# taz.de -- Norwegens Außenminister: Ungünstig geknipst
       
       > Ein harmloser Wahlkampfauftritt von Norwegens Außenminister Espen Barth
       > Eide sorgt für Schlagzeilen, selbst in Israel. Grund ist ein Fotostreich.
       
 (IMG) Bild: So geht es richtig: Der Außenminister ohne unerwünschte visuelle Trittbrettfahrer
       
       HÄRNÖSAND taz | Dass sein 1.-Mai-Besuch in der Region Grenland
       internationale Aufmerksamkeit erlangen würde, damit konnte Espen Barth Eide
       unmöglich rechnen. Der norwegische Außenminister war unterwegs, um in
       Kleinstädten unter der Maisonne sozialdemokratische Reden zu halten. Auf
       Facebook zeigen Ortsgruppen von Arbeiderpartiet und Gewerkschaften stolz
       Bilder vom hohen Besuch – der lächelnde Außenminister neben den Ihren.
       
       Wie viele Fotos von Barth Eide an diesem Tag gemacht wurden, ist nicht
       überliefert, wohl aber, welches es [1][bis in die israelische Presse
       geschafft hat]: Eine freundlich dreinblickende Frau hält ein Plakat hoch,
       auf dem steht, schwarz auf rot unter einer Palästina-Flagge: „Fuck Israel.
       Fuck Nato. Fuck Capitalism“. Der Außenminister lächelt daneben freundlich
       in die Kamera. Die Frau postete das Bild [2][auf Facebook, dazu die Worte:
       „Heute habe ich Espen Barth Eide radikalisiert.“]
       
       Nachdem der Post sich weithin verbreitet hatte, sah sich das norwegische
       Außenministerium zu einer Klarstellung genötigt: „Der Außenminister und
       Norwegen sind weder gegen Israel noch gegen Kapitalismus oder die Nato“,
       teilte eine Sprecherin mit. Barth Eide könne sich nicht daran erinnern, das
       Plakat gesehen zu haben, und sei sich über dessen Inhalt nicht bewusst
       gewesen. Der Minister habe auch die Frau nicht gekannt. Sie sei Teil einer
       Gruppe gewesen, die bei der Veranstaltung gegen ihn und die Regierung
       protestiert hätte.
       
       Wer die Frau ist, weiß man inzwischen sogar in [3][Israel]. Sie heißt Mona
       Osman, ist seit Jahren lokalpolitisch für die sehr linke Partei „Rødt“
       (Anti-Nato, Anti-EU, pro „Demokratischer Sozialismus“) und als
       Pro-Palästina-Aktivistin aktiv. Was in Israel zusätzlich für Aufregung
       sorgt: Ihr Vater, norwegischer Staatsbürger, wurde 2020 unter
       Terrorverdacht nach Frankreich ausgeliefert. Er soll am Attentat auf ein
       jüdisches Restaurant in Paris 1982 beteiligt gewesen sein, bei dem sechs
       Menschen getötet wurden. Bis heute sitzt er in Untersuchungshaft.
       
       ## „Ein bisschen scherzen“
       
       Nach ein paar sehr stillen Tagen veröffentlichte Mona Osman nun [4][eine
       Erklärung auf Facebook], in der sie die Aktion einen „Stunt“ nannte, der
       eigentlich nur lustig gemeint war. Israel nennt sie in einem Nebensatz
       „einen verrückten Staat“, und sie schreibt, dass doch allen halbwegs
       informierten Menschen klar sei, dass der Außenminister nicht für die von
       ihr zur Schau getragenen Haltungen stehe.
       
       „Es kann sein, dass es sich gut anfühlte für mich als Palästinenserin, ein
       bisschen zu scherzen, nachdem ich (…) immer wieder hören musste, wie der
       Außenminister, der Staatsminister und die Regierung sich als Israel-Freunde
       bezeichnet haben und Israels Recht auf Selbstverteidigung betonten“,
       schreibt Osman weiter.
       
       Sie wird dafür unter anderem von der norwegischen Friedensforscherin Hilde
       Henriksen Waage kritisiert: „Es sollte unter der Würde von Aktivisten sein,
       einen norwegischen Außenminister zu missbrauchen, um ihre eigenen
       politischen Ziele voranzutreiben – ohne darüber nachzudenken, welchen
       Schaden sie damit anrichten können“, sagte sie im Norwegischen Rundfunk
       NRK.
       
       Espen Barth Eide hatte schon früh Israels Reaktion auf den Hamas-Terror als
       „nicht mehr im Rahmen des humanitären Rechts“ kritisiert. [5][Anfang
       November 2023 stimmte Norwegen für die UN-Resolution], bei der sich der
       restliche Norden ebenso wie Deutschland und die meisten westlichen Länder
       enthielten. Der Außenminister ist Verfechter einer Zwei-Staaten-Lösung und
       forderte immer wieder zur Erneuerung des Dialogs auf.
       
       6 May 2024
       
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 (DIR) [1] https://www.jpost.com/international/article-799834
 (DIR) [2] https://www.facebook.com/story.php?story_fbid=1749549292120544&id=100011964704692&rdid=ElSuxhvnyMK8MFbN
 (DIR) [3] /Krieg-im-Gazastreifen/!6005956
 (DIR) [4] https://www.facebook.com/story.php?story_fbid=1752194365189370&id=100011964704692&rdid=hH57zDmujpaQkhRk
 (DIR) [5] /UN-Resolution-zum-Nahostkonflikt/!5973469
       
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