# taz.de -- Berlins scheidender SPD-Chef Saleh: Der Steuermann hat sich verzockt
       
       > Raed Saleh ist im Kampf um seine Zukunft als SPD-Landeschef brachial
       > gescheitert. Gut möglich, dass nun ungemütliche Zeiten auf die Partei
       > zukommen.
       
 (IMG) Bild: Raed Salehs Machtbereich ist künftig wieder ausschließlich die SPD-Fraktion
       
       Der bislang mit allen Wassern gewaschene Taktiker Raed Saleh hat sich
       verschätzt und – noch mehr – überschätzt. Das [1][Ergebnis der
       Mitgliederbefragung um den künftigen Vorsitz der Berliner SPD] ist
       überdeutlich: Die eigenen Genoss:innen wollen den Landeschef nicht
       länger an ihrer Spitze sehen.
       
       Dass es im Rennen der drei Duos um den Parteivorsitz nicht für Platz eins
       reichen würde, war absehbar. Dass Saleh es gemeinsam mit der jungen und
       dezidiert links verorteten Bezirkspolitikerin Luise Lehmann mit trostlosen
       15,7 Prozent der abgegebenen Stimmen aber nicht einmal in Sichtweite von
       Platz zwei schafft, überrascht dann doch.
       
       Die brachiale Niederlage zeigt dabei, dass die Mitglieder an der SPD-Basis
       – die in weiten Teilen ein unbekanntes, weil inaktives Wesen sind – keine
       Lust mehr haben auf die Art und Weise, wie Saleh Politik macht. Wenn es in
       den vergangenen Jahren brenzlig wurde für ihn und seine Positionen, dann
       sortierte der „große Steuermann“ seine innerparteilichen Truppen. Dann
       wurde telefoniert, dann gab es Vieraugengespräche. Bis die Richtung wieder
       stimmte.
       
       Noch-Parteichef Raed Saleh und Noch-Parteichefin Franziska Giffey haben die
       Hauptstadt-SPD gemeinsam zu einer Top-down-Organisation gemacht, was unter
       den einfachen Mitgliedern, aber auch vielen Funktionär:innen für ein
       veritables Frustpotenzial gesorgt hat.
       
       ## Putsch der Fraktion gegen Saleh ist nicht in Sicht
       
       Das ließ sich zuletzt detailliert in einer Analyse der Wahlen 2021 und 2023
       nachlesen, den der Landesvorstand selbst in Auftrag gegeben hatte. Auch
       wenn in [2][dem vernichtenden Dokument] die Wahlschlappen und der desolate
       Gesamtzustand der Partei vor allem der Spitzenkandidatin Giffey
       zugeschrieben wurden. Raed Saleh, seit 2011 Fraktionschef im
       Abgeordnetenhaus und seit 2020 Parteivorsitzender, war mitgemeint.
       
       Der Spandauer wollte oder konnte nicht erkennen, dass seine Zeit an der
       Spitze der Partei ebenso vorbei ist wie die von Giffey. Nun hat er dafür
       die Quittung bekommen. Für Spekulationen, Saleh könnte nach dem Partei-
       auch den Fraktionsvorsitz abgeben, scheint es gleichwohl zu früh.
       
       Ein Putsch der Fraktionsmitglieder gegen ihren Chef ist erstens nicht in
       Sicht. Wer Saleh kennt, weiß zweitens, dass er nicht ohne weiteres
       freiwillig von der Macht lassen wird. Sein Wirkungsbereich ist fortan
       wieder ausschließlich die SPD-Fraktion. Diese Position dürfte er weidlich
       nutzen wollen und weiter auszubauen versuchen. Motto: Mir egal, wer unter
       mir Parteivorsitzender ist.
       
       Tatsächlich dürfte interessant werden, wie sich Salehs Verhältnis zu seinen
       Nachfolger:innen gestaltet. Einen Vorgeschmack lieferten jetzt schon
       mal [3][die erbittert geführten Diskussionen über Salehs Politik der
       generellen Gebührenfreiheit in Kita und Schule].
       
       Egal wie die Entscheidung um den künftigen Parteivorsitz am Ende ausgeht:
       Die SPD könnte sich mit zwei konkurrierenden Machtzentren auf absehbare
       Zeit weiter vor allem mit sich selbst beschäftigen. Das war noch nie eine
       gute Idee.
       
       21 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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