# taz.de -- Aktionskünstler zum Mauerfall: Wo sind die Mauertoten?
       
       > Pünktlich zum Mauerfall-Jubiläum sind in Berlin weiße Gedenkkreuze
       > verschwunden. Hinter der Aktion steckt das Zentrum für Politische
       > Schönheit.
       
 (IMG) Bild: Gedenkkreuz in einem Auffanglager vor Melilla, an der EU-Außengrenze.
       
       BERLIN taz | Es sind [1][weiße Kreuze], die hier am Zaun im Berliner
       Regierungsviertel an die Mauertoten erinnern. Die Namen von Günter Litfin,
       Udo Düllick oder Hans Räwel stehen darauf. Sie alle kamen bei dem Versuch
       ums Leben, aus der DDR zu fliehen. Und diese weißen Kreuze sollen an sie
       erinnern. Kurz bevor [2][am 9. November mit einem großen Festakt] in Berlin
       der 25. Jahrestag des deutschen Mauerfalls gefeiert wird, sind die weißen
       Gedenkkreuze verschwunden. Aktionskünstler haben sie entwendet. Wo am Fuße
       des Reichstagsgebäudes zuvor die weißen Kreuze hingen, haben sie
       stattdessen ein Schild aufgestellt. Aufschrift: „Hier wird nicht gedacht.“
       
       Hinter der Provokation steht das [3][„Zentrum für politische Schönheit“],
       eine Gruppe von Aktionskünstlern, die zuletzt für Schlagzeilen sorgte, als
       sie mit einer vermeintlichen [4][„Kindertransporthilfe des Bundes“] im
       Namen von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) versprach, 55.000
       syrische Flüchtlinge nach Deutschland zu bringen. Mit der jetzigen Aktion
       will das Zentrum, das sich selbst einen [5][„aggressiven Humanismus“] auf
       die Fahne geschrieben hat, die anstehenden Gedenkzeremonien kritisieren.
       Philipp Ruch vom Zentrum für politische Schönheit sagte der taz: „Die
       Mauertoten sind geflüchtet, sie wollen an jenen Stellen an die deutsche
       Geschichte erinnen, wo sich heute die wahren humanitären Katastrophen
       abspielen: an Europas Außenmauern.“ In einem Kampagnenvideo heißt es mit
       dramatischer Untergrundmusik: "Die Mauertoten sind jetzt in den Armen ihrer
       zukünftigen Schwestern und Brüder, bei Flüchtlingen, die als nächstes an
       den europäischen Außenmauern sterben werden."
       
       Tatsächlich war die Künstlergruppe mit weißen Kreuzen in die sogenannten
       "Auffanglager" etwa nach Melilla gereist, einer spanischen Exklave an der
       nordafrikanischen Küste, wo sich Flüchtlinge sammeln, die dort mir
       gigantischen Grenzvorrichtungen von der Einreise nach Europa abgehalten
       werden sollen. Auf Fotos halten die Flüchtlinge die weißen Kreuze mit den
       Namen der deutschen Mauertoten in ihren Händen. Auf anderen Bildern
       dokumentiert die Gruppe die gigantischen Grenzanlagen, mit denen die EU
       sich etwa an den griechischen und bulgarischen Außengrenzen abschottet
       
       So ist mit dem vermeintlichen Diebstahl der weißen Kreuze in Berlin eine
       neue Kampagne des Zentrums verbunden, mit dem die Aktivisten seit
       Montagmorgen für den [6][„ersten europäischen Mauerfall“] werben. Auf einer
       Kampagnen-Homepage werden Unterstützer aufgefordert, Geld für eine ganz
       besondere Reise zu spenden: Ein Kurztrip zum "Ersten europäischen
       Mauerfall".
       
       Mit den Spendengeldern will die Künstlergruppe Busse finanzieren, die ab
       dem 7. November an die Außengrenzanlagen der EU in Südeuropa fahren sollen.
       Dort sollen pünktlich zum Jahrestag des Mauerfalls dann mit
       Bolzenschneidern Löcher in die massiven Zaunanlagen geschnitten werden –
       ganz nach dem deutschen historischen Vorbild. Eine Bauanleitung, im Stile
       einer IKEA-Anleitung, zur Demontage der EU-Grenzen liefern die Aktivisten
       auf ihrer Homepage gleich mit. Freiwillige, die sich an dieser Aktion
       beteiligen wollen, können sich für einen Platz in der Reisegesellschaft
       bewerben. Allerdings nur, so sagt die Gruppe, wenn sie auch wirklich bereit
       sind, für den nächsten Mauerfall aktiv zu kämpfen - statt nur dem letzten
       zu gedenken.
       
       3 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.ddr-museum.de/de/blog/thema-ddr/der-gedenkort-bdquoweisse-kreuzeldquo-
 (DIR) [2] http://www.berlin.de/mauerfall2014/
 (DIR) [3] http://www.politicalbeauty.de/
 (DIR) [4] /Aktionskuenstler-fordern-Regierung-heraus/!138307/
 (DIR) [5] /Kritik-an-der-Friedensbewegung/!113649/
 (DIR) [6] http://www.indiegogo.com/projects/erster-europaischer-mauerfall
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
 (DIR) Ines Kappert
       
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