# taz.de -- Nachverdichtung in Hamburg: Der Traum von grünen Magistralen
       
       > Hamburg will seine Hauptverkehrsachsen lebendiger und grüner gestalten.
       > Das wird ohne Verkehrswende nicht klappen, beklagen Nabu und Opposition.
       
 (IMG) Bild: Hier sollen blühende Landschaften entstehen: die Kieler Straße in Hamburg
       
       HAMBURG taz | Dichter bebaut, belebter, aber auch grüner: So sollen die
       zwölf großen [1][Hamburger Ein- und Ausfallsstraßen] werden, wenn es nach
       dem Hamburger Senat geht. Zumindest hat er am Dienstag die
       generationenübergreifende Grundlage für die Entwicklung von Hamburgs
       Hauptverkehrsachsen mit dem „Masterplan Magistralen 2040+“ beschlossen;
       Bausenatorin Karen Pein (SPD) und Oberbaudirektor Franz-Josef Höing
       stellten diesen im Rathaus vor. Die Kritik an den Plänen ist jedoch schon
       jetzt groß.
       
       Die Stadtplanung habe die Magistralen in den vergangenen Jahrzehnten
       vernachlässigt und nur in Mosaikstücken entlang von ihnen gedacht, sagte
       Baudirektor Höing bei der Vorstellung des Plans. Deshalb gebe es dort
       streckenweise sehr spröde Gebiete ohne erkennbaren Zusammenhang. An diesen
       Stellen soll nun eingegriffen werden: Wo sich heute lose ein Baumarkt,
       Einfamilienhäuser und Brachflächen aneinanderreihen, sollen zukünftig also
       nachverdichtete, begrünte und zusammenhängende Areale entstehen.
       
       Dafür wird in dem Masterplan für jede der zwölf Magistralen eine eigene
       Erzählung entwickelt. Die als M5 deklarierte Magistrale im Norden etwa soll
       so zu „Hamburgs grüner Visitenkarte“ werden, die M2 im Westen dagegen zum
       „Grünen Wissensboulevard – zwischen neuen und gewachsenen Stadtquartieren“.
       
       Laut der Baubehörde lässt sich noch nicht konkret absehen, wie viele neue
       Wohnungen im Rahmen des Masterplans entstehen werden. Der Verband
       Norddeutscher Wohnungsunternehmen scheint allerdings optimistisch: „Entlang
       der Hauptausfallstraßen gibt es noch [2][reichlich Flächen], auf denen
       hochwertige und bezahlbare Wohnungen geschaffen werden können“, erklärte
       Verbandsdirektor Andreas Breitner.
       
       ## Verkehrsfluss gewährleisten
       
       Die größte Schwierigkeit des Plans dürfte darin liegen, seine Ziele mit der
       Natur seines Gegenstands zusammenzubringen: Die Magistralen zählen zu
       Hamburgs am meisten befahrenen Straßen. Das enorme Verkehrsniveau steht dem
       Ziel von lebenswerten Wohnquartieren und mehr Grün auf den ersten Blick
       entgegen.
       
       „Man muss nicht erst mal verkehrsberuhigen und dann erst anfangen,
       Stadtentwicklung zu betreiben“, sagte dazu Oberbaudirektor Höing.
       Bausenatorin Pein ging noch weiter und sagte auf Nachfrage der taz: „Es ist
       nicht beabsichtigt, jetzt im großen Stil den Verkehr zu beruhigen.“ Das sei
       im Moment gar nicht möglich. Auch enthalte der Plan keine klare Setzung,
       Fahrspuren zukünftig zu reduzieren, denn der Verkehrsfluss müsse
       gewährleistet bleiben.
       
       Dieser Aspekt wird vom Hamburger Naturschutzbund hart kritisiert: „Es macht
       den Anschein, als würde der Hamburger Senat sich blind stellen für einen
       dringend notwendigen Wandel in der Stadtentwicklung“, erklärte er in Bezug
       auf die offene Verkehrsfrage in den Plänen des Senats. „Wie groß mag die
       Wohnqualität sein, wenn die Luft mit Abgasen belastet, die Umgebung durch
       massive Versiegelung hitzebelastet und es dazu laut ist? Da kann doch
       irgendwann niemand mehr wohnen. Stattdessen müssen die Magistralen mit
       Blick auf die Zukunft klimaangepasst gestaltet werden. Konkrete Ziele hat
       sich der Senat dafür aber nicht gesetzt.“
       
       Auch die Opposition blickt weniger euphorisch als der Senat auf den
       Masterplan. „Die jetzt vorgestellten Pläne enthalten – außer
       fantasiereichen Bezeichnungen für die Magistralen – wenig Neues“, erklärte
       die Hamburger CDU-Fraktion. Nach Jahren der Planung sei kein einziger
       rechtskräftiger Bebauungsplan entstanden.
       
       ## Wohnen in Lärm
       
       Die Linkenabgeordnete Heike Sudmann kritisiert, dass der Plan auf keine
       schnellen Verbesserungen für die vielen Hamburger*innen hoffen lasse,
       die bereits jetzt unter dem vielen Autoverkehr und Lärm an den Magistralen
       leiden würden.
       
       Diesbezüglich sieht Sudmann auch die Entwicklung von Wohnraum an den
       Magistralen kritisch und benennt eine „erkennbare Tendenz, den geförderten
       Wohnungsbau vor allem als [3][Lärmriegel] an den Straßen zu nutzen“ – soll
       heißen: Menschen mit wenig Geld leben in geförderten Wohnungen direkt an
       der Straße, während die ruhigere Lage in den hinteren Reihen denen
       vorbehalten bleibt, die es sich leisten können.
       
       Auch die Stadtgesellschaft soll sich in die Gestaltung des Masterplans
       einbringen können. Dafür soll im November eine Planwerkstatt stattfinden.
       
       16 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Marta Ahmedov
       
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