# taz.de -- Frauen in Teilzeit: Ein volles Glas Wasser ist voll
       
       > Frauen sollten weniger in Teilzeit arbeiten, lautet eine Forderung. Das
       > geht in Zwei-Eltern-Haushalten nur, wenn Männer weniger in Vollzeit
       > arbeiten.
       
 (IMG) Bild: Stellen Sie sich bis zum Rand gefüllte Wassergläser vor und jemanden, der Sie auffordert, noch mehr Wasser einzuschenken
       
       Stellen Sie sich zwei bis zum Rand gefüllte Wassergläser vor. Und nun
       stellen Sie sich vor, jemand fordert Sie unentwegt dazu auf, noch mehr
       Wasser in eines der Gläser einzuschenken, ohne dabei etwas zu verschütten.
       Was würden Sie sagen? Vielleicht: Da passt nichts mehr rein. Vielleicht:
       Dazu brauche ich ein größeres – oder weiteres Glas. Oder: Da muss ich
       zuerst etwas ausschütten.
       
       Und nun stellen Sie sich vor, all Ihre Einwände werden ignoriert. Aber
       nicht nur ignoriert, sondern Sie werden auch weiter aufgefordert, eines der
       Gläser zu befüllen, weil das schon ginge, wenn Sie nur wollten.
       
       Weil vielleicht sind Sie einfach nur ein bisschen faul. Vielleicht wollen
       Sie es sich leicht machen, indem Sie es gar nicht erst versuchen.
       Vielleicht liegt es auch an Ihrem Geschlecht, oder an Ihrer Generation.
       Vielleicht brauchen Sie auch einen finanziellen Anreiz, um die Gläser
       weiter zu füllen? Hmm?
       
       Was hier nach einer mittleren Form von Wahnsinn klingt, ist eine Debatte,
       die wir in exakt dieser Form immer wieder führen, wenn es darum geht, die
       Teilzeitbeschäftigungsquote von Frauen zu senken. Immer wieder, wenn jemand
       meint, Frauen seien ja nur zu faul, um endlich alle Vollzeit zu arbeiten,
       wie vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft (Männer) das eben tun.
       
       In Deutschland und in Österreich liegt die Teilzeitquote unter Frauen bei
       knapp 50 Prozent und bei Männern so bisschen über 10 Prozent. Immer wieder
       mal prangert das eine Politiker*in an. Gern wird dann gesagt, es ginge
       dabei ja um das Wohl der Frau selbst. Um den Schutz vor Altersarmut [1][und
       um die Gleichberechtigung]. Gut. Wunderbar.
       
       ## Leute, die nicht verstehen wollen
       
       Wenn wir das aber in dieser heteronormativen Gesellschaft voller
       Zwei-Eltern-Haushalte ernsthaft betrachten, dann kann eine Senkung der
       Teilzeitquote unter Frauen zu diesem Zweck nur glücken, wenn gleichzeitig
       die Teilzeitquote der Männer erhöht wird.
       
       Denn der Tag bekommt davon ja nicht mehr Stunden. Die Kinder müssen
       abgeholt werden und rechtzeitig satt und sauber im Bett liegen. Der
       Pflegefall muss besucht, der Einkauf eingekauft und die Wäsche gewaschen
       werden. Von sozialer, kultureller, politischer Teilhabe sprechen wir hier
       gar nicht. Oder geht es vielleicht gar nicht um die Altersarmut der Frau,
       sondern vielmehr darum, aus jedem Zwei-Erwachsenen-Haushalt 80 Stunden
       Lohnarbeit zu pressen?
       
       In Österreich hat eben der Landeshauptmann von Vorarlberg einen jährlichen
       Vollzeitbonus von 1.000 Euro vorgeschlagen, weil „Leistung“ müsse sich
       lohnen. Ein Vorschlag, der vor allem jenen nutzen würde, die bereits
       Vollzeit arbeiten. Denn von 1.000 Euro im Jahr backt man sich nun mal keine
       flächendeckende Kinderbetreuung. Die 1.000 Euro halten die Kinderbetreuung
       auch nicht länger offen als 12, 14 oder 16 Uhr. Die 1.000 Euro räumen weder
       die Spülmaschine ein, noch widmen sie sich den Bedürfnissen der Kinder. Es
       entstehen davon auch keine Vollzeitstellen, wo Frauen gegen ihren Willen in
       Teilzeit gehalten werden. Und [2][für Alleinerziehende ist das sowieso]
       alles nur ein schlechter Witz.
       
       Und das ist das Grundproblem an dieser Debatte. Dass man sie immer wieder
       mit Leuten führen muss, die nicht verstehen wollen, dass ein volles Glas
       Wasser schlicht und einfach schon voll ist.
       
       6 May 2024
       
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