# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Habeck ruft zweite Krisenstufe aus
       
       > Die Bundesregierung ruft die Gas-Alarmstufe aus. „Die Lage ist ernst“,
       > sagte Robert Habeck. Russische Truppen rücken näher zur Stadt
       > Lyssytschansk vor.
       
 (IMG) Bild: Die Ausrufung hängt mit der Drosselung der russischen Gaslieferungen seit vergangener Woche zusammen
       
       ## Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen
       
       Die Bundesregierung ruft die Gas-Alarmstufe aus. Das bestätigte das
       Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag. Grund seien die reduzierten
       Gaslieferungen aus Russland und die anhaltend hohen Preise. Aktuell sei die
       Versorgungssicherheit aber noch gewährleistet.
       
       „Die Lage ist ernst“, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in
       Berlin. „Die Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff auf
       uns.“ Die Strategie von Russlands Präsident Wladimir Putin sei es,
       Unsicherheit zu schüren, die Preise hochzutreiben und zu spalten. „Wir sind
       in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind
       jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen.“
       Oberste Priorität sei es nun, die Gasspeicher zu füllen. Alternative
       Anbieter würden gesucht und erneuerbare Energien ausgebaut. Außerdem müsse
       mehr Gas eingespart werden.
       
       Die Alarmstufe ist die zweite von drei Stufen des Notfallplans Gas. Bisher
       galt die Frühwarnstufe. Die höchste wäre die Notfallstufe.
       
       Laut dem Plan liegt bei der Alarmstufe eine Störung der Gasversorgung oder
       eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen
       Verschlechterung der Gasversorgungslage führt. Die Ausrufung steht im
       Zusammenhang mit der starken Drosselung der russischen Gaslieferungen seit
       vergangener Woche. Die Frühwarnstufe als erste Stufe des Plans hatte Habeck
       Ende März ausgerufen.
       
       Versorgungsunternehmen sollen nach dpa-Informationen am Donnerstag aber
       noch keine Möglichkeit erhalten, ihre Gaspreise nach dem
       Energiesicherungsgesetz zu erhöhen. Dies ist gesetzlich seit dem 21. Mai
       möglich.
       
       Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein: Zum einen müssen Alarmstufe
       oder Notfallstufe im Notfallplan Gas ausgerufen worden sein. Zum anderen
       muss die Bundesnetzagentur auf dieser Grundlage eine „erhebliche
       Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland“ festgestellt haben.
       Diese Feststellung muss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Erst dann
       dürfen die Unternehmen die Preise auf ein „angemesses Niveau“ erhöhen.
       (rtr/dpa)
       
       ## Russische Angriffe im Osten
       
       Die Positionen der ukrainischen Armee im östlichen Industriegebiet Donbass
       seien vom russischen Militär mit Flugzeugen bombardiert und mit Raketen und
       Artillerie beschossen worden, teilte der Generalstab der Ukraine mit. In
       dem abendlichen Lagebericht wurden mehr als vier Dutzend Städte und
       Ortschaften aufgezählt, die beschossen worden seien. Russland setzt stark
       auf Artillerie, um nach massivem Beschuss von Ort zu Ort vorzurücken.
       
       Das russische Militär rückt dabei aus mehreren Richtungen näher zur Stadt
       Lyssytschansk vor. Sie wird vom benachbarten [1][Sjewjerodonezk] von einem
       Fluss getrennt. Sjewjerodonezk ist inzwischen zu großen Teilen unter
       Kontrolle der russischen Truppen, auch wenn sie immer noch auf Widerstand
       treffen. Die russische Führung um Präsident Wladimir Putin nennt als ein
       Ziel des Angriffskrieges, die Kontrolle über die östlichen Gebiete Donezk
       und Luhansk zu gewinnen. (dpa)
       
       ## Selenski will Tribunal zu Kriegsverbrechen wie einst in Nürnberg
       
       Selenski plädierte in seiner täglichen TV-Ansprache dafür, russische
       Kriegsverbrechen von einem Sondergericht untersuchen zu lassen. „Russland
       muss für all das Böse Verantwortung übernehmen, das es der Ukraine gebracht
       hat“, sagte er. Am Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die
       Sowjetunion 1941 verwies er auf die Nürnberger Prozesse nach dem Zweiten
       Weltkrieg. (dpa)
       
