# taz.de -- DFB-Aus im Viertelfinale: Im Land der Miesmacher
       
       > Bundestrainer Julian Nagelsmann hat forsch angekündigt, man müsse zwei
       > Jahre warten bis zum Titel. Sein Kader legt nahe: Es könnte auch länger
       > dauern.
       
 (IMG) Bild: Vor dem Umbau: eine DFB-Elf mit Manuel Neuer und Toni Kroos wird es nicht mehr lange geben
       
       Julian [1][Nagelsmann] merkte erst an den ungläubigen
       Journalistengesichtern, dass er da wohl etwas Ungewöhnliches gesagt hatte.
       „Die gefällt euch, die Aussage, gell?“, stellte er nach fixem Rundumblick
       fest. Zum knappen Scheitern im Viertelfinale gegen Spanien in der letzten
       Minute der Verlängerung hatte er gerade erklärt: „Das tut weh, und auch,
       dass man zwei Jahre warten muss, bis man Weltmeister wird.“
       
       Solch forsche Kampfansagen wie diese von Stuttgart sind tatsächlich
       gewöhnungsbedürftig, auch wenn Nagelsmann im Nachgang versuchte, sie etwas
       abzumildern. Das wolle doch jeder, der an so einem Turnier teilnimmt. Im
       September 2023 war sein Vorgänger [2][Hansi Flick] nach einer
       Testspielniederlage gegen das eigentlich schwächer eingeschätzte Japan noch
       bemüht gewesen, eine neue Bescheidenheit zu etablieren. „Die Japaner sind
       alle top ausgebildet, haben die Basics drauf. Wir im deutschen Fußball
       müssen mal aufwachen und an den Dingen arbeiten.“
       
       Nagelsmann, das wurde auch am Samstag bei seinem letzten öffentlichen
       Auftritt klar, versteht sich als leidenschaftlicher Spender positiver
       Energie in einem Land der Miesmacher. Und er gab seine Wunschvorstellung
       preis, die DFB-Elf könnte mit ihrem Auftritt bei dieser
       [3][Europameisterschaft] obendrein noch eine gesellschaftliche
       Aufbruchstimmung in Gang bringen. Obwohl das nun wohl schon wieder unter
       den schwerwiegenden Vorwurf der Miesmacherei fällt, sei der Hinweis
       erlaubt: Für den nächsten Weltmeistertitel ist eventuell mit einer größeren
       Wartezeit zu rechnen.
       
       Das Funken der Aufbruchssignale erfolgte nämlich aus dem EM-Camp, wo sich
       die letzten Wochen mit 28,5 Jahren der älteste Kader des Turniers
       versammelt hatte. Mit dem 34-jährigen [4][Toni Kroos] hatte Nagelsmann noch
       einmal Anleihe aus dem deutschen Weltmeisterschaftskader von 2014 genommen,
       um das Team zu stabilisieren.
       
       Ein schlauer Schachzug des Trainers, wie sich nun herausstellte, ebenso wie
       das Hinzuholen formstarker Spieler unabhängig von ihren Meriten in der
       Vergangenheit. Zukunftsträchtiger hat das aber den Kader nicht gemacht.
       Robert Andrich feiert trotz seiner jugendlichen Experimentierfreude mit
       Haarfarben in wenigen Wochen bereits seinen 30. Geburtstag. Und bei
       Maximilian Mittelstädt, 27, deutet ebenfalls nicht viel daraufhin, dies
       wäre nun erst der Anfang einer langen Nationalmannschaftskarriere gewesen.
       
       ## Leistungsträger auf der Schlussrunde
       
       [5][Thomas Müller] ließ am Freitagabend in den Katakomben von Stuttgart
       durchblicken, der Einsatz gegen Spanien könnte sein letzter gewesen sein.
       Er werde sich mit dem Bundestrainer in den nächsten Tagen darüber
       austauschen. Ein ähnliches Gespräch könnte mit Manuel Neuer, 38, anstehen.
       Auf [6][İlkay Gündoğan], 33, wird Nagelsmann angesichts der größeren
       anstehenden Umbauarbeiten gewiss erst einmal nur ungern verzichten.
       
       Jenseits der großen Versprechen der Zukunft, Florian Wirtz und Jamal
       Musiala, klaffen im deutschen Kader perspektivisch einige Lücken.
       Nachwuchssorgen gibt es nicht erst seit gestern auf den
       Außenverteidigerpositionen und im Sturmzentrum. Etwas besser sind die
       Aussichten im defensiven Mittelfeld, wo dem 20-jährigen Aleksandar
       Pavlović, der beim FC Bayern bereits bemerkenswerte Auftritte hatte, erste
       EM-Erfahrung nur wegen einer Verletzung versagt blieben. Angelo Stiller,
       23, konnte sich wiederum als eine der Stützen beim VfB Stuttgart
       profilieren.
       
       Julian Nagelsmann kündigte für den bereits in acht Wochen anberaumten Start
       der Nations League ein anderes Gesicht der deutschen Nationalmannschaft an.
       „Da werden wir sicher am Kader etwas machen.“ Das sei notwendig, um dann
       auch den „perfekten Kader“ für die wichtige WM-Qualifikation
       zusammenzustellen.
       
       Zu den Perspektiven des deutschen Teams äußerte sich Thomas Müller, der
       unverdächtig ist, ein Miesmacher zu sein, etwas zurückhaltender als sein
       Trainer. Er glaube schon, „wenn man den Weg weitergeht, man in den nächsten
       Jahren auch wettbewerbsfähig bleibt. Die Garantie, dass man Halbfinals
       bucht oder so, die hat man halt nicht.“
       
       7 Jul 2024
       
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 (DIR) Johannes Kopp
       
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