# taz.de -- Meduza-Auswahl 8. – 14. Februar: Putins Botschaft an den Westen
       
       > Das TV-Interview des russischen Präsidenten mit dem US-Moderator Carlson
       > wendet sich laut Insidern direkt an die US-Amerikaner. Texte aus dem
       > Exil.
       
 (IMG) Bild: Der russische Präsident Putin bei seinem TV-Interview Tucker Carlson in Moskau am 6. Februar
       
       Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
       wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza
       in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme
       gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter
       [4][taz.de/meduza] immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber
       Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [5][taz Panter Stiftung]
       gefördert. 
       
       In der Woche vom 8. bis zum 14. Februar 2024 berichtete Meduza unter
       anderem über folgende Themen:
       
       ## Eine Newaljaschka mit Gefängnistätowierungen
       
       Am 10. Februar stellte ein Gericht in Krasnojarsk, der drittgrößten Stadt
       Sibiriens, den Künstler Wassili Slonow unter Hausarrest. Gegen ihn wurde
       ein Strafverfahren wegen des Anbringens „extremistischer Symbole“
       eingeleitet, weil er die Figur einer Newaljaschka – eine traditionelle
       Stehaufpuppe – mit Gefängnistätowierungen darauf angefertigt hatte. Die
       russischen Behörden sind der Meinung, dass das Kunstobjekt Referenzen an
       die verbotene AUU-Bewegung – eine informelle, gut versteckte und nur vage
       definierte Organisation russischer Krimineller – enthalte. [6][Meduza
       berichtet über den Vorfall] und lässt den Kunstkritiker Anton Chitrow die
       Kunst Slonows analysieren (russischer Text).
       
       Slonows Werke erinnern auf den ersten Blick oft an teure, kunstvolle
       Souvenirs aus Russland. Ein Beispiel: ein Feuerlöscher mit dem Konterfei
       Putins oder Putins Kopf auf einem Samowar. Andere „patriotische Geschenke“
       von Slonow sind ominöse Vorschlaghämmer mit den Logos der Privatarmee PMC
       Wagner. Sein Markenzeichen: imperialer Kitsch mit schwarzem Humor.
       
       Seit einer skandalösen Kunstausstellung in der russischen Stadt Perm wurde
       Slonow regelmäßig von FSB-Offizieren kontaktiert und befragt. Im letzten
       Jahr verhängte ein Gericht bereits eine Geldstrafe von 1.000 Rubel wegen
       des von ihm gestalteten Spielzeugs, nun folgt der Hausarrest.
       
       ## Kreml-Insider über Putin-Interview von Tucker Carlson
       
       Am 8. Februar veröffentlichte der US-Fernsehjournalist Tucker Carlson ein
       zweistündiges Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
       Meduza hat sich im Zuge dessen gefragt, was die russischen Beamten im Kreml
       wohl von dem Interview halten. Der Meduza-Sonderkorrespondent Andrej Perzew
       hat es [7][in diesem Beitrag zusammengefasst] (englischer Text).
       
       Die kremlnahen Quellen, mit denen Meduza sprechen konnte, sehen kaum
       Passagen, mit denen Putin im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen im
       März punkten könnte. Man merke: Das Gespräch sei für ein ausländisches
       Publikum bestimmt gewesen, so ein Beamter. Sowohl Beamte der
       Präsidialverwaltung als auch ein politischer Stratege, der mit dem Kreml
       bei der Wahl zusammenarbeitet, zeigten sich schockiert über den
       „prowestlichen“ Ton des Gesprächs zwischen Carlson und Putin. Für den
       politischen Strategen ist Putins Botschaft klar: „Ich möchte mit dem Westen
       sprechen, und zwar eher mit den US-Amerikanern als mit den Europäern, da
       sie [ohnehin] unter US-amerikanischem Einfluss stehen“.
       
       ## Human Rights Watch über Kriegsverbrechen in Mariupol
       
       Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat in Zusammenarbeit mit
       den Ermittlungsgruppen SITU Research und Truth Hounds eine umfangreiche
       neue Untersuchung über die großflächigen Zerstörungen und möglichen
       Kriegsverbrechen während des Angriffs auf die ukrainische Stadt Mariupol im
       Jahr 2022 veröffentlicht. Meduza fasst den 224-seitigen Bericht mit
       detaillierten Informationen über 14 tödliche Angriffe russischer
       Streitkräfte, [8][bei denen 18 Gebäude beschädigt oder zerstört wurden,
       zusammen] (englischer Text).
       
       Bei all diesen Angriffen fanden die Autoren „keine Beweise für eine
       ukrainische Militärpräsenz in oder in der Nähe der getroffenen Gebäude oder
       nur eine geringe Militärpräsenz“. Die russischen Besatzungstruppen hätten
       seit der Besatzung der Stadt damit begonnen, „eine neue Stadt nach
       russischem Vorbild“ zu errichten. Dabei habe sie Beweise an „Hunderten von
       potenziellen Tatorten“ beseitigt, schreibt Human Rights Watch. „Die
       Besatzungstruppen beseitigen auch Zeichen der ukrainischen Identität, indem
       sie unter anderem einen russischen Lehrplan für Schulen durchsetzen und
       Straßen umbenennen. Sie verlangen von den Bewohnern russische Pässe, um
       sich für bestimmte Jobs und Leistungen zu bewerben.“
       
       ## Warum Nadeschdin ausgeschlossen wurde
       
       Mehr als 9.000 Unterschriften, die der oppositionelle
       Präsidentschaftskandidat Boris Nadeschdin gesammelt hatte, um kandidieren
       zu dürfen, hat die russische Zentrale Wahlkommission für ungültig erklärt.
       Der Antikriegskandidat und Putins Gegner wurde somit nicht für die
       Präsidentschaftswahlen im März zugelassen.
       
       Meduza-Quellen zufolge wollte der Kreml Nadeschdin von Anfang an nicht
       erlauben, gegen Putin zu kandidieren. Und die Situation erhielt im
       vergangenen Monat eine neue Dringlichkeit, als Hunderttausende Russ*innen
       seine Kandidatur massiv unterstützen. Das traf die Behörden unvorbereitet.
       [9][Meduza-Sonderkorrespondent Andrej Perzew erklärt, warum der Kreml Angst
       vor Nadeschdin hat] (englischer Text).
       
       Putins Umfeld glaubt zwar nicht an einen Sieg Nadeschdins bei der Wahl.
       Doch selbst wenn er 10 Prozent oder mehr der Stimmen erhielte, wäre das ein
       klares Signal an die russische Gesellschaft.
       
       Putin will wohl mehr als 80 Prozent der abgegebenen Stimmen für sich
       sichern. Denn das wäre ein neuer Rekord in der russischen Geschichte. Ein
       gutes Ergebnis für Nadeschdin könnte ihm somit gefährlich werden: „Es würde
       zu offensichtlich, dass das Parteiensystem nichts mit echter Repräsentation
       zu tun hat – wenn eine Person ‚von der Straße‘ viele Stimmen erhält“, sagte
       eine Meduza-Quelle.
       
       14 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [9] https://meduza.io/en/feature/2024/02/08/it-would-show-something-is-wrong
       
       ## AUTOREN
       
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