# taz.de -- Jahrestag des Tian'anmen-Massakers: Hongkonger erinnern „35. Mai“ 1989
       
       > Auch in Hongkong ist das Gedenken an den 35. Jahrestag der
       > Niederschlagung von Chinas Demokratiebewegung längst verboten. Doch regt
       > sich Widerstand.
       
 (IMG) Bild: Festnahme des Künstlers Samni Chen in Hongkong am 3. Juni
       
       BERLIN taz | Pekings zentraler Tian'anmen-Platz war Berichten zufolge am
       Dienstagnachmittag selbst mit dem inzwischen obligatorischen Besucherticket
       nicht zugänglich. Stunden zuvor war der bei Touristen beliebte Platz, auf
       dem bei der gewaltsamen Niederschlagung der mehrwöchigen friedlichen
       Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 das sogenannte Tian'anmen-Massaker
       stattfand, noch nach strengen Kontrollen betretbar.
       
       An diesem sensiblen Datum jedoch waren in der Gegend, in der vor 35 Jahren
       geschätzte mehrere hundert Menschen vom Militär getötet wurden, die
       Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt worden. In ganz Festlandchina
       erinnerte nichts an die damalige Gewalt, die Peking weitgehend aus dem
       Bewusstsein der Bevölkerung streichen konnte.
       
       Bei einer Pressekonferenz von Chinas Außenministerium kritisierte die auf
       das Massaker angesprochene Sprecherin Mao Ning die damit aus
       Regierungssicht verbundene Einmischung anderer Staaten. „Zu den politischen
       Unruhen, die Ende der 1980er Jahre passierten, hat die chinesische
       Regierung früh eine klare Schlussfolgerung gehabt“, sagte sie laut dpa,
       ohne auf die Ereignisse selbst einzugehen. Peking habe stets abgelehnt,
       dies als Vorwand zu nutzen, um China anzugreifen und sich in dessen innere
       Angelegenheiten einzumischen.
       
       In Hongkong, das seit 1997 als Sonderverwaltungsregion wieder zu China
       gehört, diente der 4. Juni seit 1989 immer der dortigen Demokratiebewegung
       zur Mobilisierung. Zehntausende gedachten stets an diesem Tag mit Kerzen
       den damals Getöteten im Victoria-Park.
       
       ## Hongkongs Gedenken jetzt „Hass gegen Zentralregierung“
       
       Seit Hongkongs Regierung auf Druck Chinas im Jahr 2020 das nationale
       Sicherheitsgesetz einführte, [1][ist dies nicht mehr erlaubt]. Das stets
       friedliche Gedenken gilt jetzt als „Hass gegen die Zentralregierung“. In
       den letzten Tagen wurden bereits acht Aktivisten festgenommen, die der
       Planung eines öffentlichen Gedenkens verdächtigt wurden. Den Park selbst
       ließ die Regierung mit einem Food Festival blockieren und mit einem
       Großaufgebot an Polizei im gesamten angrenzenden Stadtteil sichern, wie das
       Webportal [2][Hong Kong Free Press] dokumentierte.
       
       Montagabend wurde im Shoppingviertel Causeway Bay der Performance-Künstler
       Sanmu Chen festgenommen. Er hatte mit einer Hand das Datum „8964“ in die
       Luft gemalt und vergossenes Blut simuliert. Später kam er laut Polizei ohne
       Auflagen wieder frei.
       
       Am Wochenende hatte die Polizei laut Hongkongs [3][South China Morning
       Post] schon Besucher des Hunter-Buchladens registriert und damit ungewollt
       für dessen Aktion geworben. Hunter hatte sein Schaufenster mit einem großen
       „35/5“ geschmückt. Der „35. Mai“ meint den 4. Juni und wurde schon vor
       Jahren von Aktivisten in China genutzt, um die Internetzensur zu umgehen.
       Der Laden bot jetzt auch Kerzen zum Preis von „6.4 HK-$“ an.
       
       Taiwans neuer pekingkritischer Präsident Lai Ching-te, dessen Wahl das
       chinesische Regime als Provoktation empfindet, versprach am Dienstag auf
       Facebook: „Die Erinnerung an den 4. Juni wird nicht im Strudel der
       Geschichte verschwinden und wir werden weiter hart daran arbeiten, das
       historische Gedenken am Leben zu halten.“
       
       4 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Demonstrationsverbot-in-Hongkong/!5858911
 (DIR) [2] https://hongkongfp.com/2024/06/04/in-pictures-tiananmen-crackdown-commemorations-foiled-by-large-hong-kong-police-deployment/
 (DIR) [3] https://www.scmp.com/news/hong-kong/politics/article/3265373/hong-kong-bookstore-draws-stream-visitors-hk64-candles-35/5-displays-anniversary-tiananmen-crackdown?utm_source=feedly_feed
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) China
 (DIR) Hongkong
 (DIR) Tiananmen
 (DIR) Massaker
 (DIR) Taiwan
 (DIR) Gedenken
 (DIR) Hongkong
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Liedverbot in Hongkong: Hymne des demokratischen Protests
       
       Ein Gericht verbietet das Protestlied „Glory to Hong Kong“, da es die
       prodemokratischen Proteste romantisiere. Es ist das erste Liedverbot seit
       1997.
       
 (DIR) Digitale Hongkonger Journalisten im Exil: Zwischen Diaspora und Identität
       
       Hongkonger Journalisten in Übersee reagieren auf die pekinghörige Politik.
       2020 ging sie mit einem repressiven Sicherheitsgesetz gegen unabhängige
       Medien vor.