# taz.de -- Lesbischer Dyke* March in Berlin: Aufruf zur Einigkeit
       
       > Der Nahost-Konflikt schwebte über dem diesjährigen Dyke* March am
       > Vorabend des CSD. Doch die Organisator*innen wollten
       > Spaltungsversuche nicht hinnehmen.
       
 (IMG) Bild: Kompromisslos lesbisch, aber beim Nahost-Konflikt muss ein Kompromiss her in der Queer Community
       
       BERLIN taz | In schwarzen Lederhosen und schweren Stiefeln saßen die „Dykes
       on Bykes“ kurz vor Beginn der Demonstration abfahrbereit auf ihren
       Motorrädern. An den Lenkrädern wehten Regenbogenfahnen. Traditionell
       führten sie den Dyke* March, eine Demonstration für lesbische Sichtbarkeit
       am Vorabend des Christopher Street Day (CSD), an. Bereits zum 11. Mal zogen
       am Freitagabend rund 10.000 Lesben und Unterstützer*innen durch
       Neukölln und Kreuzberg. Organisiert wurde der Dyke* March von sechs
       Ehrenamtlichen. Manuela Kay, Mitorganisatorin der Demonstration, betonte
       die Wichtigkeit des Dyke* March als Ergänzung zum CSD und als
       „Ausrufezeichen für lesbische Sichtbarkeit“. „Die kommt bei den großen CSDs
       oft zu kurz“, so Kay.
       
       Doch das eigentliche Ziel der Demonstration wurde dieses Jahr von
       Konflikten innerhalb der queeren Community und Festnahmen überschattet.
       Denn ohne Zwischenfälle verlief der diesjährige Dyke* March nicht. Laut
       Pressestelle der Polizei wurden insgesamt 28 Personen festgenommen, gegen
       die unter anderem wegen Beleidigung Anzeige erstattet wurde.
       
       Ungefähr auf der Hälfte der Route, an der Kreuzung der Donaustraße zur
       Fuldastraße im Berliner Bezirk Neukölln kam die Demo zum Stoppen.
       Propalästinensiche Demonstrierende stimmten Sprechchöre wie zum Beispiel
       „Stop the genocide“ an. Polizist*innen drangen in die Demo ein und
       nahmen wiederholt Menschen fest.
       
       Auch im weiteren Verlauf der Demo wurden immer wieder Menschen in Gewahrsam
       genommen. Schlagstöcke oder Pfefferspray setzte die Polizei laut
       Augenzeug*innenberichten nicht ein. Immer wieder werden
       Demonstrierende während den Festnahmen von der Polizei auf den Boden oder
       gegen Wände gedrückt. Eine Demonstrantin, die anonym bleiben möchte, sagt:
       „Ich bin schockiert von der Gewalt der Polizei.“ Die
       Organisator*innen konnten vorerst nicht sagen, ob Demonstrierende
       verletzt wurden. Laut Angaben der Polizei waren ungefähr 300
       Polizist*innen im Einsatz, von denen vier verletzt wurden.
       
       Zu Beginn der Demo war von den späteren Auseinandersetzungen noch wenig zu
       spüren. „Ich war letztes Jahr schon dabei und habe die Community sehr
       genossen“ sagte Monty, eine Demonstrationsteilnehmerin. „Der Dyke March ist
       nicht so kommerziell wie der CSD. Das ist mir wichtig“ fügte sie hinzu.
       
       Später reihte sich im hinteren Teil des Demozugs eine Gruppe
       transfeindlicher Personen ein. Die ungefähr 15 Menschen mit
       transfeindlichen Schildern versuchten zeitweise den hinteren Teil der Demo
       zu blockieren. Ordner*innen lotsten Menschen um die Gruppe herum und
       schnell bildete sich eine Gegenreaktion der Demo. „TERFs raus“ riefen sie.
       Die Abkürzung TERF steht für trans-ausschließende radikale Feministinnen.
       
       Andere Demonstrierende bildeten mit großen trans* Flaggen einen Kreis um
       die Gruppe, die schließlich von der Demo ausgeschlossen wurde. Atti
       Thießen, ein*e Demoteilnehmer*in, der*die keine Pronomen verwendet,
       erklärte: „Für mich ist der Dyke* March ein explizit transfreundlicher
       Raum. Die Solidarität der anderen Menschen hier ist schön zu sehen, aber
       trotzdem hat mich die Situation komplett überwältigt.“
       
       Auch zwischen proisraelischen und propalästinensischen Teilnehmer*innen
       der Demo kam es zu verbalen Auseinandersetzungen. Bereits im Vorfeld hatte
       es Antisemitismusvorwürfe gegenüber den Organisator*innen des Dyke*
       Marches gegeben. Grund dafür ist ein Soli-Abend in der Bar Möbel Olfe am
       7.Juli, bei dem eine Regenbogenflagge mit Davidstern für
       [1][Auseinandersetzungen zwischen Gästen gesorgt] hatte. Als Reaktion rief
       die East Pride, eine proisraelische queere Gruppe dazu auf, sich am Abend
       des Dyke* Marches am Startpunkt der Demo unter einer Regenbogenflagge mit
       Davidstern zu treffen. Annette Detering, Initiatorin der East Pride,
       schloss sich den Antisemitismusvorwürfen an: „Mein Gedanke war, dass man
       diese Kritik, auch auf dem Dyke* March selber ausdrücken sollte.“
       
       Am Oranienplatz, dem Zielpunkt der Demo, standen sich proisraelische und
       propalästinensische Gruppen gegenüber. Gegenseitig versuchten sie sich mit
       Sprechchören zu übertönen. Zwischen ihnen stand die Polizei. Über das
       Mikrofon war die Stimme von Manuela Kay zu hören: „Wir lassen uns nicht
       spalten“ rief sie. Der taz gegenüber sagte sie im Vorfeld des Dyke* March:
       „Wir müssen Einigkeit und Stärke nach Außen zeigen. Je mehr wir uns
       spalten, desto mehr spielen wir den Rechten in die Hände. Wir müssen
       dagegenhalten.“
       
       27 Jul 2024
       
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