# taz.de -- Putin in Peking: Xi rollt Putin roten Teppich aus
       
       > Bei seinem Staatsbesuch demonstriert Wladimir Putin große Einigkeit mit
       > Xi Jinping. Beide Seiten wollen ihre Zusammenarbeit weiter vertiefen.
       
 (IMG) Bild: Putin und Xi am Donnerstag bei einem Konzert in Peking aus Anlass der Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 75 Jahren
       
       BERLIN TAZ Natürlich hat Xi Jinping seinem „alten Freund“ Wladimir Putin
       den roten Teppich ausgerollt. Während Soldaten im Gleichschritt
       marschierten, die Blaskapelle tönte und eine Kindergruppe euphorisch
       jubelte, schritten die zwei Staatschefs am Donnerstagmorgen in die Große
       Halle des Volkes. Der diplomatische Empfang in Pekings Regierungsviertel
       war an Brimborium kaum zu überbieten.
       
       Dass Putin beim ersten Auslandsbesuch seiner neuen Amtszeit wirtschaftliche
       Deals machen wollte, lag auf der Hand. Schließlich braucht Russland den
       Handel mit China, um westliche Sanktionen umgehen zu können. Ein knappes
       Dutzend Verträge haben beide Seiten unterschrieben – von Infrastruktur über
       Informationsaustausch bis hin zum Energiesektor.
       
       Begleitet wurde der Signatur-Marathon von einem lobhudelnden
       Pressestatement. Xi wie Putin gaben an, die Zusammenarbeit beider Staaten
       weiter ausbauen zu wollen.
       
       Russlands Präsident ging es jedoch nicht nur um wirtschaftliche Profite:
       Sowohl Putins alter wie der neue Verteidigungsminister saßen mit ihm am
       Tisch. Schon die Agenda des Staatsbesuchs dürfte in Brüssel und Washington
       alle Alarmglocken aufschrillen lassen. So wird Putin am Freitag im Norden
       Chinas das Harbin Institute of Technology (HIT) besuchen.
       
       ## Putin ist hilfreich, um dem Westen eins auszuwischen
       
       Mathieu Duchâtel, Analyst beim französischen Institut Montaigne, bezeichnet
       dies als „bedeutsame Entscheidung“, die zwei Dinge aussage: dass China und
       Russland sich gegen US-Sanktionen solidarisieren würden und dass China
       seine Verteidigungstechnologie verstärkt Russland zugänglich mache.
       
       Das HIT zählt zu den Universitäten mit starken Beziehungen zu Chinas
       Militär. Laut der australischen Denkfabrik ASPI gibt das HIT fast die
       Hälfte seines Forschungsbudgets für den Verteidigungsbereich aus.
       
       Dass China den russischen Präsidenten derart hofiert, hat nicht nur mit dem
       florierenden bilateralen Handel zu tun. Natürlich profitiert Peking stark
       von Russlands günstigen Öllieferungen. Doch Xi geht es um mehr: Putin ist
       als Partner hilfreich, um dem Westen einen Schlag zu versetzen. Gemeinsam
       wollen die zwei Atommächte die internationale Weltordnung unterminieren.
       
       Insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt ist die chinesisch-russische
       Partnerschaft eine offene Herausforderung für den politischen Westen. Man
       erinnere sich nur an die letzten Wochen: Sowohl Olaf Scholz als auch
       Emmanuel Macron haben den chinesischen Machthaber im persönlichen Gespräch
       gebeten, dass China seinen [1][Export von „Dual Use“-Gütern nach Russland]
       reduzieren solle – also jene Güter wie optische Sensoren und Drohnenteile,
       die Moskau für seine Rüstungsindustrie benötigt. Und nun wird Putin mit
       demonstrativem Willkommen empfangen.
       
