# taz.de -- Abschneiden von BSW und Linkspartei: Wagenknecht schrumpft Linke
       
       > Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) holt bei der EU-Wahl einen
       > Achtungserfolg. Die Linke erlebt ein Debakel und steht vor schwierigen
       > Landtagswahlen.
       
 (IMG) Bild: Gute Stimmung auf der Wahlparty des Bündnis Sahra Wagenknecht. Bei der Linkspartei gab es hingegen nichts zu lachen
       
       BERLIN taz | Mit der Prognose um 18 Uhr brandet Jubel im ehemaligen
       Filmtheater Kosmos an der Karl-Marx-Allee in Berlin auf. Etwa 6 Prozent
       sind zwar nicht so viel, wie von vielen hier erhofft, aber ab einem
       Ergebnis von 5 Prozent dürfe auf der Wahlparty des Bündnis Sahra
       Wagenknecht (BSW) gefeiert werden, hatte die Namensgeberin der neuen Partei
       vorab als Linie ausgegeben. Dem folgen ihre Anhänger:innen. Wie es sich
       gehört.
       
       Neben dem eigenen Abschneiden sorgen vor allem die großen Verluste für die
       verhassten Grünen für Begeisterung. Mit Genugtuung und Hohn reagieren die
       Versammelten auf das desaströse Ergebnis der Linkspartei, der die große
       Mehrzahl hier bis vor Kurzem noch angehört hatte.
       
       Der Plan [1][Sahra Wagenknechts] und ihrer Getreuen ist aufgegangen. Nach
       einer mehr als einjährigen generalstabsmäßig organisierten
       Vorbereitungsphase hinter den Kulissen, hatten sie sich erst im Oktober
       2023 offiziell von der Linkspartei abgespalten, im Januar folgte die
       Parteigründung. Keine 700 Mitglieder hat das BSW bislang, alle sind
       handverlesen. Gleichwohl ist ihr [2][populistisches Angebot für
       Unzufriedene] jedweder Couleur angenommen worden. „Wir haben
       Parteigeschichte geschrieben“, sagt BSW-Generalsekretär Christian Leye am
       Wahlabend. „Das ist historisch.“
       
       Spannend wird nun sein, ob es dem BSW gelingt eine neue „linkskonservative“
       Fraktion im EU-Parlament zu bilden. Dazu bedarf es mindestens 23
       Mitgliedern aus insgesamt mindestens sieben Mitgliedstaaten. Seit Wochen
       laufen Gespräche dafür hinter verschlossenen Türen. Als mögliche Partner
       gelten die italienische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die beiden ebenfalls
       populistischen slowakischen Regierungsparteien SMER und HLAS sowie mehrere
       kleinere russlandfreundliche Parteien aus Osteuropa. Auch mit der ein oder
       anderen Partei aus der bisherigen Linksfraktion soll das BSW im Gespräch
       sein.
       
       ## Linke Katastrophe
       
       Während beim BSW kräftig gefeiert wird, herrscht drei Kilometer entfernt im
       Karl-Liebknecht-Haus, der Linken-Zentrale, blankes Entsetzen. Gleichauf mit
       der Kleinpartei Volt, schneidet die Linkspartei mit weniger als 3 Prozent
       in den ersten Hochrechnungen noch deutlich schlechter ab, als ohnehin
       bereits erwartet. Damit hat sie sich in der Wähler:innengunst im
       Vergleich zu 2019 etwa halbiert und wird nur noch mit drei Abgeordneten im
       EU-Parlament vertreten sein. „Wir erleben einen schwierigen Abend“, sagt
       der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat Martin Schirdewan sichtlich
       zerknirscht.
       
       Besonders in den ostdeutschen Bundesländern hat die Partei viele Stimmen an
       das BSW verloren – ein böses Omen für die Landtagswahlen im Herbst in
       Sachsen, [3][Thüringen] und Brandenburg. Gleichzeitig ist es ihr nicht wie
       erhofft gelungen, mit der Kandidatur [4][der Parteilosen Carola Rackete]
       bei der westdeutsch geprägten Klima- und Menschenrechtsbewegung zu punkten.
       Offenkundig haben die jahrelangen innerparteilichen Querelen mit dem
       Wagenknecht-Lager einen kaum mehr reparablen Schaden angerichtet.
       
       „Wir werden in eine grundsätzliche Debatte einsteigen“, kündigt Schirdewan
       an. Dass die derzeitige Parteiführung um ihn und seine Co-Vorsitzende
       Janine Wissler den für Oktober angesetzten nächsten Parteitag politisch
       überleben wird, gilt als unwahrscheinlich. Aber was kommt dann?
       Wahrscheinlich ist, dass ein neuer Richtungsstreit in der Linkspartei
       ausbrechen wird. Ob dadurch der weitere Fall in die Bedeutungslosigkeit
       aufzuhalten ist, erscheint allerdings fraglich.
       
       9 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Pascal Beucker
       
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