# taz.de -- Schweden lässt US-Militär ins Land: Atomwaffen nicht ausgeschlossen
       
       > Schwedens Parlament billigt ein Militärabkommen mit den USA. US-Truppen
       > können Stützpunkte und Flughäfen nutzen – ohne nukleare Einschränkung.
       
 (IMG) Bild: US-Soldaten bei einer Übung mit dem schwedischen Militär in Mittelschweden 2023
       
       STOCKHOLM taz | Das Ergebnis war eindeutig, die Kritik ist es ebenso: Mit
       266 Ja-Stimmen hat der schwedische Reichstag ein Abkommen abgesegnet, das
       den USA Zugang zu 17 schwedischen Militäreinrichtungen garantiert. Es gab
       36 Gegenstimmen – alle von Abgeordneten der Linken und der Grünen. 46
       Abgeordnete erschienen nicht zur Abstimmung am Dienstag. Da für das
       Inkrafttreten Verfassungsänderungen nötig sind, war eine
       Dreiviertelmehrheit Voraussetzung.
       
       [1][Das DCA-Abkommen (Defense Cooperation Agreement)] hatten die beiden
       Verteidigungsminister Pål Jonson (Moderate) und Lloyd Austin bereits im
       Dezember unterzeichnet. Es regelt, dass und wie das US-Militär Stützpunkte
       in Schweden für Militärübungen und zur Lagerung von Material, Fahrzeugen,
       Waffen und Munition nutzen kann. Die schwedische Regierung will damit die
       Abschreckung und Stabilität des eigenen Landes stärken. Sie betont, dass
       das Abkommen auf schwedischer Souveränität und Einverständnis beruhe.
       
       ## Atomwaffenstationierung nicht explizit ausgeschlossen
       
       Ähnliche Verträge haben auch Dänemark und Norwegen geschlossen – mit
       kleinen, aber feinen Unterschieden, die von kritischen Stimmen
       hervorgehoben werden. Schweden hat nicht explizit geregelt, dass die
       Stationierung von Atombomben ausgeschlossen ist. „Das Abkommen schließt
       nicht klar die Tür für Atomwaffen auf schwedischem Territorium“,
       kritisierte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Emma
       Berginger, gegenüber der Zeitung Dagens Nyheter. Sie ist nicht die Einzige
       mit dieser Sorge.
       
       Verteidigungsminister Jonson verwies jedoch darauf, dass das DCA-Abkommen
       nicht zum Ziel habe, dass es dauerhafte US-Militärbasen oder Kernwaffen in
       Friedenszeiten gebe. „Kein Land kann Schweden zwingen, Atomwaffen auf
       schwedischem Territorium zu haben“, sagte er. Apropos Friedenszeiten:
       Tatsächlich geht es bei dem Abkommen natürlich um den Ernstfall. Damit soll
       die US-Armee die Logistik für mögliche Einsätze in Nordeuropa schon
       präventiv aufbauen können.
       
       ## Amerikanisches Recht für US-Soldaten
       
       Ein weiterer Kritikpunkt ist die Regelung, wonach für US-Soldaten auch in
       Schweden primär das US-Recht gilt. Sie können also bei Gesetzesverstößen
       nicht von schwedischen Gerichten, sondern nur von amerikanischen zur
       Rechenschaft gezogen werden.
       
       Verteidigungsminister Jonson erklärte dies für „händelbar“, da die
       schwedische Regierung in wichtigen Fällen dennoch die Zuständigkeit der
       eigenen Gerichtsbarkeit anmelden könne.
       
       Nicht alle 17 im Vertrag genannten Stützpunkte – von Kiruna ganz im Norden
       bis Ravlunda ganz im Süden – würden in der Praxis von der US-Armee genutzt,
       schon gar nicht gleichzeitig, meinte Jonson zur Frage, inwieweit die
       schwedische Bevölkerung im Alltag betroffen sein dürfte. Doch dort, wo die
       US-Armee ihre neuen Befugnisse tatsächlich nutzt, dürfte ihre Präsenz
       spürbar sein.
       
       Sechs der acht Reichstagsparteien stimmten nun also für das Abkommen. Der
       verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Peter Hultqvist,
       fasste die Begründung in der vorangehenden Debatte so zusammen: Die
       demokratischen Länder müssten in der aktuellen Sicherheitslage
       zusammenhalten. Die Bedrohung durch Russland hatte Schweden schon zum
       Nato-Beitritt und damit zur Aufgabe seiner 200 Jahre währenden Neutralität
       gebracht.
       
       ## Schwedische Linke in Sorge wegen nächster US-Wahl
       
       Die Linke hingegen sieht eine Gefahr darin, dass die USA, denen man diesen
       weitgehenden Zugang zu schwedischem Territorium gibt, nach der nächsten
       Präsidentschaftswahl nicht mehr dieselben sein könnten. „Es würde die
       Sicherheitslage weltweit verändern, wenn Trump wieder Präsident wird“,
       warnte der außenpolitische Sprecher HåkanSvenneling.
       
       Dass die Kernwaffenfrage nicht, wie etwa im norwegischen Abkommen, explizit
       geklärt wurde, kritisiert auch der Chef des Stockholmer
       Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith. „Der Prozess war nicht so
       vollständig, wie er hätte sein können und sollen“, sagte er der
       Nachrichtenagentur TT. Smith geht davon aus, dass die USA Kernwaffen für
       militärische Übungen nach Schweden bringen könnten, allerdings zeitlich
       begrenzt. Er sehe dennoch Schwedens Stimme als Atomwaffengegner geschwächt.
       
       19 Jun 2024
       
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