       ## Ukrainische Datenbank für im Krieg zerstörtes Vermögen kommt im Juli
       
       Die ukrainische Regierung will Mitte Juli eine Datenbank für von russischen
       Truppen vernichtetes Vermögen starten. Dabei sollen zum Beispiel im Krieg
       zerstörte Wohnhäuser aufgelistet werden, wie Vize-Digitalminister Anatolij
       Komirnij sagte. Ziel sei eine Datensammlung, mit der alle Ukrainer unter
       anderem in internationalen Gerichtsinstanzen Anspruch auf Wiedergutmachung
       erheben könnten. (dpa)
       
       ## Bewegung bei Verhandlungen zu russischer Getreideblockade
       
       Die Verhandlungen zum [2][Durchbrechen der russischen Getreide-Blockade] in
       der Ukraine machen offenbar Fortschritte. UN-Sicherheitsratskreise
       bestätigten der Deutschen Presse-Agentur die Möglichkeit eines Treffens der
       Konfliktparteien zusammen mit UN-Generalsekretär António Guterres in der
       Türkei – womöglich schon in der kommenden Woche.
       
       Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den
       Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Ukraine beklagt, dass
       durch die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiert
       seien. Beide Länder gehören zu den größten Weizenexporteuren und spielen
       eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit in der Welt. Die Vereinten
       Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten.
       (dpa)
       
       ## Microsoft: Verbündete der Ukraine im Visier russischer Hacker
       
       Russische Hacker greifen nach Erkenntnissen von Microsoft in großem Stil
       westliche Verbündete der Ukraine an. Sie nähmen insbesondere
       Regierungscomputer in Nato-Ländern ins Visier, warnte der Software-Konzern
       in der Nacht zum Donnerstag. Ziel Nummer eins seien die USA, aber insgesamt
       hätten Microsofts Experten Attacken russischer Hacker auf 128
       Organisationen in 42 Ländern außerhalb der Ukraine festgestellt.
       
       Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar sei es ihnen
       bei 29 Prozent der Angriffe gelungen, in die angegriffenen Netzwerke
       einzudringen, hieß es weiter. Mindestens bei jeder vierten erfolgreichen
       Attacke seien nachweislich Daten abgeschöpft worden. Zugleich betonte
       Microsoft, dass Russland seit Kriegsbeginn die IT-Infrastruktur der Ukraine
       sowohl mit Cyberattacken als auch mit Raketen angegriffen habe. Die Systeme
       hätten sich jedoch dank Schutzmaßnahmen als weitgehend widerstandsfähig
       erwiesen. (dpa)
       
       ## Moskau wirft USA Blockade von Flug für Diplomaten vor
       
       Russland wirft den USA die Blockade eines Flugs für ausgewiesene russische
       Diplomaten vor. Die russische Maschine habe Diplomaten ausfliegen sollen,
       die von der US-Regierung angewiesen wurden, die Vereinigten Staaten bis
       Ende des Monats zu verlassen, teilte das Außenministerium in Moskau mit.
       Washington habe dies jedoch nicht erlaubt. Ministeriumssprecherin Maria
       Sacharowa drohte deshalb am Mittwoch mit nicht näher bezeichneten
       Gegenmaßnahmen. Das US-Außenministerium äußerte sich nicht im Detail. Es
       beklagte aber, Russland stelle die Sachlage nicht richtig dar. (dpa)
       
       ## Abstimmungen am Donnerstag
       
       Die Europäische Union will bei einem Gipfel in Brüssel entscheiden, [3][ob
       die Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommt]. Vor den
       Beratungen zeichnete sich breite Unterstützung für die entsprechende
       Empfehlung der EU-Kommission ab. Eine Entscheidung muss jedoch einstimmig
       von allen 27 Staaten getroffen werden.
       
       Zugleich gibt es einen Video-Gipfel der sogenannten Brics-Staaten
       (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) mit Teilnahme von
       Kremlchef Putin. Russlands Außenminister Sergej Lawrow ist zudem zu Besuch
       in Teheran. (dpa)
       
       23 Jun 2022
       
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