# taz.de -- Dieselklage gegen Mercedes: Autobauer muss blechen
       
       > Im Dieselskandal wollen Verbraucherschützer Schadenersatz für
       > Mercedes-Kunden erstreiten. Nun waren sie vor Gericht in wichtigen
       > Punkten erfolgreich.
       
 (IMG) Bild: Noch hat Mercedes-Benz niemanden entschädigt
       
       BERLIN dpa/afp/taz | Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz hat in
       bestimmten Dieselautos unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut – und
       diese Fahrzeuge teilweise wissentlich verkauft. Das geht aus einem
       Musterfeststellungsurteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart hervor,
       dass der vorsitzende Richter Thilo Rebmann am Donnerstag verkündete. Das
       Gericht stellte das „bedingt vorsätzliche Handeln“ von
       Mitarbeiter:innen des Unternehmens fest, woraus sich für
       Mercedes-Kund:innen ein Anspruch auf Schadenersatz ergebe.
       
       Damit haben sich Verbraucherschützer:innen in Teilen mit einer Klage
       durchgesetzt, die sie im Zuge des Dieselskandals gegen Mercedes eingereicht
       hatten. In der Musterklage hatte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband
       (vzbv) auf Mercedes-Modelle der Reihen GLK und GLC mit einem bestimmten
       Motortyp des konzentriert, die 2018 und 2019 von Rückruf-Bescheiden des
       Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) betroffen waren.
       
       Nach [1][KBA-Auffassung hatte Mercedes in diesen Wagen unzulässige
       Abschalteinrichtung verbaut] – und so die Reinigung von Diesel-Abgasen
       eingeschränkt. Mercedes hatte die Vorwürfe damals bestritten.
       
       Wie viele Autobesitzer:innen nun Anspruch auf Schadenersatz haben
       könnten, war zunächst offen. Der Klage hatten sich nach Angaben des vzbv
       rund 2.800 Menschen angeschlossen. Allerdings wies die Kammer Teile der
       Klage ab.
       
       ## Mercedes-Mitarbeitende sollen Bescheid gewusst haben
       
       Das Oberlandesgericht stellte zunächst unter Verweis auf das KBA fest, dass
       die fraglichen Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen verkauft
       wurden. Schadenersatzanspruch hätten die Käufer:innen nur, sollte der
       Hersteller sie dadurch „vorsätzlich geschädigt“ haben. Zumindest für die
       Euro-5-Modelle habe der vzbv ein vorsätzliches Handeln von Mercedes nicht
       darlegen können, erklärte das Gericht.
       
       [2][Bei den Euro-6-Modellen] urteilten die Richter hingegen, dass
       Mercedes-Mitarbeiter:innen „zumindest billigend in Kauf genommen“ hätten,
       dass die Autos mit unrechtmäßigen Systemen ausgestattet waren, als die
       Fahrzeuge auf den Markt kamen. Der vzbv hatte insbesondere auf
       rechtskräftige Strafbefehle gegen drei Mercedes-Mitarbeitende wegen
       gewerbsmäßigen Betrugs verwiesen, von denen einer auch die fraglichen
       Euro-6-Modelle betrifft.
       
       Sowohl die Verbraucherschützer:innen als auch Mercedes können noch
       Rechtsmittel gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof einlegen. Erst wenn
       das Urteil in Karlsruhe Bestand hat, können Verbraucher:innen ihr Recht
       auf Schadenersatz durchsetzen.
       
       Eine Musterfeststellungsklage soll zunächst den grundsätzlichen Anspruch
       auf Schadenersatz feststellen. Anschließend müssen die Verbraucher die
       konkreten Summen individuell einklagen.
       
       ## Mercedes geht in Berufung
       
       Mercedes kündigte kurz nach dem Urteil an, Revision einlegen zu wollen.
       „Wir vertreten eine andere Rechtsauffassung als das Gericht“, sagte ein
       Sprecher. Man halte die Ansprüche gegen das Unternehmen weiterhin für
       unbegründet und werde sich dagegen verteidigen. Die
       Unternehmensentscheidungen beim Verkauf der strittigen Modelle seien „zum
       damaligen Zeitpunkt zumindest vertretbar“ gewesen und „jedenfalls nicht in
       der Absicht unrechtmäßig zu handeln“ getroffen worden.
       
       Der vzbv [3][verbuchte das Urteil des Stuttgarter OLG dennoch als Erfolg].
       „Nun sind wichtige Weichen für Schadenersatzansprüche gestellt“, erklärte
       Ronny Jahn, der beim vzbv für Sammelklagen zuständig ist.
       
       „Von dem Urteil profitieren nur rund 2.800 Teilnehmer der Klage direkt“,
       erklärte der Anwalt Claus Goldenstein, der nach eigenen Angaben tausende
       Autokäufer:innen bei Klagen im Zusammenhang mit dem
       Diesel-Abgasskandal vertritt. Die Entscheidung sende dennoch ein positives
       Signal an Verbraucher:innen.
       
       Der Abgasskandal habe unter anderem zu Wertverlusten der Fahrzeuge geführt.
       „Insofern ist es nur folgerichtig, dass die Halter von illegal
       manipulierten Mercedes-Fahrzeugen [4][einen Teil des ursprünglich gezahlten
       Kaufpreises zurückfordern] können.“
       
       Vor dem Bundesgerichtshof läuft außerdem [5][eine Klage der Deutschen
       Umwelthilfe (DUH) gegen den Autobauer]. Hintergrund ist in diesem Fall,
       dass Mercedes-Benz laut DUH seine Klimaverpflichtungen missachte. Mit der
       Klage will die Umwelthilfe erreichen, dass Mercedes bis 2030 den Verkauf
       klimaschädlicher Verbrenner-Neuwagen stoppt.
       
       28 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Stilllegung-wegen-Abgasmanipulation/!5960466
 (DIR) [2] /Einigung-der-EU/!5977906
 (DIR) [3] https://www.vzbv.de/urteile/diesel-urteil-mercedes-muss-verantwortung-fuer-abschalteinrichtung-uebernehmen
 (DIR) [4] /Urteil-zum-Dieselskandal/!5942939
 (DIR) [5] /Umwelthilfe-zieht-Mercedes-vor-Gericht/!5969656
       
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