# taz.de -- Globaler Klimastreik ohne Deutschland: Bewegung lanciert EU-Wahlkampf
       
       > Fridays for Future hat die Europawahlkampagne gestartet – anstatt am
       > globalen Klimastreik teilzunehmen. Eine BIPoC-Klimagruppe demonstrierte
       > trotzdem.
       
 (IMG) Bild: Fridays For Future mi ihrer Botschaft zur Europawahl: „Unsere Welt brennt, nutzt eure Stimme“
       
       BERLIN taz | Es ist eine überschaubare Aktion an diesem verregneten
       Freitagmorgen in Berlin: Fridays for Future (FFF) hat die Marschallbrücke
       in Berlin mit dem Schriftzug „Our world is on fire use your voice“ („Unsere
       Welt brennt, nutzt eure Stimme“) bemalt. Mit der Aktion will die Bewegung
       auf [1][die kommende EU-Wahl] hinweisen. Damit die Buchstaben im Regen
       nicht verschwimmen, wischen einige Aktivist:innen eifrig mit Besen die
       Kanten der großen Lettern gerade. Die anderen der etwa 30 anwesenden
       Aktivist:innen tanzen euphorisch zu „Hurra die Welt geht unter“ von
       K.I.Z.
       
       „Wir starten mit dieser Mobilisierung auch in eine Zeit rein, in der wir
       massivst für den Schutz von Demokratie und die Verteidigung von
       Lebensgrundlagen kämpfen werden. Und genau das ist auf der heute auf der
       Brücke zu lesen“, sagte [2][Klimaaktivistin Luisa Neubauer] bei der
       Pressekonferenz im Anschluss der Aktion.
       
       Für FFF war es der Start ihrer Kampagne für die Europawahl im Juni, die die
       Bewegung als „Klimawahl“ bezeichnet. Die Aktion sei ein Aufruf an die
       Menschen, ihre Stimme zu nutzen. „Das ist keine normale Pressekonferenz,
       sondern eine Intervention“, so Neubauer. Denn die Demokratie in Europa sei
       genauso in Gefahr wie das Klima, hieß es.
       
       Mit Regenschirmen trotzten Neubauer und die Fachleute aus den Bereichen
       Klima- und Demokratieforschung dem stürmischen Wetter bei der
       Pressekonferenz – auch auf der Marschallbrücke, unter freiem Himmel. Der
       Physiker Anders Levermann warnte vor den verheerenden Folgen des
       Klimawandels und wandte sich an die Leugner:innen: „Dann benutzt aber bitte
       auch keine Handys oder Computer. Die basieren nämlich auf der gleichen
       Physik wie die Klimaerwärmung.“
       
       ## War nicht globaler Klimastreik?
       
       Für [3][Scientists for Future] war die Ökonomin Claudia Kemfert vor Ort.
       Sie kritisierte die Politik, zu wenig Maßnahmen gegen den Klimawandel zu
       ergreifen. Der Demokratieforscher Matthias Quent warnte vor einem
       Rechtsruck bei der anstehenden EU-Wahl, der eine wirksame Klimapolitik
       verhindern könnte.
       
       Am globalen Klimastreik beteiligte sich die deutsche FFF-Sektion allerdings
       nicht. Beim letzten internationalen Klimastreik gingen in Deutschland
       250.000 Menschen für das Klima auf die Straße. „Wir haben uns heute ganz
       bewusst entschieden, eben keine Massen zu mobilisieren, sondern der
       Wissenschaft eine Bühne zu geben – in einer Zeit, in der wir erstmals
       wieder vor Klimaleugnung warnen müssen“, sagte Neubauer zur versammelten
       Presse.
       
       Im Gespräch gab sie sich gelassen: FFF Deutschland wolle sich jetzt auf die
       Europawahl fokussieren, und drei Mal mobilisieren wäre zu viel gewesen.
       Denn schon am 1. März gab es eine bundesweite Demonstration zusammen mit
       den Gewerkschaften des ÖPNVs, und am 31. Mai steht der deutschlandweite
       Klimastreik zur Europawahl an.
       
       ## BIPoC for Future kritisiert FFF
       
       Im Hintergrund scheint es aber Spannungen zu geben. FFF Deutschland hatte
       nach der Terrorattacke der Hamas auf Israel am 7. Oktober schnell das
       Massaker verurteilt und sein Mitgefühl mit den israelischen Opfern
       ausgesprochen. Dagegen hatte [4][die internationale Sektion Solidarität mit
       Palästina bekundet, teils mit scharfer antiisraelischer Rhetorik]. Die
       Zusammenarbeit wurde daraufhin zwischenzeitlich auf Eis gelegt. Neubauer
       bestritt am Freitag, dass der Verzicht auf die Teilnahme an den globalen
       Klimastreik mit der Nahost-Frage zusammenhänge.
       
       Doch nach der Bemalungsaktion im Regierungsviertel, ruft ein Aktivist zu
       seiner Gruppe: „Lass mal zum Invalidenpark gehen!“ Dort versammelte sich
       eine Gruppierung, die den Sonderweg von FFF Deutschland nicht mitgehen
       will: BIPoC for Future; gemeint sind Schwarze, Indigene und People of
       Color. Um 13 Uhr versammelten sie sich bei anhaltend starken Regen unter
       einem Baum etwa 50 Personen. Gleichzeitig organisierter der Hamburger
       Ableger ebenfalls eine Demo in der Hansestadt.
       
       [5][Der Zusammenschluss existiert seit 2021, gegründet als Reaktion auf
       „rassistische Strukturvorfälle“ in der Bewegung]. Die Bewegung versteht
       sich zwar als Teil von FFF, werde aber von der Mutterorganisation
       „ignoriert“. Echter Aktivismus für Klimagerechtigkeit sei
       „antikapitalistisch, antikolonial und antirassistisch“, hieß es im Aufruf
       zum Umzug.
       
       ## „Man wird in eine Ecke geschoben“
       
       Vor dem Umzug hält ein Aktivist eine Rede, in der er den Zusammenhang von
       Klimagerechtigkeit und anderen Problemen wie Rassismus und Neokolonialismus
       betont und für die Auflösung aller nationalen Grenzen plädiert. Und dann,
       bevor die Demo los läuft singen die Teilnehmenden „Alles wird gut“ von
       Felix Kummer – und tanzen im Regen weiter.
       
       20 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Luisa-Neubauer-ueber-die-Klimabewegung/!5972554
 (DIR) [3] https://de.scientists4future.org/
 (DIR) [4] /Klimaaktivistin-protestiert-in-Leipzig/!5988013
 (DIR) [5] /Streit-bei-Fridays-for-Future/!6005400
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Carlo Mariani
       
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