# taz.de -- „Palästina-Kongress“ in Berlin: Weiter Wirbel um Varoufakis
       
       > Wer hat das Einreiseverbot gegen den griechischen Ex-Minister verfügt?
       > Die Behörden stiften Verwirrung. Linke und Amnesty fordern Aufklärung.
       
 (IMG) Bild: Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis
       
       BERLIN taz | Das [1][Einreiseverbot gegen den ehemaligen griechischen
       Finanzminister Yanis Varoufakis] war auf die Zeit vom 10. bis zum 14. April
       2024 beschränkt – den Zeitraum des „Palästina-Kongresses“ in Berlin, der
       von der Polizei abgebrochen wurde. Wäre Varoufakis, derzeit Generalsekretär
       der von ihm mitgegründeten europäischen Bewegung Democracy in Europe
       Movement 2025 (Diem25), dazu nach Deutschland gereist, wäre er vermutlich
       an der Grenze zurückgewiesen worden. Das geht aus einem [2][Mailverkehr
       zwischen dem Anwalt des griechischen Politikers und der deutschen
       Bundespolizei hervor, über den die Frankfurter Rundschau (FR) heute
       berichtet].
       
       Unklar ist immer noch, wer genau das Einreiseverbot verhängt hat – und
       warum. Wie die taz am Samstagabend berichtete, hatte die Polizei seinen
       Anwälten am Samstag in Berlin mündlich mitgeteilt, dass gegen Varoufakis
       ein Betätigungs- und Einreiseverbot verhängt worden sei.
       
       [3][Das BMI wollte das gegenüber der taz nicht bestätigen] und verwies auf
       die Senatsinnenverwaltung in Berlin. Diese verwies die taz an die
       Bundespolizei. Handelsblatt und AFP berichteten am Montag, dass es sich
       nicht um ein Betätigungsverbot handeln soll, das gegen EU-Bürger rechtlich
       nicht möglich wäre, sondern um ein Einreiseverbot. Dieses darf auch gegen
       EU-Bürger verhängt werden.
       
       Die Bundespolizei bestritt am Montag gegenüber den Anwälten von Varoufakis,
       dass gegen diesen ein Einreiseverbot vorliege. Einen Tag später korrigierte
       sie sich und schrieb, dass es doch ein Einreiseverbot gegeben habe. Der taz
       schrieb die Bundespolizei am Mittwoch: „Die Bundespolizei erlässt weder
       Betätigungsverbote noch Einreise- und Aufenthaltsverbote.“ Zuständig sei
       die Ausländerbehörde in Berlin. Das Landesamt für Einwanderung teilte der
       taz am Donnerstag mit, es erteile „keine Auskünfte zu Entscheidungen in
       Einzelfällen“. Verwirrung komplett.
       
       ## Varoufakis wirft „Lüge“ vor
       
       In Griechenland sorgt das Einreiseverbot weiter für Wirbel. Varoufakis
       wirft der Bundesregierung „Lügen“ und faschistische Methoden vor. Mera25,
       der deutsche Ableger der Varoufakis-Partei DIEM25, sieht „einen
       besorgniserregenden Trend zu staatlicher Intransparenz und autoritären
       Praktiken in Deutschland“. Varoufakis soll auch nicht im Vorfeld über das
       Einreiseverbot informiert worden sein, wie es rechtlich üblich wäre.
       
       Betätigungs- und Einreiseverbote gab es auch gegen zwei weitere Gäste des
       [4][polizeilich verhinderten „Palästina-Kongresses“]: gegen den 86-jährigen
       Historiker Salman Abu Sitta und den Arzt und Rektor der University of
       Glasgow, Ghassan Abu-Sittah. Ghassan Abu-Sittah wurde am Freitag am
       Berliner Flughafen die Einreise verweigert. Aufgrund des Betätigungsverbots
       gegen Abu Sitta wurde der „Palästina-Kongress“ am Freitag abgebrochen, als
       dieser per Video zugeschaltet wurde.
       
       Der Kongress war in die Kritik geraten, weil einige Teilnehmer – darunter
       auch Yanis Varoufakis – den terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober
       nicht klar verurteilt hatten. Er verurteile zwar „jeden Angriff auf
       Zivilisten“ und „jede einzelne Gräueltat“, sagte Varoufakis in der
       Online-Ansprache, die er in Berlin halten wollte. Was er aber nicht
       verurteile, sei „bewaffneter Widerstand gegen ein Apartheidsystem“. Der
       87-jährige Salman Abu Sitta wiederum hatte im Januar in einem Blogbeitrag
       geschrieben, wäre er jünger, hätte er einer derjenigen sein können, die am
       7. Oktober die Blockade des Gazastreifens durchbrachen. Die deutschen
       Behörden werfen ihm „Hasstiraden gegen Israel und gegen Juden“ vor
       
       ## Juristisches Nachspiel droht
       
       Varoufakis drohte, er prüfe seine juristischen Möglichkeiten, gegen das
       Einreiseverbot vorzugehen. Auch die Veranstalter des aufgelösten
       „Palästina-Kongresses“ wollen gegen die zuständigen Behörden und den
       [5][massiven Polizeieinsatz] gegen den Kongress vor Gericht ziehen. Eine
       Rechtsanwältin des Kongresses sagte, man habe im Vorfeld „gut“ mit den
       Behörden kooperiert. Von den Maßnahmen der Polizei sei man daher
       überrumpelt worden.
       
       Die Linkspartei kritisierte das Vorgehen der Behörden. Ex-Parteichef Bernd
       Riexinger brachte auf X das Einreiseverbot gegen Varoufakis in Verbindung
       mit dem Fall der „Sozialistin und Jüdin Nancy Fraser“, deren Gastprofessur
       bei der Universität Köln aufgekündigt wurde, weil sie einen offenen Brief
       unterzeichnet hatte. Beides sei „ein schwerer Verstoß gegen demokratische
       Grundsätze und die Meinungsfreiheit“, so Riexinger.
       
       Amnesty Deutschland fordert eine unabhängige Untersuchung zum Vorgehen der
       Polizei gegen den „Palästina-Kongress“ in Berlin. Die Meinungs- und
       Versammlungsfreiheit gelte „für alle Menschen, auch wenn sie die deutsche
       und israelische Regierungspolitik kritisieren“. Die Grenze werde „durch
       strafbare Handlungen und nicht durch politisch unliebsame Aussagen
       markiert“.
       
       18 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Palaestina-Kongress-in-Berlin/!6004299
 (DIR) [2] https://www.fr.de/politik/krieg-in-israel-hamas-palaestina-kongress-berlin-einreiseverbot-fuer-yanis-varoufakis-news-93017945.html
 (DIR) [3] /Palaestina-Kongress-in-Berlin/!6004217
 (DIR) [4] /Palaestina-Kongress-in-Berlin-aufgeloest/!6004209
 (DIR) [5] /Jurist-ueber-Palaestina-Kongress/!6004427
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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