# taz.de -- Meduza-Auswahl 23. – 29. Mai: Hätte Berlin Nawalny retten können?
       
       > Der Tiergartenmörder sitzt in Deutschland in Haft. Hätte er gegen
       > Putin-Kritiker Nawalny getauscht werden können? Texte aus dem Exil.
       
 (IMG) Bild: Hamburg, 01. Mäz 2024: Gedenken an Alexej Nawalny in der Nähe des geschlossenen Russischen Generalkonsulats in Hamburg
       
       Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
       wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza
       in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme
       gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter
       [4][taz.de/meduza] immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber
       Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [5][taz Panter Stiftung]
       gefördert. 
       
       In der Woche vom 23. bis zum 29. Mai 2024 berichtete Meduza unter anderem
       über folgende Themen:
       
       ## Putins „neue Elite“ auf dem Abstellgleis
       
       Nach den Präsidentschaftswahlen in Russland vom 15. bis 17. März 2024 hat
       Wladimir Putin Änderungen in seiner Administration vorgenommen. [6][In
       einer Folge der Podcastreihe] „Blick in den Kreml“ (in russischer Sprache)
       beschäftigt sich Meduza mit den russischen Veteranen des Ukraine-Krieges.
       Putin nennt sie „neue Elite“. Doch nach wie vor gibt es in der russischen
       Regierung wohl keine Würdenträger, die am Krieg gegen die Ukraine beteiligt
       waren, so Meduza.
       
       In der Podcast-Folge diskutieren zwei Meduza-Journalistinnen, warum
       Kriegsveteranen in Russland eben noch nicht Teil der Elite geworden sind –
       und wohl auch in naher Zukunft die gläserne Decke nicht durchbrechen
       werden.
       
       ## Im Tausch gegen den Tiergartenmörder
       
       Der russische Youtuber Juri Dud veröffentlicht ein langes Interview mit dem
       im Exil lebenden Oligarchen und Oppositionellen Michail Chodorkowski.
       Während des fast dreistündigen Gesprächs erzählt dieser von den Umbrüchen
       der 1990er Jahre, gibt Gerüchte über Verhandlungen zur Freilassung des
       mittlerweile toten Oppositionellen Alexei Nawalny weiter, und berichtet von
       der schiefgegangenen Meuterei des inzwischen ebenfalls toten Ex-Chefs der
       Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin.
       
       Meduza [7][publiziert die spannendsten Stellen] des Interviews (englischer
       Text) in einer gekürzten Fassung.
       
       „Wenn es einen Feind gibt, der bereit ist, mit einem anderen Feind von mir
       zu kämpfen und ihn möglicherweise so zu schwächen, dass er seine Macht
       verliert und der Krieg früher endet, dann drücke ich bei allem ein Auge zu.
       Das bedeutet nicht, dass ich mich später mit Prigoschin zum Tee
       zusammensetzen würde. Es bedeutet, dass man sich mit dem stärkeren Feind
       befassen muss, bevor man sich mit dem schwächeren befasst. Nur so kann man
       Schlachten gewinnen“, sagt Chodorkowski.
       
       Über einen möglichen Gefangenenaustausch zur Freilassung Nawalnys berichtet
       er: „Es gab eine Anfrage zum Austausch von [Wadim] Krassikow gegen [Alexei]
       Nawalny – sowohl von meiner Seite als auch von der FBK
       [Anti-Korruptions-Stiftung von Nawalny]. Aber die deutsche Seite hatte in
       dieser Angelegenheit noch keine Entscheidung getroffen. Nach dem, was mir
       gesagt wurde, war das deutsche Außenministerium gegen einen Austausch von
       Krassikow gegen Nawalny. Ich weiß nicht, ob das wahr ist oder nicht. Das
       hat man mir gesagt, und ich gebe es jetzt weiter.“
       
       Chodorkowski bezieht sich dabei auf den sogenannten Tiergarten-Mord, bei
       dem ein georgischer Staatsbürger tschetschenischer Herkunft 2019 in Berlin
       erschossen wurde. Im anschließenden Gerichtsprozess [8][hatte, wie auch die
       taz berichtete, ein Zeuge den Täter als Wadim Krassikow identifiziert].
       Laut Anklage arbeitete Krassikow mit staatlichen Stellen Russlands
       zusammen, um den Mord zu begehen.
       
       ## Will Moskau die Grenzen zu Finnland und Litauen neu ziehen?
       
       Am 21. Mai veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium den
       Entwurf eines Dekrets, das im Falle seiner Annahme die Seegrenzen zu
       Litauen und Finnland einseitig ändern würde. Am Dienstag berichteten
       mehrere russische Staatsmedien, dass die Behörden laut einer
       „militärisch-diplomatischen Quelle“ wohl doch nie vorhatten, die Grenze zu
       ändern.
       
       Am Mittwochnachmittag war das Dokument vom Mai von der Website der
       russischen Regierung verschwunden. [9][Meduza erklärt, wie sich der Vorfall
       entwickelt und wie Russlands Nachbarn im Baltikum darauf reagieren]
       (englischer Text).
       
       Das litauische Außenministerium bezeichnete den Vorschlag in einer
       Erklärung gegenüber dem Medium Politico als „eine absichtliche, gezielte,
       eskalierende Provokation, um die Nachbarländer einzuschüchtern“.
       
       ## Straffreiheit gegen Kampfeinsatz
       
       Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine ziehen russische Sträflinge an
       die Front, um zu kämpfen – zunächst als Teil privater Militärdienstleister
       wie der Wagner-Gruppe, dann direkt unter dem russischen
       Verteidigungsministerium. Nun haben Journalisten der britischen BBC News
       Russian Beweise dafür gefunden, dass das Verteidigungsministerium
       Verdächtige rekrutiert, die noch nicht einmal verurteilt sind – und im
       Gegenzug das Strafverfahren gegen sie einstellt. [10][Meduza fasst die
       Erkenntnisse des Senders zusammen] (englischer Text).
       
       Nur diejenigen, die des Terrorismus, des Verrats, der Sabotage, besonders
       schwerer Verbrechen und bestimmter Sexualdelikte angeklagt sind, würden
       derzeit nicht ausgewählt, sagte ein Ermittler gegenüber den Journalisten.
       Alle anderen würden schnell eingezogen.
       
       Im Sommer 2023 verabschiedete die russische Staatsduma ein Gesetz, das es
       Personen, gegen die ermittelt wird, ermöglicht, sich der strafrechtlichen
       Verantwortung zu entziehen, wenn sie einen Vertrag für den Militärdienst
       unterzeichnen. Journalisten fanden Beweise dafür, dass Kriminelle aus
       verschiedenen Gegenden Russlands so rekrutiert wurden.
       
       29 May 2024
       
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 (DIR) [8] /Urteil-im-Tiergartenmord-Prozess/!5822490
 (DIR) [9] https://meduza.io/en/feature/2024/05/22/confusion-is-an-element-of-hybrid-influence
 (DIR) [10] https://meduza.io/en/feature/2024/05/27/the-military-takes-almost-everyone
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gemma Teres Arilla
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