# taz.de -- SPD in Bayern: Fraktion sucht neuen Chef
       
       > Die SPD im bayerischen Landtag hat genug von Florian von Brunn. Der ist
       > nun als Fraktionschef zurückgetreten, aber dabei bleibt es vielleicht
       > nicht​.
       
 (IMG) Bild: Pressekonferenz im Bayrischen Landtag: Florian von Brunn gibt den Fraktionsvorsitz auf
       
       MÜNCHEN taz | Und schon? Da sucht also eine Partei in Bayern neues
       Führungspersonal. Eine Randnotiz allenfalls, möchte man meinen. Schließlich
       handelt es sich um die bei weitem kleinste im Landtag vertretene Fraktion;
       mit gerade mal 8,4 Prozent hat sie es [1][im vergangenen Herbst] noch mal
       in den Landtag geschafft, in der öffentlichen Wahrnehmung spielt sie keine
       allzu große Rolle. Und doch: Es ist nicht irgendeine Partei.
       
       Es ist die SPD, die älteste der Parteien, die Partei von Wilhelm Hoegner,
       Hans-Jochen Vogel und Renate Schmidt. Unter letzterer hat sie die CSU in
       den Neunzigern tatsächlich einmal das Fürchten gelehrt, Stimmenanteile von
       über 30 Prozent erreicht. Es ist die Partei, die seit vielen Jahrzehnten,
       von einem kurzen Ausrutscher mal abgesehen, in der Landeshauptstadt den
       Oberbürgermeister stellt, und ja, die Partei, die im Bund [2][noch den
       Kanzler stellt.]
       
       Es mag also doch angemessen zu sein, ein paar Worte darüber zu verlieren,
       dass die Landtagsfraktion eben dieser SPD ihrem Chef Florian von Brunn nun
       das Vertrauen entzogen hat – mit der Folge, dass dieser seinen Rücktritt
       verkündete.
       
       Dass es Spannungen in der Fraktion gab, war nicht neu – und auch nicht
       gänzlich verwunderlich, da von Brunn ein durchaus streitbarer Politiker
       ist, der nicht gerade als harmoniesüchtig gilt. Auch bei seinen Reden und
       Zwischenrufen im Landtag fällt der 55-jährige Münchner gerne mal durch
       seine polternde Art auf.
       
       ## Nachfolger unklar
       
       Von Brunn gehört dem Landtag seit 2013 an, zuvor war der studierte
       Historiker als IT-Berater tätig. Im Parlament machte er sich zunächst vor
       allem als Umwelt- und Verbraucherpolitiker einen Namen. Gemeinsam mit Ronja
       Endres übernahm er im April 2021 nach dem Rücktritt der glücklosen Natascha
       Kohnen den Vorsitz der bayerischen SPD, kurz darauf setzte er sich in einer
       Kampfabstimmung dann auch gegen den amtierenden Fraktionsvorsitzenden Horst
       Arnold durch.
       
       Als angezählt galt Florian von Brunn spätestens seit der Niederlage bei der
       Landtagswahl im Oktober 2023, in die er seine Partei als Spitzenkandidat
       geführt hatte. Mit 8,4 Prozent blieb die SPD sogar noch unter den 9,7
       Prozent der vorigen Wahl und fuhr ihr historisch schlechtestes Ergebnis
       ein. Dennoch wurde der Fraktionschef damals noch einmal knapp im Amt
       bestätigt.
       
       So kam es dann trotz Endzeitstimmung und blank liegender Nerven
       überraschend, dass die Fraktion ihrem Vorsitzenden am Mittwoch in einer
       Kampfabstimmung das Misstrauen aussprach. Für von Brunn sollen hierbei nur
       noch vier Abgeordnete, darunter mutmaßlich er selbst, votiert haben. Elf
       der 17 SPD-Parlamentarier stellten sich übereinstimmenden Medienberichten
       zufolge gegen ihren Chef, zwei enthielten sich.
       
       „Das ist auch für mich ein klares Signal“, sagte von Brunn tags darauf, am
       frühen Donnerstagnachmittag, als er vor die Presse trat und kundtat, was
       allseits erwartet worden war: Er trete vom Fraktionsvorsitz zurück. Zu
       einem ebenfalls erwarteten Rücktritt als Parteichef wollte sich von Brunn
       jedoch nicht äußern. Darüber habe er noch nicht entschieden.
       
       Die Fraktion dürfte am kommenden Dienstag einen Nachfolger wählen. Wen, ist
       unklar. Unter den verbliebenen zehn Frauen und sechs Männern, ist niemand,
       der sich aufdrängt. Im Gespräch ist der Unterfranke Volkmar Halbleib, der
       schon im Herbst erwogen haben soll, gegen von Brunn anzutreten.
       
       Für den Fall, dass von Brunn auch vom Parteivorsitz zurücktritt, ist
       ebenfalls unsicher, ob von Brunns loyale Co-Vorsitzende Endres sich im Amt
       wird halten können. Am Mittwoch wies sie laut Abendzeitung noch Mutmaßungen
       von sich, sie könne hinwerfen.
       
       Wenn der Ausgang auch offen ist, so ist zumindest kaum zu erwarten, dass
       das sozialdemokratische Gemetzel am Abgrund geräuschlos über die Bühne
       geht: Einer der ureigensten Charakterzüge der bayerischen SPD war von jeher
       ihr Hang zur Selbstzerfleischung.
       
       11 Jul 2024
       
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