# taz.de -- Aktionsplan für sexuelle Vielfalt: Mehr Schutz für queere Menschen
       
       > Die Ampel-Regierung will mit einem Aktionsplan die Rechte von LGBTIQ+
       > stärken. Er sieht auch eine Anpassung im Grundgesetz vor.
       
 (IMG) Bild: „Dieser Tag ist historisch“: Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung am Freitag
       
       taz | BERLIN Am Freitagmittag wurde der Aktionsplan „Queer leben“ für
       Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im Kabinett
       beschlossen. Der bundesweit erste Aktionsplan dieser Art soll
       Queerfeindlichkeit entgegenwirken und die Rechte von LGBTIQ+ stärken.
       
       „Dieser Tag ist historisch“, sagte [1][Sven Lehmann, der Queerbeauftragte
       der Bundesregierung,] der den Aktionsplan mit den einzelnen Ressorts
       abstimmte. Die Demokratie messe sich daran, wie die Gesellschaft mit
       Minderheiten umgehe: „Damit das auch für queere Menschen in der
       Gesellschaft gilt, ist eine aktive Politik notwendig.“ Die Bundesregierung
       sende damit „ein starkes, auch internationales Signal“.
       
       Die Maßnahmen des Aktionsplans gliedern sich in sechs Teilbereiche,
       darunter rechtliche Anerkennung, Sicherheit, Gesundheit und die Stärkung
       von Communitystrukturen.
       
       Konkret soll beispielsweise der Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes
       (Artikel 3 Absatz 3) um ein „explizites Verbot der Diskriminierung wegen
       der sexuellen Identität“ erweitert werden. Dafür wäre allerdings eine
       Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat und im Bundestag notwendig. „Es gibt im
       Bundestag schon eine breite Mehrheit“, sagt der Queerbeauftragte Lehmann am
       Freitagmittag auf einer Pressekonferenz. „Ob es für eine
       Zwei-Drittel-Mehrheit reicht, ist die andere Frage. Gespräche dazu laufen
       gerade noch.“
       
       Im Aktionsplan ist auch eine Reform des Abstammungs- und Familienrechts
       vorgesehen – sodass ein Kind, das in die Ehe zweier Frauen geboren wird,
       automatisch zwei rechtliche Mütter hat und nicht wie [2][bislang adoptiert
       werden muss].
       
       Das teilweise [3][verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG)] soll durch
       das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden, das die Änderungen des
       Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft
       möglich machen soll. Für trans und inter Personen, die in der Vergangenheit
       durch die Gesetzgebung Körperverletzungen durchlebten und Zwangsscheidungen
       vollziehen mussten, wird ein Entschädigungsfonds eingerichtet.
       
       Um die Situation von [4][queeren Verfolgten] zu verbessern, soll in
       Asylverfahren neu bewertet werden, ob bei einer möglichen Rückkehr
       Verfolgung droht. Auch eine Rechtsberatung für queere Geflüchtete soll
       eingeführt werden.
       
       ## Wenig Daten
       
       Generell wird im Aktionsplan die lückenhafte Datenlage zu LGBTIQ+
       bemängelt. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zählen deshalb sieben
       Forschungsprojekte, die darauf abzielen, die Datenerfassung zu
       Lebenssituationen und Gesundheitsversorgung von LGBTIQ+ zu verbessern. Auch
       die Erinnerungskultur soll gestärkt werden, wie die Verfolgung homo- und
       bisexueller Männer und Frauen, insbesondere in der NS-Zeit. Eine Maßnahme
       dafür ist, die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH) durch den Haushalt
       abzusichern.
       
       Verschiedene Maßnahmen zielen zudem auf die Verhinderung von
       queerfeindlicher Gewalt ab: Etwa eine bessere Erfassung von
       queerfeindlichen Übergriffen, die Prüfung eines Gesetzes gegen digitale
       Gewalt oder Fortbildungen für Beteiligte eines Asylverfahrens. Auch die
       Umsetzung des Artikel 16 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die
       Rechte von Menschen mit Behinderungen soll umgesetzt werden, um Gewalt an
       LGBTIQ+ zu verhindern.
       
       Im Bereich Gesundheit sieht der Aktionsplan unter anderem die „Förderung
       von Reproduktionsmedizin bei gleichgeschlechtlichen Paaren“ vor oder die
       [5][Zulassung von queeren Männern sowie trans Personen zur Blutspende],
       „nötigenfalls auch gesetzlich“.
       
       Nach dem Kabinettsbeschluss soll der Aktionsplan „Queer leben“ nun
       priorisiert und umgestaltet werden – der Queerbeauftragte Sven Lehmann
       koordiniert das in Abstimmung mit queeren Verbänden, Ressorts und den
       Bundesländern. Anfang nächsten Jahres soll dieser Prozess starten. „In
       einem Zeitfenster von drei Jahren wollen wir möglichst viel umzusetzen“,
       sagt Lehmann. „Was mir sehr, sehr wichtig ist, ist, dass der ganze Prozess
       verbindlich ist“, so Lehmann. „Ich werde als Queerbeauftragter darauf
       achten, dass Ergebnisse erzielt werden.“
       
       18 Nov 2022
       
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