# taz.de -- Anti-Drogen-Krieg auf den Philippinen: Eine schrecklich blutige Familie
       
       > Im Süden der Philippinen startet der Duterte-Clan wieder einen blutigen
       > Krieg gegen die Drogen. Präsident Marcos Jr. geht nur etwas auf Distanz.
       
 (IMG) Bild: Präsident Ferdinand Marcos Jr. (weißes Hemd) und sein Innenminister begutachten am Dienstag 1,4 Tonnen beschlagnahmter Drogen
       
       BERLIN taz | „Ich sage es euch jetzt: stellt euch, kommt raus oder ich
       bringe euch um!“ Mit diesen Worten erklärte Sebastian Duterte,
       Bürgermeister der südphilippinischen Millionenstadt Davao City,
       Drogenkonsumenten und -dealern am 22. März den Krieg.
       
       Den Worten des Bürgermeisters folgten unmittelbar Taten. In nur 24 Stunden
       wurden in der Großstadt auf der Insel Mindanao fünf mutmaßliche Dealer von
       der Polizei erschossen. Viele weitere Morde folgten bis heute, mutmaßlich
       begangen von der Polizei und den berüchtigten Davao-Todesschwadronen.
       
       Sebastian Duterte habe eine weitere Runde willkürlicher Hinrichtungen durch
       die Polizei ausgelöst, sagt Bryony Lau, Vize-Asien-Direktorin von Human
       Rights Watch. „Aber die traurige Realität ist, dass diese Morde nie
       aufgehört hatten.“
       
       Die Davao-Todesschwadrone waren von Rodrigo Duterte, Davaos
       Langzeitbürgermeister und Vater des heutigen Amtsinhabers, 2007 ins Leben
       gerufen worden. Damals rief der Senior mit den gleichen Worten wie jetzt
       sein Sohn seinen „Drogenkrieg“ aus.
       
       Hunderte Menschen wurden in Davao in den folgenden Jahren umgebracht. Als
       Rodrigo Duterte im Jahr 2016 Staatspräsident wurde, weitete er den
       Drogenkrieg auf das ganze Land aus.
       
       Den neuen Drogenkrieg des Sohnes in Davao kann man durchaus als
       Eingeständnis des Scheiterns der Politik seines Vaters sehen, den massiven
       Drogenkonsum mit blutiger Gewalt auszumerzen. Seit gut 33 Jahren regieren
       die Dutertes Davao, ohne dass sich am unbestreitbar existierenden
       Drogenproblem etwas geändert hat.
       
       ## Die Kluft wird immer größer
       
       Als Duterte Sr. Präsident wurde, wurde zunächst seine Tochter Sara
       Bürgermeisterin. Ihr Bruder Paolo wurde Vizebürgermeister, bis er seinen
       Posten auch wegen Gerüchten über seine Verwicklung im Drogenschmuggel im
       großen Stil räumen musste.
       
       Als Sara Duterte 2022 zur Vizepräsidentin von Ferdinand „Bongbong“ Marcos
       Jr., dem Nachfolger ihres Vaters im Präsidentenamt, gewählt wurde, rückte
       ihr Bruder Sebastian auf den Bürgermeisterstuhl von Davao.
       
       In der bisher rund 20-monatigen [1][Präsidentschaft von Marcos Jr.] wurden
       mehr als 580 Menschen bei Drogenrazzien erschossen. In diesem Jahr waren es
       bis Mitte März 75.
       
       In einem Drittel der Fälle [2][waren Polizisten die mutmaßlichen Täter].
       Diese Zahlen stammen aus [3][den monatlich auf X veröffentlichten Daten]
       des [4][Forschungsprojekts D]ahas zu Gewalt, Drogenkrieg und
       Menschenrechten der Universität der Philippinen. Davao sei einer der
       Hotspots der extralegalen Tötungen.
       
       Zum Vergleich: In der sechsjährigen Amtszeit von Duterte Sr. wurden laut
       Polizei mehr als 6.400 angebliche Drogenkriminelle auf offener Straße
       erschossen. Menschenrechtler gehen hingegen von bis zu 30.000 Morden aus,
       von denen die meisten von Todesschwadronen begangen worden sein sollen.
       
       Die Opfer waren mutmaßliche Drogenkonsumenten oder Kleindealer aus den
       Armenvierteln, während die großen Drogenbarone und [5][ihre Helfer aus
       Polizei, Zoll und Behörden] weitgehend unbehelligt blieben.
       
       Unter Marcos Jr. wurden von Polizei und Zoll immer wieder große
       Drogenmengen beschlagnahmt. Zuletzt am Montag dieser Woche 1,4 Tonnen Shabu
       (Metamphetamine) in der Provinz Batangas.
       
       „Das ist die größte Lieferung Shabu, die hier je beschlagnahmt wurde.
       Niemand ist gestorben, es gab keine Schießerei, niemand wurde verletzt. Wir
       sind einfach präzise vorgegangen“, rühmte Marcos Jr. seinen „unblutigen
       Drogenkrieg“ und ging damit auf Distanz zu den Dutertes.
       
       Vom „Team der Einheit“ des [6][Marcos-] und des Duterte-Clans ist knapp
       zwei Jahre nach dem Wahlsieg nicht mehr viel übrig. Die Kluft zwischen den
       beiden Politdynastien wird bei wichtigen politischen Themen immer größer.
       Bei den kommenden Zwischenwahlen zum Parlament im Mai 2025 werden die
       Weichen für die Präsidentschaftswahl 2028 gestellt.
       
       17 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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