# taz.de -- EU-Gesetz zur Plattformarbeit: Ende der Scheinselbständigkeit
       
       > Wer für Uber oder den Kurierdienst fährt, ist auf dem Papier bisher
       > häufig selbständig. Das neue EU-Gesetz zur Plattformarbeit soll das
       > ändern.
       
 (IMG) Bild: Lieferdienst-Fahrer auf einer Brücke in Wiesbaden
       
       BRÜSSEL taz | Rückschlag für die FDP, Erfolg für Kurierfahrer und
       Online-Lieferanten: Die EU hat sich doch noch auf ein Gesetz zur so
       genannten [1][Plattformarbeit] geeinigt. Damit wird die
       Scheinselbständigkeit für Uber-Fahrer und Deliveroo-Kuriere eingedämmt. Die
       Beschäftigten sollen mehr Rechte und eine bessere Sozialversicherung
       bekommen.
       
       Dass doch noch eine Einigung zustande kam, ist eine Überraschung. Neben
       Frankreich hatte sich auch Deutschland enthalten – wegen des
       [2][Widerstands der FDP]. Diesmal reichte das so genannte „German Vote“
       (die Enthaltung) aber nicht zur Blockade. Denn 25 EU-Staaten stimmten zu,
       so dass die nötige qualifizierte Mehrheit erreicht wurde.
       
       Das Gesetz soll dafür sorgen, dass Beschäftigte bei Online-Plattformen
       unter bestimmten Bedingungen als voll angestellt gelten und damit auch mehr
       Rechte genießen. Bislang sind etwa Uber-Fahrer oder Fahrradkuriere auf dem
       Papier häufig selbständig und deshalb auch nicht über ihren Arbeitgeber
       sozialversichert.
       
       Das soll sich nun ändern. Dafür wird die Beweispflicht umgekehrt – künftig
       müssen die Plattformen beweisen, dass ihre Mitarbeiter tatsächlich
       selbständig tätig sind. Ansonsten gelten sie als Festangestellte. Doch
       statt der zunächst geplanten einheitlichen EU-Regeln sollen die nationalen
       Regeln der 27 EU-Staaten maßgeblich sein.
       
       Der belgische EU-Vorsitz lobte die Einigung als Meilenstein auf dem Weg zum
       „sozialen Europa“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach von
       einem Durchbruch: „Scheinselbstständigkeit und prekäre Arbeitsbedingungen
       werden so zurückgedrängt.“ Die FDP sei nicht kompromissfähig und könne
       daher auch nicht mitgestalten.
       
       ## Auch Soloselbständige gestärkt
       
       Lauter Beifall kam von den Gewerkschaften. „Diesmal hat die FDP es nicht
       geschafft, ein wichtiges europäisches Gesetzgebungsvorhaben zu blockieren“,
       freute sich Verdi-Chef Frank Wernicke. Auch Soloselbständige würden
       gestärkt. „Wir haben gewonnen“, hieß es beim Europäischen Gewerkschaftsbund
       EGB. Dies sei ein wichtiger Erfolg, da die Zahl der Online-Arbeiter ständig
       ansteige.
       
       Nach Angaben der EU arbeiten knapp 30 Millionen Menschen als sogenannte
       Plattformarbeiter. Seit der Vorlage des Gesetzentwurfs vor 800 Tagen sei
       ihre Zahl um mehr als ein Drittel gestiegen, teilte der EGB mit. Denn immer
       mehr Menschen shoppen online – und lassen sich ihre Bestellungen dann von
       Kurieren anliefern.
       
       12 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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