# taz.de -- Schutz für türkische Klimajournalistin: Nimm das, Erdoğan
       
       > Die Journalistin Hazal Ocak ist Gast der Hamburger Stiftung für politisch
       > Verfolgte. Nun beschreibt sie die Prozesse, die sie mundtot machen
       > sollen.
       
 (IMG) Bild: Möchte sich in Hamburg von den politischen Einschüchterungsversuchen erholen: die Journalistin Hazal Ocak
       
       HAMBURG taz | Hazal Ocak wünsche sich eine Auszeit von der „andauernden
       Einschüchterung“, schreibt die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte
       in der Mitteilung, mit der sie ihren neuen Gast vorstellt. Die
       Einschüchterung, das ist eine Welle von Klagen, mit der die türkische
       Regierung die 33-jährige Klimajournalistin überzieht. „Slapp-Trials“ nennt
       Ocak sie in ihrer E-Mail an die taz. Das ist der Begriff für
       Gerichtsverfahren, die einzig dazu dienen, öffentlich vorgebrachte Kritik
       zu unterbinden. Wäre es nicht so bedrückend, könnte die Journalistin den
       Nachdruck, mit dem man sie verfolgt, als Auszeichnung ihrer Arbeit nehmen
       und als Zeichen dafür, dass sie das [1][Erdoğan-Regime an einer Stelle
       trifft, wo es weh tut: bei der Korruption].
       
       Journalistin zu sein, das schreibt Ocak an die taz, war ihr
       „Kindheitstraum“ – und sie hat ihn zielstrebig verfolgt. Bereits als
       Journalismusstudentin an der Istanbuler Universität schrieb sie für
       türkische Medien. Kurz danach begannen die Demonstrationen rund um den Gezi
       Park, der teils einem Bauprojekt weichen sollte. Die Proteste weiteten sich
       zu einer grundsätzlichen Kritik an der Erdoğğan-Regierung aus – und es
       klingt so, als hätte diese Erfahrung mit dafür gesorgt, dass sich Hazal
       Ocak auf die Themen Umwelt, Stadtentwicklung und Klima spezialisiert hat.
       
       Für ihre Recherchen, [2][die unter anderem auch in der taz erschienen],
       wurde sie als beste Nachwuchsjournalistin und mit dem hoch angesehenen
       Sedat-Simavi-Preis des türkischen Journalistenverbandes ausgezeichnet. Doch
       [3][ihre Arbeit und die ihrer Kolleg:innen sei „zunehmend schwierig“],
       schreibt Ocak. In einem Text schrieb sie darüber, dass Fahrettin Altun, der
       Kommunikationschef des Präsidenten, in einem geschützten Gebiet des
       Bosporus illegal einen Pavillon errichtet hat; das Gelände wiederum
       pachtete er günstig von der Direktion, die das Gebiet verwaltet. Nach
       Erscheinen des Textes reichte Altun Klage gegen Ocak und weitere Mitglieder
       der Redaktion ein mit der Begründung, seine Adresse werde im Text genannt
       und er somit potenziell Ziel eines Terroranschlags.
       
       Tatsächlich, so schreibt Ocak, werde Altuns Adresse in dem Text nicht
       genannt, zudem gehöre er als Pressechef nicht zu dem Personenkreis, der mit
       Terrorabwehr beschäftigt sei. Das Gericht sprach sie frei – doch Altun
       legte Berufung dagegen ein. Nun drohen Ocak erneut bis zu 14 Jahre Haft,
       sollte sie verurteilt werden.
       
       ## Kritischer Blick auf Erdoğans Familie
       
       Ocak schreckt nicht davor zurück, auch das familiäre Umfeld von Präsident
       Erdoğan anzugehen: So schrieb sie über dessen Schwiegersohn und früheren
       Minister, Berat Albayrak, der sich mit Land auf der Route des von
       Umweltschützer:innen kritisierten Istanbul-Kanals bereicherte. Auch
       Albayrak ist nach einem Freispruch für Ocak in Berufung gegangen.
       
       In Hamburg will sie ein Buch darüber schreiben, wie sie die Prozesse
       erlebt hat – eines in Alltagssprache. „Ich weiß nicht, welchen Druck ich
       erleben werde, wenn es veröffentlicht ist“, schreibt sie dazu. Es nicht zu
       veröffentlichen, davon ist nicht die Rede. Und weil Hazal Ocak ein Mensch
       mit viel Energie ist, hat sie noch ein Ziel für die Zeit in Hamburg:
       Deutsch lernen und zwar richtig gut. Unterricht hatte sie schon in der
       Türkei und den will sie nun fortsetzen.
       
       20 Jul 2024
       
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