# taz.de -- Drachenbootrennen in Berlin: Familiennachmittag mit Drachenkopf
       
       > Mit dem Blick aufs Wasser, wenn sich dort die Drachenboote zum Rennen
       > sammeln: so darf man sich selbst in Berlin wie am Mekong fühlen.
       
 (IMG) Bild: Prominent und namensgebend vorn am Boot: der Drachenkopf
       
       Weil halt alles Wesentliche in China erfunden wurde, gilt das natürlich
       auch für den Fußball. Bereits ein paar Jahrhunderte vor unserer
       Zeitrechnung soll dort gekickt worden sein. Dass man das dem heutigen Spiel
       aber nicht mehr ansieht, liegt daran, dass die Chinesen vergessen haben,
       sich ihm zeichenhaft einzuschreiben. Dabei hätten schon ein paar
       chinesische Schriftzeichen, mit denen man die Bälle markiert, für eine
       Unverwechselbarkeit gesorgt.
       
       [1][Bei den Drachenbooten] ist der chinesische Ursprung jedenfalls deshalb
       nicht zu übersehen, weil diese langen Paddelboote vorn mit einem
       dekorativen und sehr asiatisch dreinschauenden Drachenkopf geschmückt sind.
       Schon einige Jahrhunderte vor Christus hat es wohl in China
       Drachenbootrennen gegeben, Genaueres verliert sich in Mythen – ist ja
       wirklich alles sehr lange her und reicht doch bis in die Gegenwart nach
       Grünau ganz am Rand von Berlin, wo auf der dortigen Olympia-Regattastrecke
       am Wochenende der 24. Berlin Dragonboat City Cup stattfand.
       
       Und wie sich dort über dem Wasser fettbauchig die Wolken türmten und in der
       Sonne das Gold der Drachenköpfe glitzerte, das war alles so prächtig
       hingemalt, dass man sich beim Blick auf die Weite des Wassers und die Boote
       darauf [2][gut wie am Mekong fühlen konnte].
       
       Dort mal mit dem Drachenboot so richtig im asiatischen Wasser zu paddeln,
       da hätte auch Daniel überhaupt nichts dagegen. Aber, er reibt den
       Zeigefinger am Daumen, das Geld! So eine Ausfahrt nach Asien kostet. Näher
       ist der Weg vom Darß, da kommt der Mittdreißiger her, doch nach Berlin. Im
       Moment macht er das, was man bei so einem Renntag vor allem macht. Er
       wartet.
       
       Es dauert nach einem Rennen eben seine Zeit, bis sich die Boote für den
       nächsten Lauf geordnet haben. Der ist dann ein sekundenkurzes Vergnügen. In
       wenigen Augenblicken sind die 200 Meter, die an dem Tag auf dem Programm
       stehen, durchmessen. Und wieder darf gewartet werden.
       
       ## Nirgendwo riecht es nach Stress
       
       Die Leute machen das geduldig, nirgendwo riecht es nach Stress. Kleinkinder
       krabbeln auf der Wiese, selbstredend gibt es eine Hüpfburg. Eine
       freundliche Familiennachmittagstimmung schiebt sich übers Gelände, auf
       einem Partyzelt heißt es „Hong Kong Economic and Trade Office“, eine junge
       Frau spielt darin einsam mit dem Handy. Wenige Meter weiter riecht es nach
       gebratenen Nudeln, ein Asiaimbiss. Und diese Nudel holen einen wieder
       zurück. Wenig schmeckt da nach Asien und Mekong. Das schmeckt dann doch
       nach Sojasauce und Berlin.
       
       Bis Daniel mit seinem Team an der Reihe ist, dauert es noch. An der Küste,
       erzählt er, seien bei jedem Hafenfest Drachenboote unterwegs. Ein
       exotischer Farbtupfer. Und eine Randsportart. „Es ist eine aussterbende
       Rasse“, sagt Daniel und dass die Teams Schwierigkeiten haben, die Menschen
       ins Boot zu holen. Dabei wird gern gepaddelt. Stand-up etwa. Aber das macht
       man ja auch allein, während in so einem Drachenboot 20 Leute sitzen. „Die
       alle das Gleiche machen müssen“, synchron. Und dass dazu Frauen und Männer
       gemeinsam in einem Boot sitzen. Wo gibt es das schon sonst im Sport, meint
       Daniel.
       
       Beim Berlin Dragonboat City Cup nehmen mehrere Dutzend Teams teil. Sie
       nennen sich Spreecoyoten, Beast Boat oder Seebären. Sie kommen aus ganz
       Deutschland. Bei einem Rennen sind auch kanadische Fahnen zu sehen, mit
       denen ein Team angefeuert wird.
       
       Im nächsten Rennen sind die Taiwan Dragons am Start. Fünf Boote warten auf
       das Signal. Hinten auf den langen schmalen Booten mit dem Drachenkopf steht
       der Steuermann (oder die Steuerfrau) am Ruder, vorne sitzt die Trommlerin
       (oder der Trommler), die an der großen Trommel gleich den Takt schlagen
       wird. Dazwischen die 20, die paddeln, 200 Meter die Dahme hinunter zum
       Ziel. Mächtig Wasser wird da geschaufelt, je höher die Frequenz, desto
       Erster am Ziel. Vorbei geht es an einem Spalier mit winkenden
       taiwanesischen Fähnchen.
       
       Es hilft nichts. Die Taiwan Dragons werden Vorletzter. Als Erste gehen die
       Swimming Stones durchs Ziel.
       
       23 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Drachenboot
 (DIR) [2] /Die-steile-These/!5699811
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Mauch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Kolumne Großraumdisco
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Paddeln
 (DIR) Wassersport
 (DIR) Regatta
 (DIR) Tradition
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Kolumne Großraumdisco
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wahlhelfer bei der Europawahl: Die Zettel in einem wirbelnden Tanz
       
       Die einen geben ihre Stimme ab, und die anderen zählen sie. So funktioniert
       Demokratie. Es ist ein Freiwilligendienst, der auch zur Demutsübung wird.
       
 (DIR) Flashmob des Symphonie-Orchesters: Halleluja Unterhosen
       
       Auch in der klassischen Musik will man dort hin, wo halt die Menschen sind:
       Das Deutsche Symphonie-Orchester lud zum „Symphonic Mob“ in eine Mall.
       
 (DIR) Fliegenfischer-Treffen in Hamburg: Männer, die Fake-Insekten basteln
       
       In Hamburg kommt die Fliegenfischerszene in einem Strandbad zusammen –
       initiert von der CDU. Ein Tag voll Glitzer, Currywurst und Oppossumfell.