# taz.de -- Nur Minderheiten hassen Klimaschutz: Wer sagt’s der Union?
       
       > CDU und CSU zeigten zuletzt so wenig Willen wie die FDP, Verantwortung
       > fürs Klima zu übernehmen. Dabei kommt es doch auf die Konservativen an.
       
 (IMG) Bild: Auf ihr Auto verzichten wollen die Wenigsten
       
       Neulich wollte ich herausfinden, was die Grünen eigentlich dafür bekommen
       haben, dass sie das [1][Klimaschutzgesetz preisgegeben haben]. Was hatten
       sie in der Koalition für sich herausgeschlagen dafür, dass das
       Klimaschutzgesetz aus einem Forderungskatalog an jedes einzelne Ministerium
       in eine Absichtserklärung eines regierenden Gesamtverbands verwandelt
       wurde?
       
       Die Klimaschutzpflichten gehen damit vom einzelnen Minister – das
       Maskulinum kann hier stehen bleiben, denn die Neuregelung soll ja vor allem
       Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) schützen – auf das Kollektiv über.
       Das ist, als würde man den WG-Küchenputzplan mit Datum und Namensnennung
       durch ein Gruppenbekenntnis ersetzen: „Jetzt wollen wir alle gemeinsam
       schauen, dass die Küche aber auch wirklich sauber bleibt!“
       
       Jedenfalls erbrachte meine Recherche kein Ergebnis. Es war nicht
       herauszufinden, welches Zugeständnis die Grünen der FDP dafür abgerungen
       haben, dass der Verkehr vom Klimaschutz jetzt ausgenommen wird. „Es ist
       eigentlich unfair, derzeit überhaupt danach zu fragen“, hörte ich
       stattdessen. Wir hätten bekanntermaßen seit einem Jahr einen Backlash. Soll
       heißen: Mit der Forderung nach Klimaschutz braucht derzeit niemand den Kopf
       zu heben – die brüllenden Kohlenstoff-Verbrenner-Truppen rücken sonst
       direkt wieder mit schwerem Gerät aus.
       
       Ja, da kann man dann wohl nichts machen, da muss man den Planeten halt
       einer irren Minderheit opfern. Denn es ist ja weiterhin nur eine
       Minderheit, die Klimaschutz für verzichtbar hält. Das gilt auch Richtung
       Europawahl. Eine [2][schöne Studie der Universität Oxford, der Berliner
       Humboldt-Uni und der Hertie School] in Berlin hat das vor wenigen Wochen
       herausgearbeitet.
       
       ## Auf die Konservativen kommt es an
       
       In Deutschland befürworten demnach 53 Prozent, Frankreich 57 Prozent und in
       Polen 51 Prozent von insgesamt 15.000 Befragten einen ehrgeizigeren
       Klimaschutz. Gegen mehr Klimaschutz sind in Deutschland und Polen 30
       Prozent und in Frankreich 23 Prozent. Unschwer zu erkennen ist, dass die
       Dürre der vergangenen Jahre in Frankreich weit mehr Menschen bewegt hat als
       weiter östlich.
       
       Unterm Strich fanden die Wissenschaftler Folgendes heraus: Die Leute
       befürworten Klimaschutz, der mit staatlichen Investitionen in Infrastruktur
       und Wirtschaft arbeitet, aber die meisten bestehen darauf, weiter ein
       Verbrenner-Auto zu fahren, ob in Frankreich, Polen oder Deutschland. Kaum
       jemand glaubt, dass Klimaschutz seinen Job oder die Wirtschaft gefährde –
       Klimaschutz ist vor allem eine ideologische Sache, wie es aussieht.
       Weshalb, sagt Nils Redeker, einer der Autoren der Studie, „es sehr stark
       darauf ankommt, wie insbesondere die konservativen und Mitte-Parteien jetzt
       ihre Haltung zum Klima darstellen. Denn die Leute orientieren sich da an
       den Parteien, die sie eh unterstützen.“
       
       Okay, das ist natürlich nur eine mittelgute Nachricht. CDU und CSU zeigten
       zuletzt ebenso wenig Willen wie die FDP, Verantwortung für planetare
       Angelegenheiten zu übernehmen. Stattdessen [3][stänkert jetzt auch
       Friedrich Merz] gegen das Verbrenner-Aus ab 2035. Der Green Deal der
       eigenen „Spitzenkandidatin“ Ursula von der Leyen wird von Unionstruppen
       seit Monaten nach Kräften desavouiert.
       
       Es ist komplett unbefriedigend, dass CDU und CSU ausgerechnet in dem
       Augenblick, da sowohl Demokratie als auch Klima ernsthaften Prüfungen
       ausgesetzt sind, von Männern gelenkt werden, denen man alles Mögliche
       nachsagen kann, nicht aber seriöse und nachhaltige Urteilsbildung. Kann die
       nicht irgendwer in die Pflicht nehmen, dem die auch zuhören? Wolfgang
       Schäuble ist tot. Ich bin mir nicht sicher, ob kluge Thinktanks und
       PolitstudienautorInnen ihn ersetzen können.
       
       26 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Reform-des-Klimaschutzgesetzes/!6003633
 (DIR) [2] https://www.delorscentre.eu/fileadmin/2_Research/1_About_our_research/2_Research_centres/6_Jacques_Delors_Centre/Publications/20240307_Debunking_the_Backlash_Abou-Chadi_Janssen_Kollberg_Redeker.pdf
 (DIR) [3] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-05/verbrenner-verbot-friedrich-merz-auto
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Winkelmann
       
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