# taz.de -- Gasgewinnung in der Nordsee: Um die Wette bohren
       
       > Niederländische und deutsche Umweltorganisationen protestierten gegen
       > eine Bohrplattform nördlich des Wattenmeers. Doch Den Haag gibt nun
       > grünes Licht.
       
 (IMG) Bild: Das Wattenmeer an der Nordsee ist Weltkulturerbe – und Energiespeicher
       
       AMSTERDAM taz | Die umstrittenen Gasbohrungen im niederländisch-deutschen
       Grenzgebiet der Nordsee sind einen großen Schritt nähergerückt. Am
       vergangenen Freitag beschloss das höchste niederländische
       Verwaltungsgericht in Den Haag, dass der niederländische Energiebetrieb
       One-Dyas mit seinen Vorbereitungen zur Gasgewinnung fortfahren darf.
       
       [1][Geklagt hatten dagegen mehrere Umweltorganisationen] aus beiden
       Ländern, darunter die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace und
       Natuurmonumenten. Unter anderem wegen entstehender
       [2][Stickstoff-Emissionen] und Unterwasserlärm forderten sie, die Anlegung
       der Bohrinsel auszusetzen und die Umweltlizenzen zurückzuziehen.
       
       Das betroffene Gasfeld liegt etwa 20 Kilometer nördlich der Watteninseln
       Schiermonnikoog und Borkum. Bereits seit September vergangenen Jahres
       verhandelt das Gericht in Den Haag die Erlaubnis für die Bohrungen dort. Im
       April dieses Jahres hatte ein Den Haager Gericht noch Teile der
       Umweltgenehmigung außer Kraft gesetzt und den Bohrbeginn damit
       aufgeschoben.
       
       Nachdem One-Dyas mit zusätzlichen Dokumenten die Zweifel im Ministerium
       beseitigt hatte, erteilte der niederländische Staatssekretär für Bergbau
       Hans Vijlbrief Ende Mai eine neue Lizenz.
       
       One-Dyas wollte daraufhin seine Bohrinsel bereits Anfang Juni installieren.
       Greenpeace-Aktivist*innen besetzten dann in einer Protestaktion die
       Bohrplattform. Sie forderten [3][keine neuen fossilen Energiequellen in der
       Nordsee] zu nutzen. Ein Eilantrag der Umweltorganisationen legte das
       Vorhaben schließlich in letzter Minute auf Eis. Das höchste
       Verwaltungsgericht verhängte einen vorläufigen Baustopp bis zum Urteil vom
       Freitag.
       
       ## Wirtschaftliche Interessen wiegen schwerer
       
       Das Gericht entschied nun „zum Nachteil von DUH und anderen“. Damit schätzt
       es die von den Kläger*innen vorgebrachte Schädigung der Natur als
       weniger schwerwiegend ein. Und bewertet die „betriebswirtschaftlichen
       Interessen von One-Dyas“ sowie die „Lieferungssicherheit von Erdgas im
       Winter 2024-2025 zur Überbrückung der niederländischen Energie-Transition“
       als übergeordnet.
       
       Das Thema Energiesicherheit ist in den Niederlanden heikel: im Herbst wurde
       die Gasgewinnung unterhalb der Provinz Groningen eingestellt, nachdem diese
       jahrelang immer wieder für Erdbeben gesorgt hatte. Dadurch wurde das Land
       in kurzer Zeit vom Gas-Exporteur zum Importeur. In die gleiche Periode fiel
       auch der europäische Abschied von russischem Gas als Reaktion auf den
       Angriff auf die Ukraine.
       
       Schon unter der nun abtretenden Regierung Mark Ruttes war die Nordsee als
       Fördergebiet vorgesehen. Die neue Rechts-Regierung, die Anfang Juli
       vereidigt werden soll, will diese laut Koalitionsvertrag „ausweiten“.
       One-Dyas-Direktor Chris de Ruyter van Steveninck will nun „schnell
       weitermachen um Ende 2024 das erste Erdgas aus dem Gebiet liefern zu
       können“.
       
       Ein Greenpeace-Statement kritisiert dagegen „mitten in der Klima-Krise nahe
       des verletzbaren Wattenmeers nach neuem Gas zu bohren“. Eine Sprecherin der
       Organisation Natuurmonumenten wies auf ein noch ausstehendes Hauptverfahren
       hin. „Das Rennen ist noch nicht gelaufen.“
       
       23 Jun 2024
       
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 (DIR) Tobias Müller
       
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