# taz.de -- Proteste auf den Kanaren: Als Tourist zum Schimpfwort wurde
       
       > Die Menschen auf den Kanarischen Inseln leiden unter dem Massentourismus,
       > der ihnen Wasser, Wohnungen, Wohlstand raubt. Jetzt haben sie es satt.
       
 (IMG) Bild: Den Kanaren droht der Kollaps: Bewohner:innen protestieren gegen den Massentourismus
       
       Manche Orte werden zu Tode geliebt. Venedig, Sevilla, Dubrovnik, die
       Kanaren. Den Menschen vor Ort reicht es. Überteuerter und als Ferienwohnung
       enteigneter Wohnraum. Hohe Lebenshaltungskosten und Preise. [1][Entseelte,
       überfüllte Plätze und zu Kellner und Zimmermädchen degradierte
       Einheimische.] Und ein Lebensstil in schicken Resorts, der die knappen
       Wasserressourcen im obligatorischen Schwimmbad oder auf dem üppig begrünten
       Golfplatz ausschöpft. Dabei wird in touristischen Regionen Südeuropas das
       Wasser immer häufiger rationiert.
       
       Der Tourismus an den europäischen Hotspots – und nicht nur dort – kann sein
       Versprechen von Einmaligkeit, Natur, dem Besonderen, dem Schönen nur noch
       in kleinen Konsumhäppchen einlösen. Das Erlebnis der einmaligen
       Lagunenstadt Venedig oder des entspannten Sevilla ist längst im
       touristischen Getriebe niedergetrampelt.
       
       Die Frage bleibt: Warum fahren wir trotz der vorprogrammierten Enttäuschung
       zu den ewigen Hotspots? [2][Der Massentourismus wächst.] Neue Orte, die
       eine schnelle Instagram-Karriere hinlegen, kommen dazu. Ob eine Wiese am
       Königssee, ein Top-Restaurant in Singapur oder Dubai, die Strahlkraft der
       Instagram-Posts, neue touristische Hotspots zu schaffen ist unheimlich.
       
       ## Nur der Protest der Bevölkerung kann die Politik ändern
       
       Die Politik ergreift nur zaghaft Maßnahmen. Dabei sind Regelungen für den
       Wohnungsmarkt mit hohen Auflagen für Ferienwohnungen noch das nachhaltigste
       Mittel. Gebühren für überlaufene Plätze oder [3][Eintrittsgeld für die
       Stadt] werden kaum einen Urlauber abschrecken. Das Argument von
       Arbeitsplätzen und Investoren hat es bislang fast immer geschafft, jegliche
       politischen Bemühungen sozial und ökologisch orientierter Kräfte
       auszuhebeln und die Restnatur bei Interesse touristischer Vermarktung
       preiszugeben.
       
       Nur der Protest der Bevölkerung kann die Politik zwingen, der scheinbaren
       Alternativlosigkeit zum Großinvestor und Großprojekt etwas
       entgegenzusetzen. Genau das fordern die Demonstranten auf den Kanaren und
       anderswo. Sie wollen einen anderen, einen verträglicheren Tourismus, der
       ihnen nicht die Luft zum Atmen nimmt. Die Politik in Spanien, Italien,
       Griechenland ist dafür zu korrumpierbar, zu kurzatmig. Zu schön sind die
       Zahlen ferienbedingter Vollbeschäftigung. Zu unpopulär Beschränkungen und
       zu schwierig ist das Umdenken auf langfristige Perspektiven.
       
       Der Ausbau eines Flughafens geht schneller als der Ausbau des öffentlichen
       Nahverkehrs. Touristische Großketten bringen fertige Konzepte neuer
       Angebote, die nachhaltige, regionale Initiativen sich mühsam erarbeiten.
       Und wir alle sind es gewohnt, mal kurz auf den Kanaren durchzuatmen. Dabei
       gilt das Fliegen immer mehr als uncool, [4][vielleicht bald schon das
       Reisen überhaupt]. Das wäre schade.
       
       21 Apr 2024
       
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 (DIR) Edith Kresta
       
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