# taz.de -- Auftakt der Frauen-Bundesliga: Kein Ruck, aber ein Ruckeln
       
       > Auftakt der Fußball-Bundesliga der Frauen: An der Spitze wird es enger
       > und das Drumherum bunter. Bloß die Fankultur bleibt muffig.
       
 (IMG) Bild: Weiter eine Klasse für sich, aber nicht mehr ganz ungestört: die Frauen des FC Bayern
       
       Es ist alles anders zum Auftakt der Bundesliga der Frauen, oder zumindest:
       Es geht mehr ran. Der pinke Pay-TV-Sender der Telekom [1][überträgt jetzt
       alles live], wodurch die Qualität der Spielkommentare so exponentiell
       gewachsen ist wie zuletzt die Ablösen. Plötzlich kommentieren also
       Menschen, die die Namen kennen, und fußballerisch zumindest erkennen
       können, wenn ein Spiel in die Breite gezogen wird; ein professioneller
       Schock in der Welt der hausgemachten Streams mit Standkamera.
       
       Ansonsten ist der Sender bemüht, „die Mädels“ really bodenständig zu
       präsentieren. Im Einspieler vergisst Mandy Islacker, wann nochmal der
       Champions-League-Sieg war, Janina Minge singt gern, aber nicht so gern vor
       der Kamera („Ey nein, auf keinen Fall! Auf keinen Fall!“), keine Scheu aber
       kennt Sarah Zadrazil mit einem beherzten „I Will Follow Him“ aus „Sister
       Act“. Ein Hauch von Bravo Sport.
       
       Dass die Unverbrauchtheit nicht nur gestellt ist, zeigen ungeschulte
       Field-Interviews wie das mit der Freiburger Kapitänin Hasret Kayıkçı, die
       nach der Auftaktniederlage gegen Hoffenheim freimütig erklärt, man sei
       „mega verunsichert“ gewesen. In ihrer Analyse lässt sie sich auch nicht vom
       paternalistischen Reporter stören, der jeder Spielerin nach einer
       Niederlage unangenehm versichert, wie toll sie gespielt habe, als handele
       es sich um D-Jugendliche.
       
       Die Authentizität wird sich freilich mit dem zehnten Interview schnell
       geben. Vieles wächst, und die neoliberale Doktrin ist klar: Alles soll
       wachsen. Tatsächlich bewegt sich da ein Gefüge, auch sportlich. Die
       Wolfsburgerinnen, die – vom personellen Umbruch ungestört – gleich Turbine
       Potsdam mit 3:0 wegbügelten, und die erneut aufgerüsteten Münchnerinnen mit
       Spitzenverpflichtung Saki Kumagai stellen zwar weiter die Ligaspitze, aber
       womöglich dürfte es um sie herum weniger einsam werden.
       
       ## Erstaunliche Entwicklung in Leverkusen
       
       Die TSG Hoffenheim drängt nach oben, die sich in den letzten Jahren
       kontinuierlich die Position der dritten Geige erarbeitet hat und zur
       Entwicklungsstation für Talente wurde. Und nun verständlich nicht stehen
       bleiben will. Die erstaunlichste Entwicklung aber hat Bayer Leverkusen
       durchlaufen: Von der verlässlichen Abstiegskandidatin mauserte sich das
       Team mit sehr ansehnlichem Fußball auf Platz 5 in der vergangenen
       Spielzeit. Auch in Leverkusen ist die Marschrichtung klar – ein Team zu
       formen, „das oben mitspielen kann“.
       
       Mit Wolfsburg, Hoffenheim und Leverkusen stehen jetzt drei Investorenklubs
       unter den möglichen ersten fünf, kein Zufall. Sie sind gut darin,
       Wachstumsbranchen zu erkennen. Sie müssen an ihrem Image strampeln (nicht
       umsonst [2][investieren sie auch gern in einen grünen Anstrich]), und die
       zusätzlichen Ausgaben im Zuschussgeschäft, um nicht zu sagen:
       Verlustgeschäft Bundesliga lassen sich dort leichter verschmerzen als
       anderswo. Es ist aber auch ein Armutszeugnis für die vermeintlich
       demokratischen Klubs wie Dortmund und Schalke, die sich einer
       Frauenabteilung lange verweigerten.
       
       Es ist, wenn kein Ruck, so doch ein Ruckeln entstanden. Der Effzeh, der
       seine Spielerinnen in den Vorjahren immer aufreizend achselzuckend
       absteigen ließ, hat nun ausgerufen, sich langfristig in der Liga zu
       etablieren; und Eintracht Frankfurt könnte die große Wundertüte im oberen
       Drittel werden. Die Liga dieses Jahr wird also tatsächlich, was deutsche
       Ligen gemeinhin nicht so häufig sind: spannend. Ihr Mangel bleibt, dass die
       Presse bloß ihr Wachstum kommentiert, nicht den Sport.
       
       Die Ränge bleiben sehr überschaubar mit älteren Herren und Familien
       gefüllt. Demokratische Fankultur kann man nicht kaufen. Sie muss
       tatsächlich: wachsen. Aktive Fans könnten hier etwas bewegen, könnten
       ernsthaft Einfluss ausüben, könnten den Muff des DFB aufrütteln, deutlich
       leichter als in einer Männer-Bundesliga, die auf ihr Geld nicht angewiesen
       ist. Bloß, sie tun es nicht. Denn auch Fankultur ist halt muffig.
       
       29 Aug 2021
       
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