# taz.de -- Gleichberechtigung beim Schützenfest: Auch Frauen dürfen mitmarschieren
       
       > Erstmals nach 628 Jahren dürfen Frauen beim Schützenfest im
       > niedersächsischen Stadthagen mitmarschieren. Es war ein zehnjähriger
       > Kampf.
       
 (IMG) Bild: Schützenfeste sind noch immer meist: Männersache
       
       HAMBURG taz | Schützenfesten haftet [1][viel Rückschrittliches an]: Da
       marschieren Männer in Reih und Glied in schwarzem Anzug, mit Zylinder und
       Holzgewehr auf der Schulter durch die Straßen; Spielmannszüge und
       Blaskapellen geben den Takt vor; mal hier ein Bier, mal da einen Schnaps
       reichen die Mitbürger:innen vom Straßenrand. Bei den „geselligen“
       Zusammenkünften in den Festzelten krakeelen heisere Herren Heimatlieder.
       
       So auch im niedersächsischen Stadthagen, der Kreisstadt des Landkreises
       Schaumburg-Lippe, in dem das Schützenfest noch immer eine große Sache ist:
       Jährlich wird es im Sommer über fünf Tage hinweg gefeiert, 628 Mal bereits
       und damit sogar länger als in der benachbarten Landeshauptstadt Hannover,
       die für sich in Anspruch nimmt, das größte Schützenfest der Welt zu
       beheimaten.
       
       Doch während Frauen [2][beim Schützenfest in Hannover] mittlerweile sogar
       das Amt der Bruchmeisterin bekleiden dürfen, sah es lange so aus, als würde
       das Schützenfest in Stadthagen für immer Männersache bleiben.
       
       Im Laufe der Zeit war das echte Gewehr durch ein Holzgewehr ersetzt worden,
       bei den abendlichen Bällen legt ein DJ auf und junge Stadthäger haben eine
       eigene Rott, wie die Schützengruppen heißen, gegründet – eines aber blieb
       immer konstant: Frauen hatten auf den Schützenmärschen nichts zu suchen.
       
       ## Frauen in der „eher passiven Rolle“
       
       Doch nun haben sich sieben Stadthäger Frauen zu einer eigenen Rott
       zusammengeschlossen, gleichberechtigt mit den anderen 15 Rotts nehmen sie
       im Sommer am Festprogramm des Volksfests teil. Es sei bisher ja nicht so
       gewesen, dass Frauen gar nicht am Schützenfest beteiligt waren, sagt Tania
       Dählmann, die das Frauenrott anführt. „Aber sie waren eben in einer eher
       passiven Rolle.“
       
       Konkret bedeutete das: Für das morgendliche Zusammenkommen der Herren in
       den Rotts schmierten sie die Mettbrötchen, zapften das Bier, durften ja
       abends bei den Partys und Festbällen mittanzen. Aber der Zusammenschluss in
       den Rotts blieb einzig Männern vorbehalten.
       
       Vor zehn Jahren hatte es schon einmal einen Anlauf gegeben. Damals hatte
       Simone Mensching, angestellt bei der Paritätischen Lebenshilfe vor Ort,
       vorgeschlagen, ein Frauenrott auf dem Schützenfest mitmarschieren zu
       lassen. Die Forderung führte zu ziemlich erbitterten Auseinandersetzungen:
       Die städtische Frauenbeauftragte schaltete sich ein ebenso wie der
       Bürgermeister, der NDR berichtete [3][und auch die taz].
       
       Am Ende gab es ein rigoroses, einstimmiges Nein der männlichen Entscheider
       im sechsköpfigen Festkomitee. „Wir haben damals zwar verloren, aber einige
       Konflikte wegräumen können“, sagt Mensching, die sich mittlerweile aus der
       Debatte herausgezogen hat.
       
       ## Diesmal kaum Widerstände
       
       Beim neuerlichen Anlauf der Stadthäger Frauen gab es den Winter über bis
       zur jetzigen Entscheidung tatsächlich kaum kontroverse Diskussionen – auch
       weil die Frauen klarstellten, dass sie sich den männlichen Schützen
       anpassen wollen, etwa hinsichtlich der Bekleidung.
       
       Das entscheidende Festkomitee führte im Vorfeld Gespräche, holte in einer
       Abstimmung unter den aktiven Schützen ein Stimmungsbild ein. Die Mehrheit
       der Männer hatte ihre Vorbehalte aufgegeben, sodass das Komitee seine
       Entscheidung von damals revidierte.
       
       „Es ist schön zu sehen, wenn sich etwas tut“, sagt Mensching, die in
       Stadthagen mit dem Schützenfest aufgewachsen ist. Zur 629. Auflage im
       kommenden Juni marschiert dann auf dem Stadthäger Marktplatz der
       „Julianen-Rott“ auf – benannt nach einer [4][Regentin das Fürstentums
       Schaumburg-Lippe], die als reformorientierte und tolerante Herrscherin
       galt.
       
       9 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /Maennertradition/!5215489
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Juliane_von_Hessen-Philippsthal
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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