# taz.de -- Mütter und Selfcare: Nimm dir doch einfach die Zeit
       
       > Müttern wird oft gesagt, sie sollen sich doch bitte gut um sich selbst
       > kümmern. Was die Tipps eigentlich meinen: Nerv nicht!
       
 (IMG) Bild: „Aber immer, wenn ich Zeit dafür hätte, mich in die Badewanne zu setzen, bin ich zu müde.“
       
       Ich war noch nie in unserer Badewanne. Ich bade die Kids darin, manchmal
       wasche ich mir da eine Haarmaske raus, aber ganz dringesessen in der
       Badewanne bin ich noch nie. Wir wohnen jetzt seit eineinhalb Jahren hier.
       
       In unserer alten Wohnung in Berlin war ich das letzte Mal in der Wanne,
       kurz bevor mein zweites Kind auf die Welt kam. Sehr kurz davor, weil ich
       dachte, das können doch gar nicht die richtigen Wehen sein. Die hatten mich
       doch eben noch seelenruhig aus dem Krankenhaus heimgeschickt, weil das
       „bestimmt noch bis morgen dauern“ würde.
       
       Ob Wehen echt sind, [1][also richtige Geburtswehen], prüft man, indem man
       sich in warmes Wasser setzt, Übungswehen würden aufhören. Nun ja, es waren
       keine Übungswehen. Ich habe es gerade noch in die Klamotten geschafft, im
       Treppenhaus bereits geröhrt wie ein Hirsch. Vor dem Haus ist die
       Fruchtblase geplatzt, und im Auto haben die Presswehen eingesetzt. Das Kind
       kam 30 Minuten später gerade so im Krankenhaus zur Welt.
       
       Ich weiß noch, als wir die Anzeige für diese Wohnung gesehen haben, war ich
       ganz begeistert, wie groß das Bad ist. Mit Dusche und Wanne! Wow! Aber
       immer, wenn ich Zeit dafür hätte, mich in die Badewanne zu setzen, bin ich
       zu müde. All das Drumherum. Das Bad ist kalt, das Licht ist hell. Liest man
       dann ein Buch, oder starrt man an die Decke? Bloß nicht einschlafen. Und
       sollte man nicht auch nach 15 Minuten wieder raus?
       
       ## Schlaf priorisieren liegt nicht in meiner Hand
       
       Auf Instagram, in Artikeln und Büchern sagen einem ständig
       Wellnessmenschen, dass man als Mutter doch Selfcare praktizieren müsse.
       Dass man seinen Schlaf priorisieren sollte. Den Stresspegel um jeden Preis
       niedrig halten, weil der [2][das Allerschlimmste für den Körper] sei.
       
       Aber mir zu sagen, ich solle meinen Schlaf priorisieren, ist so, wie zu
       sagen, ich solle priorisieren, dass es draußen 25 Grad hat. Würde ich gern.
       Würde ich sofort. Aber das liegt halt nicht in meiner Macht.
       
       Es ist nicht so, als wäre mir Schlaf nicht wichtig, ich liebe schlafen.
       Wenn ich könnte, würde ich den ganzen Tag im Bett bleiben. Ich wäre
       Schlafweltmeisterin. Aber ich habe zwei Kinder und bin im fünften Monat
       schwanger, ich bin schon seit über sechs Jahren nicht mehr ausgeschlafen,
       und ich sehe da ehrlich kein Licht am Ende des Tunnels – gerade eher einen
       Zug.
       
       Das gehört aber auch dazu. Ich habe noch nie Eltern von kleinen Kindern
       getroffen, die nicht müde sind bis in die Knochen, sodass es zeitweise
       schon an Folter grenzt. Also außer denen, die sich nicht selbst um ihre
       Kinder kümmern – die schlafen ganz hervorragend. Das Problem ist, dass
       einem dennoch ständig gesagt wird, man müsse doch nur ein bisschen was tun
       für sein Wohlbefinden, dann wäre man auch nicht so ein Wrack. Selfcare
       betreiben. Morgens meditieren. Clean Eating. Cortisol senken. Sport
       machen. Einfach mal was für sich tun – rausgehen oder sich in die verdammte
       Badewanne setzen.
       
       Das wird aber auch nicht jedem gesagt, sondern generell Frauen und speziell
       Müttern. Was nichts anderes bedeutet als: Kümmer dich – neben allem anderen
       – doch selber drum, dass es dir gut geht, und nerv nicht. Und wenn du es
       nicht schaffst, liegt das allein an deinem miesen Zeitmanagement. Du musst
       dir die Zeit doch nur nehmen. Die Zeit, die alle anderen einfach schon
       haben.
       
       11 Feb 2024
       
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