# taz.de -- Verurteilung von Evan Gershkovich: Ein Mensch, keine Tauschware
       
       > Nach der Verurteilung von Evan Gershkovich ist viel vom
       > Gefangenenaustausch die Rede. Das normalisiert die Verbrechen des
       > russischen Staates.
       
 (IMG) Bild: Evan Geshkovich ist Spielball von Russlands Staatsterror
       
       Ein kurzes Lächeln huscht Evan Gershkovich übers Gesicht, als er im
       Glaskäfig im Gericht von Jekaterinburg steht. In diesen Minuten hört er
       sein Urteil: [1][16 Jahre strenge Lagerhaft]. 16 Lebensjahre, weil er
       seiner Arbeit als Auslandskorrespondent nachging, weil er mit Menschen
       sprach, Material sammelte, recherchierte, wie alle Journalist*innen
       recherchieren, um zu zeigen, was in einem Land passiert. Evan Gershkovich,
       der Erfahrene, Joviale, stets Neugierige auf Russland, wollte zeigen, was
       in einem Kriegsland geschieht, das den Krieg negiert und doch täglich seine
       Söhne zu Grabe trägt.
       
       Für den russischen Staat ist der 32-Jährige ein Spion. Ein Amerikaner, der
       sich offenbar bestens eignet, um aus westlichen Ländern russische
       Verbrecher freizupressen. [2][Das ist der heutige Staatszynismus
       Russlands]. Menschen sind lediglich Material, um gewisse Ziele zu
       erreichen. Das gilt letztlich für alle, die in Russland leben, seien sie
       Inländer*innen oder Ausländer*innen. In Putins Regime ist niemand
       sicher, den meisten ist das bewusst.
       
       ## Kriegskritische Gedichte als Terrorismus
       
       Selbst Gershkovichs Freunde atmeten nach dem Urteil ein wenig auf.
       Verständlich. Endlich bewegt sich etwas in der Sache, vielleicht komme er
       bald frei, so ihre Hoffnung. Das Betonen eines möglichen baldigen
       Gefangenenaustauschs aber normalisiert das Verbrechen, [3][das der
       russische Staat an Evan Gershkovich] – und nicht nur an ihm – begeht. Es
       ist nicht normal, dass einer, der gewissenhaft seiner Arbeit nachgeht, aus
       einem Restaurant gezerrt wird und für mehrere Jahre in einer Strafkolonie
       verschwinden soll.
       
       Selbst wenn er eine vage Chance auf Freiheit hat. Es ist nicht normal, wenn
       Theaterregisseurinnen, weil sie kriegskritische Gedichte verfassen, für
       Jahre ins Gefängnis gesperrt werden. Wegen Terrorismus. Genauso nicht
       normal ist es, wenn schwerkranke Politiker oder über 70-jährige
       Menschenrechtler, weil sie Krieg als das bezeichnen, was er ist, zu
       Staatsverrätern erklärt und hinter Gittern ihrem Schicksal überlassen
       werden. Es vergeht keine Woche, in der nicht ein russischer Bürger oder
       eine russische Bürgerin vor russischen Gerichten landen, weil sie ihre
       Bürgerrechte wahrnehmen und nicht schweigen. Aber auch Ausländer*innen
       sind nicht davor gefeit.
       
       Evan Gershkovich und all die russischen wie ausländischen politischen
       Gefangenen sind Menschen, sie sind keine Tauschware, dessen sich ein
       Präsident nach Gutdünken bedienen kann. Doch er spielt seine
       menschenverachtenden Spiele und lässt die Welt hilflos daneben stehen.
       
       21 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Urteil-in-Russland/!6022300
 (DIR) [2] /US-Journalist-vor-Gericht-in-Moskau/!6016446
 (DIR) [3] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!6019912
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inna Hartwich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Terror
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) GNS
 (DIR) Russland
 (DIR) Russland
 (DIR) Straflager
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gefangenenaustausch mit Russland: Freigelassene im Westen begrüßt
       
       Die am Donnerstag ausgetauschten Gefangenen sind in Deutschland und den USA
       gelandet. Politiker sprechen von einer schwierigen Entscheidung.
       
 (DIR) Gefangenenaustausch mit Russland: Menschenhandel nach Kreml-Art
       
       Zwischen Russland, den USA und anderen Ländern hat der größte
       Gefangenenaustausch seit Sowjetzeiten stattgefunden. Dabei: Evan
       Gershkovich.
       
 (DIR) Urteil in Russland: 16 Jahre Haft für US-Journalisten
       
       Ein Gericht im russischen Jekaterinburg verurteilt den US-Journalisten
       Gershkovich wegen Spionage. Wird er jetzt ausgetauscht?
       
 (DIR) US-Journalist vor Gericht in Moskau: Faustpfand für Putin
       
       Evan Gershkovich steht in Jekaterinburg wegen angeblicher Spionage vor
       Gericht. Putin möchte mit dem Prozess einen Gefangenenaustausch erzwingen.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Prozess gegen Gershkovich beginnt
       
       Der „Wall Street Journal“-Journalist Gershkovich steht wegen
       Spionagevorwürfen in Russland vor Gericht. Washington und Moskau
       telefonieren wieder.