 (DIR) Gesundheitspolitik
 (DIR) Ärztemangel
 (DIR) Ärzte
 (DIR) Karl Lauterbach
 (DIR) Karl Lauterbach
 (DIR) Fachärzte
 (DIR) Ärztemangel
 (DIR) Streik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Lauterbachs Krankenhausreform: Kommunen fordern „frisches Geld“
       
       Schneller und mehr: Zur Abwendung von Insolvenzen wollen Kommunen und
       Landkreise Milliardenhilfen. Lauterbachs Reform sei unzureichend.
       
 (DIR) Lauterbach äußert sich zu Ärztestreik: „Spielräume sehe ich nicht“
       
       Gesundheitsminister Karl Lauterbach hält die Forderung nach mehr Geld beim
       Ärztestreik für unbegründet. Er verstehe nicht, weshalb gestreikt werde.
       
 (DIR) Ärztliche Bereitschaftsdienste: Sprechstunde nur noch bis 23 Uhr
       
       Ab dem 1. Januar 2024 gibt es in Bremen nachts keine Bereitschaftspraxis
       mehr. Auch in anderen Ländern drohen Einschränkungen für Patient:innen.
       
 (DIR) Arbeitsbedingungen in Kliniken: An der Belastungsgrenze
       
       Die Beschäftigten des Jüdischen Krankenhauses drängen auf einen
       Entlastungstarifvertrag. Dazu wollen sie Dienstag und Mittwoch die Arbeit
       niederlegen.