# taz.de -- Entwicklungspolitik in der Sahel-Region: Mit Bildung gegen Terror
       
       > Die Geberkonferenz der Sahel-Allianz beschließt Finanzhilfen für
       > Westafrika. Auch in Putsch-Staaten will die Vorsitzende Svenja Schulze
       > viel erreichen.
       
 (IMG) Bild: Entwicklungsministerin Svenja Schulze will auch die Nachbarstaaten der Sahel-Zone stabilisieren: im Gespräch mit Frauen in Benin
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung will sich weiter in der Sahelzone in
       Westafrika engagieren. Im Vordergrund steht die Zusammenarbeit mit lokalen
       Behörden und der Zivilgesellschaft und langfristige Investitionen in
       Bildung, Arbeit und soziale Sicherung, um den terroristischen Gruppen den
       Nährboden zu entziehen – so die Bilanz der Geberkonferenz der
       Sahel-Allianz, die am Dienstag in Berlin endete.
       
       Seit Jahren machen terroristische Milizen die Sahel-Staaten unsicher. In
       Mali, Burkina Faso und Niger [1][haben Putschisten die Macht übernommen]
       und sich vom Westen abgewandt. Russland schickt hingegen militärische
       Unterstützung. Das Bündnis der Sahel-Allianz dient als Forum zur
       Koordination der internationalen Entwicklungszusammenarbeit der größten
       westlichen Unterstützer der krisengebeutelten Region.
       
       „Die Sahelzone hat sich zu einem Epizentrum des Terrorismus entwickelt“,
       sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), die den Vorsitz
       der Sahel-Allianz hat. Aber junge Menschen schließen sich den Terrorgruppen
       nicht aus Überzeugung an, sondern weil sie keine anderen Perspektiven
       haben, erklärte sie. [2][Diese Perspektiven wolle das Bündnis schaffen].
       
       Der mauretanische Wirtschaftsminister Abdessalam Saleh begrüßte das
       Engagement der Bundesministerin in einer Zeit, in der die Welt zahlreiche
       Krisen durchlaufe und das Risiko bestehe, dass die Sahel-Zone an den Rand
       gedrängt werde. „Wir beobachten einen Rückgang der multilateralen
       Kooperation und auch der Entwicklungszusammenarbeit auf internationaler
       Ebene“, sagte Saleh.
       
       Gleichzeitig hatte die Sahel-Region noch nie einen so starken Bedarf an
       internationaler Hilfe wie jetzt: „Die Ernährungssicherheit ist
       zurückgegangen, die Sicherheitssituation ist fragil, der demografische
       Druck gehört zu den stärksten weltweit und es gibt wenig Wertschöpfung.“
       
       ## Bildung als Schlüsselfaktor
       
       Die Weltbank stellte auf der Konferenz ein umfangreiches Bildungsprogramm
       vor, das in den nächsten sieben Jahren über zwei Millionen Kinder in
       Burkina Faso, Mauretanien, Niger und Tschad erreichen soll, die aktuell
       keinen Zugang zu Bildung haben. Deutschland unterstützt die Initiative mit
       60 Millionen Euro. In der Vergangenheit wurden Schulen vermehrt Ziel von
       Angriffen terroristischer Gruppen, die in der Region um Einfluss buhlen.
       
       Mehr als 11.000 Schulen sind aktuell geschlossen, weil sie in den
       Terroreinflussgebieten liegen. So bleibe der Schulbesuch rund 40 Prozent
       aller Kinder der Sahel-Region verwehrt, teils müssten die Familien der
       Kinder die Region wegen der anhaltenden Terrorgefahr sogar ganz verlassen.
       
       ## Fokus auf lokale Zusammenarbeit
       
       Die Organisation der Entwicklungszusammenarbeit gestalte sich angesichts
       der Militärjunten und Terrorgruppen in den Putsch-Staaten als schwierig,
       gab Schulze zu. Um sicherzustellen, dass der Geldfluss am Ende dennoch die
       Richtigen erreiche, greife man auf langjährige Erfahrung vor Ort zurück: In
       Mali, Burkina Faso und Niger liege der Fokus auf der lokalen Ebene und in
       der Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort wie dem Kinderhilfswerk der
       Vereinten Nationen (Unicef) oder dem World Food Program (WFP). Trotzdem
       wolle das Entwicklungsministerium „mit den Putsch-Staaten im Gespräch
       bleiben“, so Schulze. Klar ist: Das Problem Terror will man inzwischen
       entwicklungspolitisch lösen, „nicht militärisch“.
       
       130 Millionen Euro stellte das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) in einem
       ersten Schritt für das gemeinsame Projekt Sahel Resilience Partnership von
       Unicef und WFP und der Deutschen Gesellschaft für Internationale
       Zusammenarbeit (GIZ) in Aussicht. Gemeinsam mit Dorfgemeinschaften in
       Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger wurden bereits 300.000
       Hektar vertrocknetes Ödland wieder begrünt, sagte Martin Frick, Direktor
       des WFP-Büros in Berlin der taz. Bis 2027 sollen 150.000 Hektar hinzukommen
       und acht Millionen Menschen in 6.000 Dorfgemeinschaften erreicht werden.
       
       Für die Begrünung werden alte Techniken angewendet erklärt Frick. „Die
       Frauen graben in dem sehr harten Boden einen Halbkreis, in dem sich Wasser
       sammelt. Darin wird ein Baum gesetzt. Ist der erst mal angewachsen, spendet
       er Schatten und hält die Feuchtigkeit im Boden“. So wird nach und nach aus
       der Wüste ein Wald und landwirtschaftliche Flächen, die der
       Ernährungsversorgung dienen. „Die Bäuerinnen sind in der Lage sich selbst
       zu versorgen“, berichtet Frick.
       
       Das Projekt ist ein Beispiel für die Verzahnung von Sicherheitsinteressen,
       Ernährungssicherheit und Klimaschutz. Dass das Projekt weiter finanziert
       wird, begrüßt Frick. Gleichzeitig stünden aber grundsätzlich viele andere
       wichtige Projekte auf die Kippe, die wie dieses aus der sogenannten
       „Übergangshilfe“ aus dem BMZ finanziert werden. Denn diese ist als
       kurzfristiges Krisenmittel von den Haushaltskürzungen besonders betroffen.
       Gegen die geplanten Kürzungen in der humanitären Hilfe und im
       Entwicklungsetat wendet sich ein breites Bündnis der deutschen
       Zivilgesellschaft.
       
       Am Mittwoch soll das Kabinett den Haushaltsetat für 2025 beschließen. Der
       sieht vor, [3][dass beim BMZ rund eine Milliarde gegenüber dem diesjährigen
       Etat gekürzt wird]. Im Auswärtigen Amt (AA) sollen es laut Medienberichten
       836 Millionen sein. Damit würde das Budget für Humanitäres innerhalb dieser
       Legislaturperiode um ein Viertel gekürzt.
       
       16 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Nass
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