# taz.de -- Rekordjagd von Bayer Leverkusen: In der Extrazeit
       
       > 46 Pflichtspiele ohne Niederlage: Meister Bayer Leverkusen setzt seinen
       > Lauf auch gegen den Stuttgart fort – mit einem 2:2 in letzter Minute.
       
 (IMG) Bild: Spätstarter: Robert Andrich trifft in der Nachspielzeit zum Ausgleich
       
       Der Moment, in dem der gelebte Wahnsinn um ihn herum in die nächste Runde
       ging, entlockte Xabi Alonso eine geradezu rührende Reaktion. Links und
       rechts von ihm hüpften, rannten und sprangen Leverkusener Spieler, Betreuer
       und Offizielle wie von Sinnen über den Rasen, weil es tatsächlich schon
       wieder passiert war: Ein Treffer tief in der Nachspielzeit, diesmal zum 2:2
       gegen Stuttgart, der das moderne Fußballmärchen von der Unbesiegbarkeit des
       deutschen Meisters weiter fortschrieb.
       
       Und was machte Alonso, der Chefdompteur dieses unglaublichen Ensembles?
       Legte eine elegante Drehung ein, den Blick weg von den jubelnden Kickern.
       Dann lächelte er etwas ungläubig und rieb sich mit beiden Händen kurz über
       den Hinterkopf.
       
       Verlegen wie ein Teenager bei seinem ersten Date wirkte der 42-Jährige da –
       und später kramte er ein wenig in seinen Erinnerungen. Einen WM- und zwei
       EM-Titel gewann er mit Spanien, triumphierte mit Real Madrid und Liverpool
       in der Champions League. Und nun, in seiner ersten kompletten Saison als
       Coach der Werkself, die nicht nur drauf und dran ist, neben der
       Meisterschaft noch zwei weitere Trophäen an die Dhünn zu holen, sondern das
       Ganze Woche für Woche auch noch mit reichlich Drama und Emotionen würzt?
       „Es gibt keine Erklärung dafür, warum so etwas im Fußball passiert“, hob
       Alonso nur staunend die Schultern. Und: „Ich habe so etwas noch nicht so
       oft erlebt.“
       
       So etwas – das sind nach dem Remis gegen den VfB mittlerweile 46
       Pflichtspiele hintereinander ohne Niederlage, [1][ein einmaliger Wert in
       Europas Top-Ligen]. Vor allem aber sind es die Treffer in der Extrazeit,
       die seine Mannschaft wie am Fließband liefert. Allein seit sich die
       Leverkusener vor zwei Wochen die nationale Krone aufgesetzt haben, glichen
       sie in jeder der drei nachfolgenden Partien spät aus: Beim 1:1 bei West Ham
       United im Viertelfinale der Europa League nach 89 Minuten. Dann vor einer
       Woche in Dortmund und nun gegen die Schwaben auf den allerletzten Drücker.
       
       ## „Viele Spezialmomente“
       
       Übergreifend kommen die Rheinländer inzwischen auf 16 Tore in der
       Nachspielzeit. „Wir haben viele Spezialmomente in den letzten Minuten.
       Letzte Woche in Dortmund war der Moment ein bisschen emotional. Aber heute
       konnte ich es nicht glauben, dass wir es wieder geschafft haben“, sagte
       Xabi Alonso. Natürlich ist es längst das Ziel der Leverkusener, neben dem
       möglichen Triple auch noch als erster Bundesligist in die Annalen
       einzugehen, der es ungeschlagen durch eine ganze Saison geschafft hat.
       
       Die Stuttgarter mit ihrem klugen und ambitionierten Trainer Sebastian
       Hoeneß lieferten Alonsos Team in dieser Saison bereits zwei Mal heroische
       Duelle: Beim Hinspiel-1:1 in der Liga im Dezember – und beim 2:3 im
       Pokal-Viertelfinale im März, als Bayer, nach zweimaliger VfB-Führung,
       ebenfalls erst ganz am Schluss zum Sieg traf.
       
       Diesmal lagen die Süddeutschen nach einer taktischen geprägten, torlosen
       ersten Halbzeit im zweiten Abschnitt durch Chris Führich und Deniz Undav
       sogar 2:0 vorne. Und hätte ihr Starstürmer Serhou Guirassy auch nur eine
       seiner vier Großchancen genutzt, hätten Amine Adli und Andrich die
       Gastgeber in einem „sehr verrückten“ (Alonso) zweiten Durchgang wohl kaum
       mehr auf pari gebracht.
       
       Für multiplen Stuttgarter Ärger sorgte die Vorgeschichte zu Andrichs
       Last-Minute-Ausgleich: Zunächst hatte der frisch eingewechselte Pascal
       Stenzel mit einem eher sanften, aber eben auch ungeschickten Foul an Adli
       einen Freistoß verursacht. Als der dann vor das Tor gesegelt war, drückte
       erst Bayer-Angreifer Victor Boniface seinen Gegenspieler Anthony Rouault
       von hinten weg und dann sprang der Ball, ehe er vor Andrichs Füßen landete,
       noch an die – angelegte – Hand von Leverkusens Innenverteidiger Piero
       Hincapie.
       
       [2][Den Schiedsrichter-Frust von VfB-Coach Hoeneß] wischte Torschütze
       Andrich später dezent mit dem Hinweis auf die Last-Minute-Kräfte des
       eigenen Teams beiseite. „Das scheint kein Zufall zu sein, das ist einfach
       brutaler Wille“, erklärte der Nationalspieler – ehe auch Lukas Hradecky
       noch einige grundsätzliche Gedanken beisteuerte. „Eigentlich habe ich keine
       Worte dafür, dass dieser Wahnsinn weitergeht“, begann Leverkusens
       behandschuhter Kapitän: „Unsere Mannschaft kennt kein Limit.“
       
       28 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundesliga.com/de/bundesliga/news/rekorde-tore-meisterschaft-historie-bestmarken-spieler-meiste-3235
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Hoene%C3%9F
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Morbach
       
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