# taz.de -- Abschiebehaft in Glückstadt: Erneuter Brand in der Zelle
       
       > Ein taz-Bericht und ein weiterer Brand: Nun befasst sich der
       > schleswig-holsteinische Landtagsausschuss mit der Abschiebehaft in
       > Glückstadt.
       
 (IMG) Bild: Zweimal Feueralarm in der Abschiebehaftanstalt in Glückstadt: Mittlerweile beschäftigt das den Innenausschuss des Kieler Landtags
       
       RENDSBURG taz | Mit einer Kundgebung vor dem Landtag machten Mitglieder der
       Kampagne „Kein Abschiebegefängnis in Glückstadt und anderswo!“ am Mittwoch
       auf die Zustände in der Einrichtung aufmerksam: „Die Situation der
       Inhaftierten im Abschiebegefängnis Glückstadt spitzt sich immer weiter zu“,
       heißt es in einer Mitteilung. Drinnen im Parlamentsgebäude befasste sich
       der Innen- und Rechtsausschuss mit dem Thema. Auslöser waren zwei Brände
       und [1][ein taz-Artikel].
       
       Zweimal im noch jungen Jahr, am 5. Januar und am 4. Februar, gab es
       Feueralarm in der ehemaligen Kaserne in Glückstadt im Kreis Steinburg, die
       die drei Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und
       Mecklenburg-Vorpommern als Abschiebehaft nutzen. Im Januar brannte es in
       der Zelle eines 22-jährigen Marokkaners, im Februar im Raum eines Mannes
       aus Afghanistan. Zu beiden Fällen hatte der Landtagsabgeordneten Lars Harms
       von der Minderheitenpartei SSW noch Fragen, vor allem, weil der Bericht,
       den die Landesregierung im Januar gegeben hatte, den Vorfall harmloser
       schilderte als die taz-Recherchen ergaben.
       
       Innenstaatssekretär Otto Carstens (CDU) widersprach dem Artikel in
       einzelnen Punkten: Es habe nicht mehrere Brände im Raum gegeben, sondern
       nur auf der Matratze. Auch sei es möglich gewesen, das Licht in der Zelle
       zu löschen – allerdings konnten die Wachen es von außen jederzeit wieder
       einschalten.
       
       Ob der Mann einen Suizid geplant habe, als er seine Matratze anzündete?
       „Niemand von uns kann in einen Menschen hineinschauen“, sagte Carstens. Zum
       Arztbrief und dem aktuellen Zustand des Betroffenen wollte der
       Staatssekretär in öffentlicher Sitzung keine Auskunft geben.
       
       ## Feueralarm in Haus A
       
       Der zweite Brand ereignete sich am 4. Februar in der Zelle eines Afghanen,
       der zu diesem Zeitpunkt einen Monat in der Abschiebehaft saß. Er solle im
       Rahmen des Dublin-Abkommens nach Schweden gebracht werden, berichtete
       Carstens. Am 4. Februar wurde Feueralarm in Haus A ausgelöst, Brandgeruch
       kam aus dem Zimmer des Mannes. „Durch die Postklappe drang Geruch, aber
       kein Rauch“, sagt Carstens.
       
       Als Wachen eintraten, habe der Mann auf einem Stuhl gesessen. In der
       Nasszelle lag eine „verkokelte Gardine auf dem Fußboden, sie glimmte noch“.
       Weitere Schäden seien nicht entstanden, auch der Mann habe keine
       Verbrennungen oder eine Rauchvergiftung gehabt. Er habe erklärt, dass er
       die Gardine angezündet habe, weil er wollte, dass seine Tür geöffnet wurde.
       Ein Suizidversuch läge nicht vor.
       
       Für die Mitglieder der Kampagne „[2][Kein Abschiebegefängnis in Glückstadt
       und anderswo!]“ klingt das zu harmlos: „Es ist die pure Verzweiflung der
       Inhaftierten, die durch die Brände zum Ausdruck kommt“, so Ela Hazem,
       Sprecherin der Kampagne. „Das Abschiebegefängnis muss geschlossen werden,
       bevor es die ersten Toten gibt.“
       
       Kritische Nachfragen aus dem Innenausschuss gab es auch zu einer Mitteilung
       der ehrenamtlichen Besuchsgruppe, die Inhaftierte berät. Deren Mitglieder
       mussten draußen bleiben – wegen Personalmangels. Ein Einzelfall, erklärte
       Carstens: An diesem Tag sei eine Person neu aufgenommen worden, eine andere
       musste ins Krankenhaus begleitet werden. Daher sei nicht mehr genügend
       qualifiziertes Personal da gewesen, um die Besuchsgruppe zu begleiten.
       
       ## Noch immer fehlt die Sozialberatung
       
       Zurzeit gebe es die Überlegung, der Gruppe feste Termine anzubieten, sodass
       die Besuche besser planbar seien. „Das Angebot haben wir gemacht, aber noch
       keine Antwort erhalten“, sagte Carstens. Weiterhin [3][offen ist auch die
       Sozialberatung]. Eine unabhängige Beratung ist gesetzlich vorgesehen, doch
       die bisherige Trägerin, die Diakonie Rantzau-Münsterdorf, legte den Auftrag
       wegen Fachkräftemangels nieder. Es gebe Gespräche, „aber weißer Rauch
       steigt leider noch nicht auf“, sagte Carstens. Er sei aber zuversichtlich,
       bald eine Lösung zu finden.
       
       Die [4][Abschiebehaft in Glückstadt] ist für 60 Personen geplant, kann aber
       aus Personalmangel nicht voll belegt werden. Zurzeit stehen 42 Plätze zur
       Verfügung, die aber selten voll ausgelastet sind. Aktuell warten 17
       Personen aus Hamburg, fünf aus Schleswig-Holstein und eine Person aus
       Mecklenburg-Vorpommern auf ihre Abschiebungen.
       
       8 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Brand-in-Abschiebehaft-Glueckstadt/!5987965
 (DIR) [2] https://glueckstadtohneabschiebehaft.noblogs.org/
 (DIR) [3] /Abschiebehaft-in-Schleswig-Holstein/!5982210
 (DIR) [4] /Protest-gegen-Abschiebeknast-Glueckstadt/!5853760
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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