# taz.de -- Mikroplastik im Atlantik: Plastik flutet Spaniens Strände
       
       > Winzige Pellets gefährden Meereslebewesen, warnen Experten. Die Regierung
       > in der spanischen Region Galicien sieht das anders.
       
 (IMG) Bild: Vilar, Galizien, Spanien, 8. Januar 2024: Eine Frau zeigt die reiskorngroßen Plastikpellets, die am Strand angespült wurden
       
       MADRID taz | Die Strände im [1][nordwestspanischen] Galicien färben sich
       weiß. Überall werden kleine Plastikkügelchen angeschwemmt. Die Pellets, die
       der Herstellung von Plastikteilen dienen, stammen aus Containern, die am 8.
       Dezember bei einem Schiff unter liberianischer Flagge 80 Kilometer vor der
       Küste über Bord gingen. 26,25 Tonnen Stückchen in 1.050 Säcken à 25
       Kilogramm sollen vor dem Norden Portugals ins Meer gelangt sein. Die
       Strömung trägt die 3 bis 5 Millimeter großen Kügelchen jetzt an die
       galicischen Atlantikstrände, ins benachbarte Asturien, Kantabrien,
       Baskenland und gar nach Südfrankreich. Am stärksten betroffen ist die
       galicische Küste nördlich der Hafenstadt Vigo.
       
       Der galicische Regionalpräsident Alfonso Rueda von der konservativen
       Partido Popular (PP) forderte die Gemeinden auf, die Strände zu säubern.
       Hilfe schickte er nicht. Bis Dienstagnachmittag weigerte er sich, die
       Alarmstufe 2 auszurufen. Erst dann gab er – so das öffentliche Radio – dem
       Druck der Umweltschützer nach. Die Alarmstufe 2 ist notwendig, damit die
       Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez staatliche
       Unterstützung schicken kann.
       
       Dabei weiß die Regionalregierung schon seit dem 13. Dezember um die Gefahr
       für die Strände. Doch sie versuchte die Krise auszusitzen. Am 18. Februar
       stehen Regionalwahlen an, Reinigungstrupps an den Stränden machen sich da
       nicht gut. Nun versuchen Anwohner, die Kontrolle über die Kügelchen zu
       erlangen. Kein leichtes Unterfangen bei Millionen von Pellets, so groß wie
       Reiskörner.
       
       Während Umweltschutzorganisationen davor warnen, dass das Plastik über
       Vögel und Fische in die Nahrungskette gelangen könnte, spielt die
       galicische Umweltministerin Ángeles Vázquez, die Gefahr weiterhin
       herunter. Für sie besteht kein Grund zur Beunruhigung; die Pellets seien
       nicht umweltschädlich, so Vázquez. Dem widerspricht sowohl das
       Umweltministerium der Zentralregierung als auch die
       Umweltstaatsanwaltschaft, die seit Montag gegen die Reederei des
       Containerschiffes ermittelt. Für die Staatsanwaltschaft bestehen „Hinweise
       auf Toxizität“, also Giftigkeit. Denn die Pellets seien „nicht biologisch
       abbaubar.“ Sie würden dazu beitragen, [2][Mikroplastikverschmutzung] zu
       verstärken.
       
       ## Baskenland und Asturien nehmen Bedrohung ernster
       
       Das benachbarte Asturien und das Baskenland nehmen die Bedrohung der
       Meeresflora durch die Plastikkügelchen wesentlich ernster. Asturien hat die
       Alarmstufe 2 vor Galicien ausgerufen. Das Baskenland, das derzeit noch
       wenig betroffen ist, arbeitet an einem eigenen Notprotokoll für den Fall,
       dass die Zahl der Plastikkügelchen zunimmt. Fischereikooperativen sollen
       helfen, das Plastik aus dem Meer zu fischen, bevor es die Küste erreicht.
       
       „Wir wissen immer noch nicht, wie groß das Ausmaß dessen sein kann, was
       passieren kann“, sagte die Ministerin für ökologischen Wandel der
       Zentralregierung, Teresa Ribera, und richtete sich an Regionalpräsident
       Rueda: „Ich denke, es ist wichtig, dass wir, egal was passiert,
       zusammenarbeiten.“
       
       PP-Chef und Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo, der Galicien regierte,
       bevor er 2022 nach Madrid ging, nimmt seinen Nachfolger Rueda in Schutz.
       Das Mikroplastik sei „nicht giftig“ – was „giftig ist, ist der politische
       Nutzen, der aus einer Verschmutzung an den portugiesischen Küsten, die das
       Meer an die galicischen und im Moment auch an die asturischen Küsten
       gebracht hat, geschlagen wird“, sagte Feijóo. Ihm war es nicht gelungen,
       nach den Parlamentswahlen im vergangenen Juli eine [3][Regierung in
       Spanien] zu bilden. Seitdem ist er schwer angeschlagen. Ein schlechtes
       Abschneiden der PP in Feijóos Heimatregion könnte sein politisches Ende
       bedeuten.
       
       10 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Regierungsbildung-in-Spanien/!5973531
 (DIR) [2] /Biologe-ueber-Plastikverschmutzung/!5969708
 (DIR) [3] /Demonstrationen-in-Spanien/!5969554
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
 (DIR) Mikroplastik
 (DIR) Umweltschutz
 (DIR) Meeresverschmutzung
 (DIR) Meer
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Mikroplastik
 (DIR) Meeresverschmutzung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Umweltaktivist über Hitze in Spanien: „Spanien wird weniger beliebt sein“
       
       Hitze mache Ferien im Sommer an vielen Tagen unmöglich, sagt Javier Andaluz
       von Ecologistas en Acción. Die Bevölkerung werde sich im Land verlagern.
       
 (DIR) Plastik-Pionier zur UN-Konferenz: „Der Planet ist kontaminiert“
       
       Er verfasste die erste Studie zu Mikroplastik überhaupt. Biologe Richard
       Thompson warnt vor dem größten Problem der UN-Plastikkonferenz in Nairobi.
       
 (DIR) EU-Verbot von Mikroplastik: Europas Öko-Selbstbetrug
       
       Die EU will Mikroplastik verbieten. Aber das löst nur einen Teil des
       Problems – das Gift wird es weiter geben.