       ## Europas Botschaft wird in Peking nicht ernst genommen
       
       Dass Europas Botschaft in Peking nicht ernst genommen wird, dürfte auch an
       der Uneinigkeit innerhalb der EU liegen. Denn Xi weiß, dass er die
       Interessen der einzelnen Staaten geschickt gegeneinander ausspielen kann,
       wenn er wirtschaftliche Lockerungen und bessere Marktzugänge in Aussicht
       stellt.
       
       Nur die Drohkulisse der USA scheint bislang zu wirken. Dass Chinas Exporte
       nach Russland zu Beginn des Jahres wieder zurückgegangen sind, hat mit
       US-Sanktionsdrohungen zu tun: Außenminister Antony Blinken hatte in Peking
       deutlich gemacht, dass Chinas Unterstützung von Putins Kriegsmaschinerie
       Konsequenzen haben wird. Deshalb haben die meisten chinesischen Firmen
       Angst, ins Visier von US-Sanktionen zu geraten.
       
       Immerhin haben Xi und Putin während der gemeinsamen Gesprächen den
       Ukraine-Krieg prominent thematisiert, auch wenn beide stets nur von einer
       „Krise“ sprachen. „Beide Seiten sehen eine politische Einigung als den
       richtigen Weg, um die Ukrainekrise zu lösen“, sagte Xi.
       
       Was auf dem Papier gut klingt, dürfte in der Praxis wenig glaubhaft sein.
       Denn China unterstützt Verhandlungen de facto nur zu Russlands Bedingungen.
       
       ## Peking lässt Teilnahme an Friedenskonferenz offen
       
       So hat Peking bislang die für Mitte Juni in der Schweiz geplante
       Friedenskonferenz nicht öffentlich unterstützt und noch nicht einmal
       bestätigt, ob China mit einer Delegation teilnehmen wird. In diplomatischen
       Kreisen heißt es, hochrangige Vertreter der Volksrepublik könne man
       ausschließen.
       
       Bis heute beschuldigt China beim Ukraine-Konflikt fast nur die USA, die „Öl
       ins Feuer“ gießen würden. Russland hingegen habe „legitime
       Sicherheitsinteressen“ und wurde von Peking mit keiner einzigen Silbe
       kritisiert. Auch dass Putin erneut mit Nuklearwaffen droht, war jetzt kein
       Thema.
       
       16 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Putin-zu-Besuch-in-Peking/!6010870
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mira Carstensen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) China
 (DIR) Russland
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Xi Jinping
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) USA
 (DIR) Antony Blinken
 (DIR) Friedenskonferenz
 (DIR) Schweiz
 (DIR) GNS
 (DIR) Kolumne Fernsicht
 (DIR) Belarus
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Wolodymyr Selenskij
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Putin und Xi: Nur noch ziemlich beste Freunde
       
       Die chinesisch-russischen Beziehungen zeigen erste Schönheitsfehler.
       Moskaus Flirt mit Indien, Vietnam und den Philippinen kommt nicht überall
       gut an.
       
 (DIR) Gipfel mit Putin, Xi und Erdoğan: Schaulauf der Autokraten
       
       Beim Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit schärfen Putin
       und Xi ihr Bündnis – und nehmen ein neues Mitglied auf.
       
 (DIR) Putin in China: Kleiner Bruder, großer Bruder
       
       Wladimir Putin reist zu Xi Jinping. Bei dem Besuch geht es um
       wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit. Verbündete aber wollen sie
       nicht sein.
       
 (DIR) China und Russland: Die ungleichen Partner
       
       Der Krieg hat China und Russland zusammenrücken lassen. Trotzdem zeigen
       sich grundverschiedene Weltbilder.
       
 (DIR) Chinas Strategie im Ukraine-Krieg: Peking schickt Sondergesandten
       
       Staatschef Xi hat erstmals seit Kriegsbeginn mit dem ukrainischen
       Präsidenten Selenski telefoniert. Das Gespräch markiert eine Kehrtwende
       Chinas.