# taz.de -- Kulturpolitik in Deutschland: Skandaltrainiert und politisch
       
       > Marion Ackermann wird neue Präsidentin der Stiftung Preußischer
       > Kulturbesitz. Zuvor hat sie die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden
       > geleitet.
       
 (IMG) Bild: „Kunst verhandelt die Freiheit“, sagte die über expressionistische Malerei promovierte Kunsthistorikerin
       
       BERLIN taz | Die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden haben seit 2014
       sichtbar politisch Stellung bezogen, mit großen Plakaten an der
       Gemäldegalerie, die gegen Pegida protestierten. Dahinter stand auch die
       bisherige Generaldirektorin Marion Ackermann, die nun Präsidentin der
       Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz werden soll. Ihre Position ist
       eindeutig: „Kunst verhandelt die Freiheit. Wir wenden uns an alle Gruppen“,
       sagte die über expressionistische Malerei promovierte Kunsthistorikerin
       [1][kürzlich im Handelsblatt].
       
       Seit vergangenem Herbst suchte die Preußen-Findungskommission eine
       Nachfolge für den seit 2008 amtierenden Hermann Parzinger. Die aktive
       Kulturmanagerin stand überhaupt nur zur Verfügung, weil ihr Dresdner
       Vertrag als Chefin der Staatlichen Kunstsammlungen von der
       CDU-SPD-Koalition erst nach den Landtagswahlen verlängert werden sollte.
       
       Ackermann versucht, auch [2][postkoloniale Perspektiven] in die Museen
       einzubringen, hat zudem vorsichtigste Diplomatie bewiesen in den vielen
       Debatten um die Präsentation von Staatskunst der DDR. Das läuft nicht
       widerspruchsfrei: Als Ackermann kürzlich darauf bestand, dass eine
       namibische Kuratorin in einer Ausstellung ihre Meinungen als solche und
       nicht als Stand der Wissenschaft markiert, hat die Kuratorin daraufhin
       abgesagt.
       
       Bei manchen Postkolonial-AktivistInnen kam sie dadurch in Verruf. Andere
       sagten: Gut so. Museen sollen sich den Fakten widmen und die Meinungen
       davon streng trennen. Ackermann ist also skandaltrainiert: Der spektakuläre
       Diebstahl aus dem Grünen Gewölbe, der teure, gescheiterte Versuch des
       Rückkaufs der Juwelen von einem Betrüger, die Debatten um die Reform der
       inneren Strukturen der Staatlichen Kunstsammlungen – all das hat sie
       geprägt.
       
       Vor allem Geld muss her 
       
       Auch der Schock des neuerlichen Überfalls Russlands auf die Ukraine 2022:
       Genau wie die Museen in Berlin, München, Weimar oder Hamburg haben auch die
       Dresdner seit 2014 weiter auf enge Kontakte zu russischen Institutionen
       gesetzt, egal wie imperialistisch diese agierten, während die Kontakte zur
       Ukraine eingefroren wurden. Der sehr deutsche Selbstbetrug „Reden ist immer
       gut“ hielt auch bei Ackermann bis unmittelbar vor dem Überfall. Ein
       Versäumnis, das die Beziehungen zu ganz Mittelosteuropa belastet.
       
       Die erfahrene Kulturmanagerin steht nun vor einer Riesenaufgabe: Da ist
       allen voran die seit fast drei Jahrzehnten chronische Unterfinanzierung des
       Betriebsetats der Berliner Staatsbibliothek, der Staatlichen Museen, des
       Staatsarchivs, des Ibero-Amerikanischen Instituts und der vielen
       Wissenschaftseinrichtungen.
       
       So gigantisch auch die Bauetats sind – für Ausstellungen, Forschung, gar
       Ankäufe oder wenigstens die notwendigste Bauunterhaltung ist extrem zu
       wenig Geld da. Da ist der hoch idealisierte innere Reformprozess – der aber
       bisher vor allem Kräfte bindet und ebenfalls unterfinanziert ist. Da sind
       die Finanzdesaster [3][Pergamonmuseum,] Museum der Moderne, die Sanierung
       der Neuen Staatsbibliothek am Kulturforum sowie das noch gar nicht
       etatisierte und doch so dringende Projekt Forschungscampus Dahlem.
       
       Wenn die dort liegenden 97 Prozent der ethnologischen Sammlungen weiter nur
       gelagert werden, ist alle Debatte über eine postkoloniale Zukunft der
       Preußen-Stiftung nur Gerede. Was es also braucht, ist Geld. Nicht mal hier
       eine Million oder da eine, sondern Hunderte von Millionen Euro. Ab 1. Juni
       nächsten Jahres muss Ackermann das Geld besorgen.
       
       8 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/kunstmarkt/marion-ackermann-wir-muessen-die-tueren-offen-halten/100013381.html
 (DIR) [2] /Kritik-an-Postkolonialen-Theorien/!6000114
 (DIR) [3] /Besuch-im-Pergamonmuseum/!5931039
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nikolaus Bernau
       
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