# taz.de -- Bauernverband über Agrarpaket der Ampel: Bauern wollen noch mehr Privilegien
       
       > Verbandschef Rukwied reicht das Agrarpaket der Ampel nicht. Sie solle
       > Landwirten noch mehr Steuern erlassen und auf mehr Tierschutz verzichten.
       
 (IMG) Bild: Mit 88 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt: Joachim Rukwied, Präsident des Bauernverbandes, hier auf der Grünen Woche in Berlin
       
       Der Deutsche Bauernverband fordert nach dem Agrarpaket der Ampelkoalition
       weitere Erleichterungen für die Landwirtschaft. „Das ist kein
       Entlastungspaket, das ist lediglich ein Päckchen und Lichtjahre entfernt
       von dem, was notwendig ist“, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied am
       Mittwoch in Cottbus. Hier findet noch bis diesen Donnerstag der Bauerntag
       statt, die Mitgliederversammlung der Organisation. Rukwied verlangte, dass
       die Bundesregierung den Bauern noch mehr Steuern erlässt. Außerdem müsse
       die Ampel auf die geplanten Reformen gegen Überdüngung, zu hohen
       Pestizideinsatz und Missstände in der Tierhaltung wie das [1][ganzjährige
       Fixieren von Kühen] etwa mit Ketten verzichten.
       
       Damit antwortete Deutschlands größte Agrarunternehmerorganisation auf die
       Ankündigung der Ampel-Fraktionsspitzen vom Dienstag, dass Land- und
       Forstwirte künftig weniger Einkommensteuer zahlen müssen, wenn ihre Gewinne
       schwanken. „Die Steuermindereinnahmen werden auf 150 Millionen Euro für
       einen Dreijahreszeitraum geschätzt“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters
       aus dem Entwurf. Die Koalition begründet dieses Steuerprivileg damit, dass
       die Einkommen in Land- und Forstwirtschaft „aufgrund wechselnder
       Witterungsbedingungen, etwa durch Dürreperioden“, variieren könnten.
       
       Zudem will die Ampel eine Prämie für Bauern einführen, die ihre Tiere auf
       der Weide und nicht nur im Stall halten. Das soll dem Tierschutz nützen und
       dazu beitragen, die für Klima und Artenvielfalt wichtigen Weiden zu
       erhalten. Die Landwirtschaft ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass
       immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Die Branche verursacht
       inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen laut Umweltbundesamt 13
       Prozent der Treibhausgase hierzulande. Die Weideprämie soll nicht zulasten
       der EU-Agrarsubventionsart gehen, die Bauern pro Hektar weitgehend
       unabhängig davon erhalten, wie umweltfreundlich oder -schädlich sie
       wirtschaften.
       
       Weiterhin wollen die Koalitionäre „Bürokratie“ abbauen. Sie ließen aber
       offen, was genau sie damit meinen. Die EU hatte bereits die Pflichtbrache
       und andere Umweltauflagen für die Agrarsubventionen gekippt; Deutschlands
       Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) votierte trotz Kritik von Umweltverbänden
       nicht dagegen. Mit den Maßnahmen will die Ampel ihr Versprechen einlösen,
       das sie den Landwirten nach den Bauernprotesten im Winter gegeben hatte.
       Diese hatten sich daran entzündet, dass die Bundesregierung die Subvention
       für den Agrardiesel streicht, mit dem Bauern beispielsweise ihre Traktoren
       betreiben.
       
       ## Ruckwied hat noch nicht genug
       
       Die Erfolgsliste des Bauernverbandes ergänzte Rukwied in seiner Rede damit,
       dass die EU auch ihren Vorschlag für eine Verordnung zur Senkung des
       Pestizideinsatzes (SUR) zurückgezogen hat. Er will aber noch mehr: Die
       Ampel dürfe im neuen Tierschutzgesetz nicht die Regeln gegen das
       Abschneiden der Ringelschwänze von Ferkeln verschärfen und auch nicht die
       Anbindehaltung von Rindern grundsätzlich untersagen.
       
       Die Stoffstrombilanz, in der manche Betriebe ermitteln müssen, wie viel
       Stickstoff sie in die Umwelt abgeben, gehöre „sofort gestrichen“. Özdemir
       solle sein – von Umweltverbänden als zu unverbindlich kritisiertes –
       geplantes Zukunftsprogramm Pflanzenschutz aufgeben. Bundeskanzler Olaf
       Scholz’ Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Euro brandmarkte Rukwied
       als „verantwortungslos“, weil diese Summe für viele Erdbeer-, Spargel- oder
       Weinbetriebe mit hohem Arbeitskräftebedarf „das Aus bedeuten“ würde.
       
       In der Diskussion nach seiner Rede drangen mehrere Delegierte darauf,
       wieder auf die Straße zu gehen, um die Politik zu noch mehr Zugeständnissen
       zu bewegen. Rukwied antwortete darauf, derzeit würde das nicht viel
       bringen. Am Ende wählten ihn die Delegierten mit [2][88 Prozent der
       abgegebenen Stimmen] wieder – etwas mehr als bei seiner letzten Wahl 2020.
       
       26 Jun 2024
       
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