# taz.de -- Nato-Treffen zu Ukraine: Militärbündnis ohne Plan B
       
       > Die Trump-Äußerungen sorgen beim Treffen der Nato-Minister weiter für
       > Unsicherheit. Am Freitag wird der ukrainische Präsident in Berlin
       > erwartet.
       
 (IMG) Bild: Unruhe beim Nato-Treffen in Brüssel: Generalsekretär Stoltenberg und US Nato-Botschafterin Smith beim Gruppenfoto
       
       BRÜSSEL taz | Die schlechte Nachricht platzte mitten in das Treffen der
       Nato-Verteidigungsminister in Brüssel: Das ukrainische Militär zieht sich
       teils aus der seit Monaten umkämpften Kleinstadt Awdijiwka im Osten des
       Landes zurück. In einigen Gebieten würden Truppen auf „vorteilhaftere
       Positionen“ verlegt, so ein Militärsprecher in Kyjiw am Donnerstag.
       
       Der taktische Rückzug passt in das düstere Lagebild, das Nato-Experten seit
       Wochen zeichnen. Nach der gescheiterten Gegenoffensive 2023 wäre schon viel
       gewonnen, wenn die Ukraine im laufenden Jahr ihre Stellungen halten könnte,
       sagte ein Diplomat. Ungewöhnlich pessimistisch äußerte sich auch
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
       
       Die Verzögerung bei der US-Hilfe mache sich bereits in der Ukraine
       bemerkbar, erklärte Stoltenberg in Brüssel. Details wollte Stoltenberg
       zunächst nicht nennen. In Nato-Kreisen ist aber von einem akuten
       Munitionsmangel die Rede. Wenn die USA nicht wie versprochen bald liefern
       und Hilfen im Wert von knapp 56 Milliarden Euro freigeben, droht auch ein
       Mangel an modernen Kriegswaffen.
       
       „Wenn wir Präsident Putin gewinnen lassen, wäre das nicht nur (…) eine
       Tragödie für die Ukrainer, sondern auch gefährlich für uns“, warnte
       Stoltenberg. Das US-Repräsentantenhaus dürfe d[1][ie geplanten
       Militärhilfen nicht länger blockieren]. Es sei auch im amerikanischen
       Sicherheitsinteresse, die Unterstützung für Kyjiw fortzusetzen.
       
       [2][Die Nato ist verunsichert, seit der frühere US-Präsident Donald Trump
       seine alte Drohung wiederholt hat, „säumige“ Alliierte nicht mehr zu
       unterstützen] und Russland freien Lauf zu lassen. Trump und seine
       republikanischen Parteifreunde im US-Kongress sind es auch, die die von
       Präsident Joe Biden angekündigten Ukraine-Hilfen blockieren.
       
       ## Deutschland will Führungsrolle einnehmen
       
       Doch einen Plan B hat die US-geführte Militärallianz nicht. Kurz vor der
       Münchener Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt, schrieben die
       Verteidigungsminister am Donnerstag in Brüssel ihre Pläne fort, als wenn
       nichts geschehen wäre. Vor allem Bundesverteidigungsminister Boris
       Pistorius bemühte sich um Business as usual. Die von Trump ausgelöste
       Atomwaffen-Debatte sei unnötig und nicht hilfreich, sagte er schon am
       Mittwoch.
       
       Am zweiten Tag des Nato-Treffens konzentrierte sich Pistorius auf gute
       Nachrichten. Deutschland werde in diesem Jahr die vereinbarte Zielmarke von
       zwei Prozent bei den Rüstungsausgaben erreichen, dies sei „ein wichtiges
       Signal“. Das größte EU-Land sei bereit, eine Führungsrolle in der Nato zu
       spielen, fügte der SPD-Politiker hinzu.
       
       Schon jetzt sei Deutschland die „logistische Drehscheibe“ der Nato in
       Europa. „Damit übernehmen wir Führungsaufgaben.“ Als Erfolg wertet es
       Pistorius auch, dass sich Griechenland und die Türkei der deutschen
       Initiative für eine gemeinsame Luftverteidigung in Europa anschließen. Die
       „European Sky Shield“-Initiative hat nun 21 Mitglieder.
       
       Die großen EU-Länder Frankreich, Italien und Polen sind allerdings weiter
       nicht dabei. Paris stößt sich daran, dass für das Projekt auch Technologie
       aus Israel und den USA eingekauft werden soll. Warschau vertraut auf die
       USA, Rom zögert. Zumindest bei der Luftverteidigung sind die europäischen
       Reihen noch nicht geschlossen.
       
       Bis zum Nato-Jubiläumsgipfel im Juli in Washington soll sich das aber noch
       ändern. Zunächst konzentriert sich die Aufmerksamkeit allerdings auf den
       ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenski, der am Freitag sowohl
       Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin als auch Frankreichs Präsident Emmanuel
       Macron in Paris besuchen wird. Am Samstag wird Selenski zudem auf der
       Münchner Sicherheitskonferenz erwartet.
       
       Der Élysée teilte am Donnerstag mit, Selenski und Macron würden bei ihrem
       Treffen ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterzeichnen. Die Vereinbarung
       folge „den Verpflichtungen, die im G7-Format am Rande des Nato-Gipfels in
       Vilnius im Juli 2023 eingegangen“ worden seien. Dabei geht es um
       Sicherheitsgarantien nach dem Krieg. Ein ähnliches Abkommen wird zwischen
       Kyjiw und Berlin erwartet. Mit Großbritannien hat die Ukraine bereits eine
       bilaterale Vereinbarung. Die Sicherheitsabkommen gelten als eine Art
       Trostpflaster, da die Ukraine bis auf Weiteres nicht in die Nato
       aufgenommen werden dürfte.
       
       15 Feb 2024
       
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 (DIR) Eric Bonse
       
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