# taz.de -- Entscheidung des US-Supreme Courts: Zugang zu Abtreibungspille gesichert
       
       > In einer einstimmigen Entscheidung haben die Richter*innen des
       > Obersten Gerichts der USA den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen
       > erleichtert.
       
 (IMG) Bild: Seit langem versuchen Abtreibungsgegner*innen den Zugang zu Schwangerschaftabbrüchen gerichtlich einzuschränken
       
       WASHINGTON afp | Der Oberste Gerichtshof der USA hat Einschränkungen zum
       Einsatz einer häufig genutzten Abtreibungspille kassiert. In ihrer
       einstimmigen Entscheidung urteilten die neun Richter am mehrheitlich
       konservativ besetzten Supreme Court am Donnerstag, Abtreibungsgegner und
       Ärzte dürften Einschränkungen für den Zugang zum Präparat Mifepriston nicht
       vor Gericht erwirken. Damit hoben sie von einem Gericht im Bundesstaat
       Texas beschlossene Beschränkungen zur Nutzung der Abtreibungspille auf.
       
       Abtreibungsgegner versuchen in den USA seit langem, den landesweiten Zugang
       zu dem in Deutschland unter dem Namen Mifegyne verbreiteten Präparat
       einzuschränken. Mifepriston wird in den USA bei den meisten
       Schwangerschaftsabbrüchen eingesetzt. Die Pille war in den Vereinigten
       Staaten erstmals im Jahr 2000 von der Arzneimittelbehörde FDA zugelassen
       worden, im Jahr 2016 hatte die FDA ihre mögliche Nutzung bis zur zehnten
       Schwangerschaftswoche ausgedehnt.
       
       Der von [1][Ex-Präsident Donald Trump] ernannte Richter Brett Kavanaugh
       erklärte in der Urteilsbegründung, zwar würden die Richter anerkennen, dass
       „zahlreiche Bürger, einschließlich der klagenden Ärzte, ernstzunehmende
       Bedenken zur Nutzung von Mifepriston zur Ausführung von
       Schwangerschaftsabbrüchen und Einwände dagegen“ hätten. Den Klägern fehle
       jedoch die Befugnis, vor Gericht dagegen vorzugehen, dass es „anderen
       Menschen schlicht erlaubt ist, bestimmten Tätigkeiten nachzugehen“. Daher
       sei die Klage gegen das Vorgehen der FDA nicht zulässig.
       
       ## „Gerichte hierfür nicht der geeignete Ort“
       
       Weiter hieß es in der Urteilsbegründung, die Kläger müssten sich mit ihren
       Bedenken zum Einsatz von Mifepriston an die FDA, den Präsidenten oder den
       Kongress wenden. Sie dürften zudem ihre Meinung dazu öffentlich zum
       Ausdruck bringen, auch im Zusammenhang mit Wahlen. Bundesgerichte seien
       hierfür jedoch nicht der geeignete Ort.
       
       Ein unter Trump ernannter konservativer Bezirksrichter in Texas hatte im
       vergangenen Jahr ein Urteil gefällt, das Mifepriston verboten hätte. Ein
       Berufungsgericht hob das vollständige Verbot später auf, weil die Frist für
       die Anfechtung der Zulassung der Arzneimittelbehörde FDA abgelaufen war. Es
       schränkte jedoch den Zugang zu dem Medikament ein.
       
       Unter anderem reduzierte das Berufungsgericht den Zeitraum, in dem
       Mifepriston verwendet werden kann, von zehn auf sieben
       Schwangerschaftswochen und untersagte die Lieferung per Post. Diese
       Einschränkungen wurden mit dem Urteil des Obersten Gerichts nun wieder
       aufgehoben.
       
       Der Supreme Court hatte im Juni 2022 mit seiner höchst umstrittenen
       Entscheidung [2][ein politisches Erdbeben ausgelöst], das Grundsatzurteil
       Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 aufzuheben, das ein landesweites Grundrecht
       auf Abtreibungen verankert hatte. Etwa 20 Bundesstaaten haben seitdem
       Abtreibungen verboten oder stark eingeschränkt.
       
       ## Abtreibung ist Hauptthema des Wahlkampfs
       
       Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der US-Bürgerinnen und US-Bürger für den
       weiteren Zugang zu sicheren Abtreibungen. Konservative dringen jedoch
       darauf, dies einzuschränken oder ganz zu verbieten. Bei der
       US-Präsidentschaftswahl im November könnte das Thema Abtreibung zu einem
       wichtigen Thema werden: US-Präsident Joe Biden hat den [3][Schutz des
       Rechts auf Abtreibung] zu einem der Hauptthemen seines Wahlkampfs gemacht.
       
       Biden erklärte nach dem Urteil des Obersten Gerichts am Donnerstag, der
       „Kampf für reproduktive Freiheit“ gehe weiter. Weiterhin sei für Frauen das
       Recht auf die von ihnen benötigte Behandlung „in vielen Bundesstaaten
       bedroht oder es wird ihnen vollständig verweigert“. Die Angriffe auf
       medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche seien Teil des „extremen und
       gefährlichen Vorhabens“ der Republikaner, Abtreibungen landesweit zu
       verbieten.
       
       Im Senat blockierten die Republikaner am Donnerstag auch einen
       Gesetzentwurf, der ein bundesweites Recht auf künstliche Befruchtung
       festschreiben soll. Das Recht auf sogenannte In-Vitro-Befruchtungen (IVF)
       soll nicht nur für Familien gelten, sondern auch für die Anbieter solcher
       Behandlungen. Ein erweiterter Versicherungsschutz soll zudem die Kosten
       senken.
       
       In einer Vorabstimmung votierten aber nur 48 Senatoren für den
       Gesetzentwurf, darunter lediglich zwei Republikaner. Nötig wäre eine
       Mehrheit von mindestens 60 Stimmen gewesen.
       
       Das Gesetz solle lediglich „ein landesweites Recht auf künstliche
       Befruchtung schaffen und Hindernisse für Millionen von Amerikanern
       beseitigen, [4][die eine künstliche Befruchtung wünschen, um Kinder zu
       bekommen]“, kritisierte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck
       Schumer. Das Thema betreffe auch ihn persönlich. „Dank des Wunders der
       künstlichen Befruchtung habe ich einen wunderschönen einjährigen Enkel.“
       
       14 Jun 2024
       
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