# taz.de -- Europäische Landwirtschaft: EU bei Lebensmitteln Exportchampion
       
       > Auch 2023 exportierte die EU viel mehr Lebensmittel als sie importierte.
       > Trotzdem beklagen viele Bauern, dass ihre Existenz durch Billigimporte
       > bedroht sei.
       
 (IMG) Bild: Die EU importiert zwar Soja, dafür exportiert sie aber auch Schweinefleisch, wofür dieses Futtermittel gebraucht wird
       
       BRÜSSEL taz | Anders als manche Landwirte suggerieren, importiert die EU
       viel weniger Lebensmittel, als sie exportiert. „Unser Handelsüberschuss im
       Agrar- und Lebensmittelsektor ist wertmäßig der zweitgrößte weltweit; vor
       uns liegt nur Brasilien, das sehr wenig importiert“, sagte
       EU-Kommissionssprecher Olof Gill auf taz-Anfrage. „Die EU ist der größte
       Agrar- und Lebensmittelexporteur der Welt. Die Nummer zwei, die USA, liegt
       mit großem Abstand hinter uns. Das wird oft vergessen.“ 2023 exportierte
       die EU solche Waren laut Kommission im Wert von [1][229 Milliarden Euro,
       allen voran nach] Großbritannien, in die USA und nach China. Der
       Handelsüberschuss betrug 70 Milliarden Euro.
       
       Tatsächlich fordert der Bauernverband regelmäßig, die
       „Wettbewerbsfähigkeit“ der Landwirtschaft zu verbessern, indem die EU
       „Bürokratie“ abbaut. Damit ist auch gemeint, Umweltvorschriften abzubauen,
       die die Landwirte erfüllen müssen, wenn sie die jährlich 55 Milliarden Euro
       Agrarsubventionen erhalten wollen. Viele Bauern argumentieren zudem, Regeln
       für Natur- und Tierschutz würden dafür sorgen, dass Importe von außerhalb
       der EU die heimischen Produkte verdrängten.
       
       „Es gibt eine große Diskrepanz zwischen der Realität und der öffentlichen
       Wahrnehmung, wenn es um den Agrar- und Lebensmittelhandel der EU geht“,
       sagt Gill. „Wir schlagen uns sehr gut im internationalen Agrar- und
       Lebensmittelhandel.“ Die EU sei zum Beispiel „Weltmeister bei Export von
       Käse und Schweinefleisch“. Beides seien Produkte mit einer hohen
       Wertschöpfung. Auch bei „sensiblen“ Produkten, bei denen die EU nicht immer
       wettbewerbsfähig ist, sei die Bilanz positiv. „Der Wert unserer
       Rindfleischexporte ist doppelt so hoch wie der unserer iImporte. Das nützt
       unseren Bauern.“
       
       Bei Freihandelsabkommen schütze die EU gerade die sensiblen Sektoren
       innerhalb der Landwirtschaft. So habe sie es auch bei dem [2][Vertrag mit
       Kanada (Ceta)] getan, der seit 6 Jahren angewendet wird. „Wir haben kaum
       Rindfleisch aus Kanada importiert, obwohl dem Land ein zollfreies
       Importkontingent eingeräumt wurde. Warum? Weil wir in der Union kein mit
       Hormonen erzeugtes Rindfleisch zulassen“, so der Kommissionssprecher.
       Kanada hat der Behörde zufolge 2023 die Quote nur zu rund 3 Prozent
       ausgeschöpft. Das waren lediglich 1030 Tonnen Rindfleisch.
       
       ## Hormonverbot schützt EU-Bauern
       
       Bauernvertreter und Umweltschützer hatten gewarnt, dass das Abkommen den
       Wettbewerbsdruck auf EU-Rinderhalter erhöhe. Fleisch von Rindern, die mit
       Wachstumshormonen gemästet werden, würde den europäischen Markt
       überschwemmen.
       
       Das Hormonverbot sei auch ein Beispiel dafür, dass die EU bereits einen
       Teil ihrer Umwelt- und Tierschutzstandards auf Einfuhren anwende, wie es
       viele Landwirte verlangen. „Unsere Tierschutzanforderungen in
       Schlachthäusern gelten schon jetzt für jedes Stück Fleisch, das wir
       importieren.“ Gill wies aber ebenfalls darauf hin, dass die Bauern etwa in
       Brasilien nicht von den milliardenschweren Subventionen der Gemeinsamen
       Agrarpolitik der EU profitieren.
       
       Die [3][Europäische Union] importiere vor allem Obst und Nüsse, Ölsaaten
       und Eiweißpflanzen sowie Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze, die sie selbst gar
       nicht oder nur in nicht genügenden Mengen erzeugt. Beide Kategorien machten
       2023 jeweils 13 Prozent der Einfuhren aus. „Viele der Produkte, die wir
       importieren, werden nicht direkt von den Verbrauchern gegessen, sondern
       weiterverarbeitet zu Waren mit höherer Wertschöpfung“, so Gill. Er nannte
       Futtersoja aus Brasilien als Beispiel, mit dem Bauern in der EU
       Schweinefleisch erzeugen.
       
       17 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://agriculture.ec.europa.eu/document/download/b2e5ee02-4a25-4a6b-9663-92dbee9eb211_en?filename=monitoring-agri-food-trade_dec2023_en.pdf
 (DIR) [2] /Vereint-gegen-Freihandel/!5999734
 (DIR) [3] /Hohe-Strafzoelle-auf-E-Autos/!6013537
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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