# taz.de -- Nach der Wahl in Portugal: Rechter Premier braucht Sozialisten
       
       > Portugals neuer konservativer Premier Luís Montenegro will eine
       > Minderheitsregierung führen. Bisher stützt ihn nur der Rückhalt des
       > Präsidenten.
       
 (IMG) Bild: Antonio Costa (rechts) begrüßt Luís Montenegro zu einem Treffen im Sao-Bento-Palast in Lissabon am 27.03.2024
       
       MADRID taz | Portugal bekommt erstmals seit acht Jahren wieder einen
       konservativen Ministerpräsidenten. Der Spitzenkandidat des rechten
       Wahlbündnisses Alianza Democrática (AD), Luís Montenegro, und sein
       17-köpfiges Kabinett, sollten noch am Dienstagabend vereidigt werden.
       
       Die AD hatte die portugiesische Parlamentswahl am 10. März mit 28,8 Prozent
       sehr knapp gewonnen. Allerdings verfügt Montenegro nur über 80 der 230
       Sitze im Parlament und ist damit weit von der Mehrheit in der Versammlung
       der Republik entfernt.
       
       Montenegro wird eine Minderheitsregierung führen. Die einzige Alternative
       dazu wäre eine Koalition mit der rechtsextremen Partei Chega („Genug“). Die
       Formation rund um den ehemaligen TV-Moderator André Ventura verfügt über 50
       Sitze. Doch Ventura will Montenegro nur dann dauerhaft unterstützen, wenn
       er mit am Kabinettstisch sitzen kann. [1][Montenegro lehnte ein solche
       formale Koalition bisher strikt ab.]
       
       Der Preis: eine Fundamentalopposition der extremen Rechten. Was dies
       bedeutet, hat schon das Hin und Her bei der Bildung des
       Parlamentspräsidiums in der vergangenen Woche gezeigt. Diese gelang erst im
       zweiten Anlauf, nach dem die Sozialisten (PS), die über 78 Sitze verfügen,
       Montenegro aus der Patsche halfen.
       
       ## Sozialisten wollen Montenegro nicht dauerhaft stützen
       
       AD und PS einigten sich auf eine Rotation auf dem Posten des
       Parlamentspräsidenten. Die ersten zwei Jahre gehen an die AD, die kommenden
       zwei an die PS – wenn es denn überhaupt zu einer vier Jahre andauernden
       Legislaturperiode kommt. Denn der Chef der Sozialisten, Pedro Nuno Santos,
       besteht darauf, dass er für eine dauerhafte Unterstützung Montenegros oder
       gar eine große Koalition nicht zur Verfügung stehen werde.
       
       Der 51-jährige Anwalt Montenegro gehört seit 2002 dem portugiesischen
       Parlament an. Seit 2022 ist er Vorsitzende der konservativen
       Sozialdemokratischen Partei (PSD), die den Kern des Bündnisses AD
       darstellt.
       
       In seinem Kabinett sitzen mehrere erfahrene Politiker aus den Reihen der
       Konservativen. Außenminister wird der langjährige Europaabgeordnete Paulo
       Rangel. Das Finanzministerium führt künftig Joaquim Miranda Sarmento,
       bisher Fraktionschef der PSD. Wirtschaftsminister wird Pedro Reis, früherer
       Leiter der Behörde für Exportförderung und Auslandsinvestitionen. Sieben
       der 17 Ministerposten gehen an Frauen, darunter Richterin Margarita Blasco
       als Innenministerin.
       
       Vor der Vereidigung des Kabinetts von Montenegro findet nicht, wie etwa in
       Deutschland oder Österreich notwendig, eine Vertrauensabstimmung im
       Parlament statt. Montenegro wird vereidigt, weil Staatspräsident Marcel
       Rebelo de Sousa ihn ernannt hat.
       
       ## Ein Deal ist nicht ausgeschlossen
       
       Wirklich ernst wird es deshalb erst am Donnerstag kommender Woche. Dann
       muss Montenegro sein Regierungsprogramm im Parlament vorlegen und die
       dortige Mehrheit hinter sich vereinen. Montenegro erklärte immer wieder, er
       hoffe, dass ihn die Sozialisten regieren lassen. Diese könnten tatsächlich
       – im Gegenzug für Sozialmaßnahmen im Regierungsprogramm – einwilligen.
       Damit wäre der AD-Chef erst mal wirklich im Amt.
       
       Doch dann kommt der Regierungsalltag. Montenegro muss für jede Maßnahme
       eine eigene Mehrheit verhandeln oder per Dekret regieren. Letzteres ist
       möglich, aber unterliegt einem Kontrollmechanismus durch das Parlament.
       Wenn nur 10 der 230 Angeordneten eine Debatte zur Beurteilung der Maßnahme
       fordern, muss diese stattfinden. Chega hat 50 Abgeordnete und kann dies
       leicht durchsetzen.
       
       So richtig ernst wird es für Montenegro schließlich mit der
       Haushaltsdebatte im Herbst. Dann wird er einmal mehr auf die Sozialisten
       zugehen müssen, will er nicht mit Chega zusammengehen. Einmal mehr könnten
       soziale Maßnahmen einen solchen Pakt ermöglichen. Sicher ist nur:
       Montenegro wird mindestens sechs Monate im Amt sein. Denn solange darf
       Präsident Rebelo de Sousa laut Verfassung keine Neuwahlen ausrufen.
       
       2 Apr 2024
       
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 (DIR) Reiner Wandler
       
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